Mehr Insolvenzen als je zuvor, Handel am stärksten betroffen! Kostenrucksack durch Reformen abbauen, um Standort zu schützen. | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Mehr Insolvenzen als je zuvor, Handel am stärksten betroffen! Kostenrucksack durch Reformen abbauen, um Standort zu schützen.

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Wie die heute veröffentlichte Insolvenzstatistik des AKV zeigt, steuert Österreich auf einen neuen Rekord an Firmeninsolvenzen zu. Die anhaltende Konjunkturflaute führte dazu, dass in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres bereits mehr Insolvenzen eröffnet wurden (3.064) als in den Gesamtjahren 2018 (2.981) und 2019 (3.045). Mit Abstand am meisten Pleiten gab es im Handel: Mit 757 Insolvenzen hatte der Handel pro Werktag 4 Pleiten zu verzeichnen. Die nach Beschäftigten größte Insolvenz des Jahres war bisher jene von Pepco mit 600 betroffenen Arbeitnehmer:innen, bei Depot waren 349 Beschäftigte betroffen.

Sparquote steigt auf 11,4%

Grund für die Misere: Trotz üppiger Lohnabschlüsse in den vergangenen Jahren fließt ein immer geringerer Anteil der Haushaltsausgaben in den Handel. Laut jüngstem WIFO-Bericht aus der Vorwoche ist die Sparquote heuer kräftig von 8,7 % auf 11,4 % gestiegen und soll auch im kommenden Jahr auf ähnlich hohem Niveau bleiben. „Der erhoffte Umsatzschub durch die erheblich gestiegenen Löhne ist leider nicht eingetreten. Stark erhöht haben sich bei uns lediglich die Kosten der Handelsbetriebe. Auf der Umsatzseite steuern wir hingegen auf das dritte Jahr in Folge mit rückläufigen realen Verkaufszahlen zu. Höhere Einkommen werden gespart, nicht im Handel ausgegeben“, bedauert Rainer Will, Geschäftsführer des freien, überparteilichen Handelsverbandes. 

Wertschöpfung im Handel deutlich gesunken

Laut Statistik Austria waren die Umsätze im Handel im ersten Halbjahr 2024 real um 2,4 % rückläufig, im Einzelhandel betrug das Minus 0,8 %. Das folgt auf rückläufige Absatzzahlen in den Jahren 2023 (Handel: -3,6 %; Einzelhandel: -3,5 %) und 2022 (Handel: -1,1 %; Einzelhandel: -0,8 %).

Auch im zweiten Halbjahr ist die Konjunktur im Handel bisher leider nicht angesprungen“, bilanziert Handelssprecher Rainer Will. „Geopolitische Konflikte, Inflation, Klimawandel und das schwache Wirtschaftswachstum drücken weiterhin auf die Stimmung. Obwohl es den Menschen aufgrund der gestiegenen Gehälter der letzten Jahre finanziell wieder besser geht, wird bei den Ausgaben im Handel weiterhin gespart. Laut einer aktuellen GfK-Studie kaufen 72 % der Haushalte lediglich das ein, was wirklich nötig ist und nur noch 28 % das, was ihnen gefällt.“

In der jüngsten Oktober-Prognose geht das WIFO deshalb für das heurige Jahr von einem Rückgang der Bruttowertschöpfung im Handel um -1,7 % aus.

Schon 80 % Kaufkraftabfluss im E-Commerce

Dazu kommt der zunehmende Abfluss von Umsätzen ins Ausland. Laut neuesten Zahlen, die die Österreichische Post in der Vorwoche gemeinsam mit dem Handelsverband präsentiert hat, stammen bereits rund 80 % aller E-Commerce-Pakete aus dem Ausland. „Der österreichische Einzelhandel befindet sich in einem beinharten internationalen Wettbewerb, der von einem eklatanten Vollzugsdefizit zum Nachteil der heimischen Betriebe geprägt ist“, erklärt Will. „Aufgrund der enormen Kostensteigerungen bei Personal, Energie, Mieten und Fremdkapital haben sich die Wettbewerbsbedingungen für die heimischen Händler in den letzten Jahren leider auch deutlich verschlechtert. Den anhaltenden Mangel an regulatorischen Gegenmaßnahmen muss man schon fast als Vorsatz bezeichnen.

Hinzu kommen aktuell große Unsicherheiten, insbesondere was die Entwicklung der Energiepreise und der Lage im Nahen Osten betrifft. 

18 % aller Gemeinden in Österreich ohne Nahversorger

Da die Lohnkosten insbesondere im Vorjahr in wichtigen Nachbarländern nur halb so stark gestiegen sind wie hierzulande, hat sich der Wettbewerbsnachteil für den österreichischen Handel – mit 700.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber des Landes – zuletzt deutlich verschärft. Infolgedessen verlagern internationale Handelskonzerne bereits zunehmend Prozesse abseits des Filialbetriebs ins benachbarte Ausland, insbesondere nach Deutschland.

„Vor allem kleine und mittelständische Händler kommen durch die gestiegene Kostenbelastung massiv unter Druck. Das manifestiert sich mittlerweile auch im gestiegenen Leerstand in den heimischen Einkaufsstraßen. Kleinere Ortskerne werden regelrecht ausgeräumt. Bereits 18 Prozent aller Gemeinden in Österreich stehen ohne Nahversorger da, was sich wiederum negativ auf die Lebensqualität der Menschen auswirkt“, bestätigt Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch.

Positiv: Inflation sinkt

Doch es gibt auch positive Nachrichten: Die Inflation ist im September auf den niedrigsten Stand seit dreieinhalb Jahren gesunken. Mit 1,8 % wurde erstmals wieder das Stabilitätsziel der Europäischen Zentralbank erreicht. Gegenüber dem Vormonat August waren die Preise sogar leicht rückläufig (-0,1 %). 

Damit ist es nun Zeit, die unerfreuliche Lohn-Preis-Spirale der letzten Jahre zu beenden“, folgert Handelssprecher Will. „Österreich muss endlich wieder an internationaler Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, um den Wohlstand halten zu können. Wir brauchen eine wirksame Reformagenda, die wichtige Punkte wie die überfällige Lohnnebenkostensenkung, einen ernstgemeinten und umfassenden Bürokratieabbau und die Herstellung von Fairness im Online-Handel umfasst. Eine Anleitung, wie dies umzusetzen ist, haben 4.500 Händler im Plan H gegeben. Nun ist politische Entschlossenheit gefragt, um die Voraussetzungen für den dringend notwendigen Stimmungswandel durch bessere Strukturfaktoren zu schaffen, damit der Optimismus zurückkehren kann und die Wirtschaft wieder anspringt.

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