Junge Industrie: Neue Studie zeigt Reformoptionen des österreichischen Pensionssystems | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Junge Industrie: Neue Studie zeigt Reformoptionen des österreichischen Pensionssystems

0 71

Angesichts der demografischen Entwicklungen und des zunehmenden fiskalischen Drucks auf das Sozialsystem hat die Junge Industrie eine neue Studie bei EcoAustria mit dem Titel „Reformoptionen im österreichischen Pensionssystem“ in Auftrag gegeben. „Als Vertreterin der jüngeren Generationen mache ich mir Sorgen um die Zukunft. Einerseits fehlt uns Geld, um es in wichtige zukunftsrelevante Themen wie Bildung und Nachhaltigkeit zu investieren, andererseits glauben die jungen Leute nicht mehr daran einmal selbst eine Pension zu bekommen“, begründet Julia Aichhorn, Bundesvorsitzende der Jungen Industrie, die für die umfassende Analyse. „Die Zahlen kennen alle, nichtsdestotrotz wurden die Pensionen letzte Woche wieder um 4,7 Prozent erhöht. Das sind 1,4 Milliarden Mehrkosten für den Steuerzahler, die wir uns nicht leisten können und wollen. Es muss sich etwas am System ändern.“

 

Die Autoren Johannes Berger, Monika Köppl-Turyna und Ludwig Strohner analysieren in der Studie die strukturellen Herausforderungen des österreichischen Pensionssystems und präsentieren eine Vielzahl von Reformvorschlägen, um dessen langfristige Stabilität und Nachhaltigkeit sicherzustellen: Das österreichische Pensionssystem gilt international als eines der leistungsstärksten, ist aber auch eines der teuersten. Es bietet hohe Pensionsleistungen und erlaubt gleichzeitig einen relativ frühen Pensionsantritt. Dies führt dazu, dass Österreich trotz einer im Vergleich zu anderen Ländern noch jungen Bevölkerungsstruktur besonders hohe Pensionsausgaben aufweist. „Unter den OECD-Ländern haben nur Frankreich, Griechenland und Italien eine höhere Pensionsausgabenquote“, heißt es in der Studie. Diese Entwicklung wird durch die demografischen Verschiebungen in den kommenden Jahren noch weiter verschärft.

 

Die Studie unterstreicht, dass die bevorstehenden Herausforderungen nicht zu unterschätzen sind. Der sogenannte Altersabhängigkeitsquotient, also das Verhältnis der älteren Bevölkerung zur erwerbsfähigen Bevölkerung, wird sich bis 2035 auf fast 46 Prozent erhöhen und bis 2060 sogar auf 55 Prozent ansteigen. „Das bedeutet, dass im Jahr 2060 weniger als zwei Erwerbstätige für jede pensionierte Person aufkommen müssen“, erklärt Johannes Berger. Bereits jetzt liegt der Quotient bei 32,3 Prozent und stellt das Pensionssystem vor erhebliche Belastungen.

 

Vor diesem Hintergrund schlägt die Studie eine umfassende Reform des Pensionssystems vor, um dessen langfristige finanzielle Tragfähigkeit zu sichern. Eine zentrale Forderung betrifft das tatsächliche Pensionsantrittsalter. Dieses liegt derzeit nach OECD-Zahlen für Männer bei 61,6 Jahren und für Frauen bei 60,9 Jahren, was deutlich unter dem OECD-Durchschnitt liegt. „Das effektive Pensionsantrittsalter ist ein entscheidender Hebel, um das Pensionssystem zu stabilisieren und den Herausforderungen des demografischen Wandels zu begegnen“, betont Johannes Berger, Leiter des Forschungsbereichs Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung bei EcoAustria. „Eine Anhebung des tatsächlichen Antrittsalters wäre nicht nur eine Maßnahme zur finanziellen Entlastung des Systems, sondern würde auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken.“

 

Die Autoren argumentieren, dass das gesetzliche Antrittsalter in Zukunft flexibler an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden sollte. „Es ist wichtig, das gesetzliche Antrittsalter in Einklang mit der längeren Lebenserwartung zu bringen. Wenn wir länger leben, sollten wir auch länger arbeiten können“, erklärt Julia Aichhorn. In diesem Zusammenhang wird auch eine Reform der verschiedenen vorzeitigen Pensionsmodelle gefordert. Bei den Frühpensionen sieht die Studie Potenzial für Einsparungen. Hier könne durch eine Verschärfung der Zugangsbedingungen ein Beitrag zur Entlastung des Pensionssystems geleistet werden.

 

Finanzielle Herausforderungen und Empfehlungen

Die finanziellen Herausforderungen für das Pensionssystem sind in den kommenden Jahren immens. Laut der Studie werden die Pensionsausgaben mittelfristig erheblich ansteigen. „Bereits bis 2035 erwarten wir einen Anstieg der Pensionsausgaben um 1 bis 1,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, je nach Berechnungsszenario“, erklärt Berger. Diese Entwicklungen seien vor allem durch das Erreichen des Pensionsantrittsalters der Babyboomer-Generation bedingt, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen werden. „Die Babyboomer verlassen den Arbeitsmarkt, und geburtenschwächere Jahrgänge werden sie ersetzen – dies hat enorme Auswirkungen auf die Finanzierung des Pensionssystems“, warnt Aichhorn.

 

Ein weiterer zentraler Aspekt der Studie ist die Rolle der bisherigen Pensionsreformen. Diese hätten zwar dazu beigetragen, die Nachhaltigkeit des Systems zu stärken, dennoch sei der Handlungsbedarf nach wie vor groß. „Wir haben mit den vergangenen Reformen bereits Schritte in die richtige Richtung gemacht, insbesondere durch die Angleichung des Frauenpensionsalters an das der Männer, die Reduzierung der Neuzugänge in vorzeitige Pensionen und leistungsdämpfende Maßnahmen. Doch das allein wird nicht ausreichen“, so Berger. Besonders betont wird in der Studie, dass keine weiteren kostentreibenden Maßnahmen, wie die in der Vergangenheit oftmals durchgeführten gestaffelten Pensionserhöhungen, umgesetzt werden sollten. „Diese sind nicht nur teuer, sondern auch sozial wenig treffsicher und untergraben das Äquivalenzprinzip in der Pensionsversicherung“, heißt es weiter.

 

Stärkung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge

Um die Leistungsfähigkeit des Pensionssystems langfristig zu sichern, empfiehlt die Studie eine stärkere Förderung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Österreich hat im Vergleich zu anderen OECD-Ländern noch Nachholbedarf in diesem Bereich. „Der Ausbau der betrieblichen bzw. privaten Altersvorsorge durch steuerliche Anreize wäre ein wesentlicher Schritt, um die finanzielle Belastung des staatlichen Pensionssystems zu reduzieren“, so Johannes Berger. Gleichzeitig sollten die Rahmenbedingungen für die Mitarbeitervorsorgekassen verbessert werden, um die Erträge der privaten Vorsorge zu stärken.

 

Ein weiteres Thema, das in der Studie behandelt wird, ist die Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer. In Österreich liegt die Erwerbsquote von Personen über 55 Jahren unter dem EU-Durchschnitt. „Die Erwerbsquote älterer Menschen in Österreich ist viel zu niedrig“, so Aichhorn. Die Studie empfiehlt daher eine Reduktion der Abgabenbelastung für ältere Arbeitnehmer sowie steuerliche Erleichterungen für Personen, die gleichzeitig Erwerbseinkommen und Pensionsbezüge erhalten. „Wir müssen also unbedingt Anreize schaffen, damit ältere Menschen länger im Arbeitsmarkt bleiben.“

Zusammenfassend zeigt die Studie, dass ohne tiefgreifende Reformen die Pensionsausgaben weiter stark ansteigen werden. Dies würde nicht nur den finanziellen Spielraum des Staates erheblich einschränken, sondern auch den österreichischen Wirtschaftsstandort schwächen. „Die Finanzierung der Pensionsausgaben wird andere wichtige öffentliche Aufgaben wie Bildung, Klimaschutz und den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft beeinträchtigen, wenn wir jetzt nicht handeln“, mahnt Aichhorn. 

 

 „Wir stehen an einem Scheideweg. Ohne grundlegende Reformen riskieren wir, die finanziellen Belastungen an künftige Generationen weiterzugeben. Es ist daher höchste Zeit, das Pensionssystem nachhaltig zu gestalten“, warnt Aichhorn abschließend. „Das Schulden wir unseren Kindern und Enkelkindern.“

     

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Junge Industrie

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.