Verleihung des Goldenen Verdienstzeichens des Landes Wien an Christian Muthspiel und Marwan Abado
Am gestrigen Montagnachmittag, 16.09., verlieh Veronica Kaup-Hasler, Stadträtin für Kultur und Wissenschaft, im Namen des Bürgermeisters Michael Ludwig das Goldene Verdienstzeichens des Landes Wien an Musiker, Komponist und Poet Marwan Abado sowie an Musiker, Komponist und Maler Christian Muthspiel.
Neben zahlreichen Freund*innen und Familienmitgliedern nahmen auch Nikolaus Kunrath, Landtagsabgeordneter, und Schriftsteller Christoph Ransmayr an der Ehrung in der Volkshalle des Wiener Rathauses teil. Für die musikalische Gestaltung sorgten Nina Feldgrill und Robert Unterköfler, die „Viennese Marketplace“ von Christian Muthspiel und „Hazza“ von Marwan Abado spielten.
Kaup-Hasler: Abado und Muthspiel verbinden Grenzen, Stile und Generationen
In ihrer Rede würdigte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler die beiden geehrten Personen als „Brückenbauer“: Sowohl Abado als auch Muthspiel haben in verschiedensten Konstellationen und Formationen mit ihrem künstlerischen Schaffen „Grenzen überschritten und den Dialog zu unterschiedlichen musikalischen Sphären und Welten quer über unseren Globus gesucht.“ Sie seien Beispiele für die verbindende Kraft von Musik. Gleichzeitig hätten sie das klassische Verständnis von Musikstilen aufgebrochen und dem Hybriden in der Musik nachgespürt.
Als Brückenbauer haben sich die beiden Persönlichkeiten auch im Bereich der Bildung und Vermittlungsarbeit erwiesen: Christian Muthspiel habe „Generationen junger Musiker*innen motiviert“ und auch Marwan Abado habe sich beispielsweise in der schulischen Musikvermittlung engagiert.
Abschließend dankte Kaup-Hasler den Künstlern für ihre „Arbeit gegen die Vereinfachung des Kulturbegriffes“ und betonte ihre Suche nach dem Unbekannten und ihre Aufbrüche in das Neue und Fremde. „Ich freue mich sehr, dass Ihr Euch mit Eurem Tun in das Buch der Stadt einschreibt. Ihr ehrt die Stadt durch Euer Tun.“
Laudator Albert Hosp: Abado und Muthspiel sorgen für Groove in der österreichischen Musikszene
Musikjournalist und Moderator Albert Hosp hielt die Laudationes auf beide Künstler.
In seiner Rede strich er nicht nur die musikalischen Verdienste von Marwan Abado hervor, sondern betonte auch dessen poetisches Schaffen. „Die Kunst hat die Aufgabe das Leben zu verlangsamen.“, zitierte Hosp den Künstler. Wenn dieser seine Oud spiele, dann sei diese Unmittelbarkeit, um die es in der Kunst gehe, spürbar – eine Eigenschaft, die seine Werke durchdringe. Darüber hinaus ging Hosp auf eine weitere Facette von Abados Kunst ein: Als „Troubadour“ gehe es Abado nicht um das bloße Erzählen von Geschichten, sondern um den zusätzlichen Kommentar. Diese besondere Qualität wäre allein schon bemerkenswert und doch engagiere sich der Künstler auch abseits der Bühne: Mit seiner mobilen Musikschule und der Arbeit mit Geflüchteten sowie mit der nächsten Generation schlage Abado eine Brücke zwischen Kunst und Gesellschaft.
Der Laudatio auf Christian Muthspiel vorweg definierte Albert Hosp die Bedeutung des Wortes „Groove“: ein musikalisches Flussbett, in dem das Geschehen passiert. „Groove macht man nicht, sondern hat man hoffentlich.“ Muthspiels Fähigkeit, so Hosp, mit Groove – trotz der ungemeinen Komplexität und unfassbaren Schwierigkeit der Tätigkeit – zu dirigieren, sei bemerkenswert: federleicht groove Christian Muthspiel. Wäre dieser ein Handwerksbetrieb so lautete der Slogan: vom Keller bis zum Dach – „so viel Talent hat er.“
Beide Künstler haben auf unterschiedliche Weise dazu beigetragen, schloss der Laudator, dass der Groove im österreichischen Musikleben existiere. Allein dass sie Musik machen, sei ein immenser Verdienst. Denn: Musik verändert. Und das sei mindestens ein Beweis dafür, wie wichtig sie ist.
Dankesworte der Geehrten
In seinen Dankesworten sprach Marwan Abado über seine schwierige Ankunft in Österreich: diese sei weder freiwillig noch leicht gewesen. Was ihn hier gehalten habe, war die „Freiheit – nicht die politische Freiheit, sondern die persönliche Freiheit.“ Diese habe ihm ermöglicht, zu sein und Musiker zu werden. Dafür „bin ich sehr sehr dankbar.“ Daher appelliere er eindringlich, diese Freiheit zu verteidigen und vom Wahlrecht Gebrauch zu machen.
Christian Muthspiel nutzte seine Rede ebenfalls für einen politischen Appell und machte auf die finanzielle Unsicherheit freischaffender Komponist*innen in der heutigen digitalen Welt aufmerksam. Am Beispiel einer Abrechnung der austro mechana für das 2. bis 4. Quartal 2022 seiner Komposition „La Melodia della Strada/Overture“ schilderte Muthspiel die Unmöglichkeit, von Kompositionen – obwohl „diese Musikstücke von einer quantitativ relevanten internationalen Zuhörerschaft wahrgenommen werden.“ – leben zu können: Für 939.546 Streamingaufrufe aus 50 Ländern habe er Ꞓ 164,79 minus 5% Kommission erhalten. Das sind: Ꞓ 156,67. Pro Stream, errechnete Muthspiel, erhalte ein Komponist demnach durchschnittlich Ꞓ 0,00016. Für 6.300 Streams bekomme der Künstler also 1 Euro – abzüglich Sozialversicherung und Steuern.
Muthspiel plädierte dafür, dass Kunst und Kultur nicht vom Diktat des Marktes oder den wechselnden Vorlieben von Sponsoren und Mäzeninnen unterworfen sein darf. Sie brauche Förderung bzw. Subventionen. Sonst drohe sie zu verschwinden. Mit Blick auf seine Vergangenheit dankte er für die Unterstützung der MA 7 Kulturabteilung bzw. für die der Kulturstadträtin, die mit langfristiger Unterstützung möglich gemacht habe, dass „seine Idee zum realen Orchester wurde.“
Zur Biografie von Marwan Abado
Marwan Abado ist Musiker, Sänger, Komponist und Poet. Sein Schaffensbereich umfasst, neben konzertanten Werken, Film- und Theatermusik ebenso wie konzeptuelle Tätigkeiten im Kulturbereich, Musikworkshops und Vorträge über arabische Musik, sowie Kindertheater. Immer wieder sucht er den Brückenschlag zwischen Orient und Okzident und arbeitet mit Musiker*innen aus verschiedensten Kulturkreisen und Stilrichtungen. Seine Musik verbindet er oftmals mit seiner Liebe zur Sprache und zur Poesie, etwa in literarisch-musikalischen Lesungen.
Geboren 1967 als Sohn einer christlich-palästinensischen Familie in einem Flüchtlingslager in Beirut (Libanon), flüchtete er 1985 aus dem Bürgerkriegsgebiet nach Österreich und setzt hier seine musikalische Ausbildung beim Meister der irakischen Oud (orientalische Kurzhalslaute) Asim Chalabi fort.
Seit 1987 absolviert Abado internationale Auftritte in Europa und im arabischen Raum sowie in Kuba und den USA.
In November 2008 erhielt er das Bundesehrenzeichen für Interkulturellen Dialog vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur.
Zur Biografie von Christian Muthspiel
Christian Muthspiel ist Musiker, Komponist und Dirigent. In seiner künstlerischen Arbeit bewegt er sich in unterschiedlichsten Formationen in den Bereichen Jazz, Improvisation, Neue Musik und Klassik und auch seine Kompositionen umfassen Werke für verschiedenste Genres.
Geboren 1962 in Judenburg, erhielt er bereits im Alter von sechs Jahren ersten Klavier- und zudem mit elf Jahren Posaunenunterricht. Nach Abbruch des Posaunenstudiums an der Musikhochschule Graz setzte er als Stipendiat seine Ausbildung in den Fächern Klavier, Posaune und Komposition an der „School of Fine Arts“ in Banff, Kanada fort.
Seit 2003 ist Muthspiel verstärkt als Dirigent und Komponist aktiv. Seit 2006 beschäftigt er sich auch mit Malerei und Fotografie.
Für sein künstlerisches Schaffen wurde er mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Anerkennungspreis für Musik des Landes Niederösterreich (1996), dem Josef Krainer Kulturpreis des Landes Steiermark (2003, im Duo mit Wolfgang Muthspiel), dem Österreichischen Würdigungspreis für Musik (2006) und dem Hans Koller Preis in der Kategorie „Musician of the Year“ (2007).
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