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Antisemitismuskonferenz im Parlament in Wien eröffnet

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Wien (PK) -Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hat heute bei einem Empfang im Parlament die internationale parlamentarische Antisemitismuskonferenz eröffnet. Die Konferenz unter dem Titel „Never again? Democracy cannot tolerate antisemitism“ findet auf seine Initiative hin heute und morgen, Mittwoch, in Wien statt.

Vor dem Hintergrund des sich am 7. Oktober jährenden Überfalls der Terrororganisation Hamas auf Israel, benannte Sobotka die Gründe für die Ausrichtung der Konferenz vor den parlamentarischen Vertreter:innen unterschiedlicher Nationen, etwa der Schweiz, Kanada, Belgien, Deutschland, Ungarn sowie Israel, Vertreter:innen der jüdischen Gemeinden und Organisationen und weiteren Konferenzteilnehmenden. „Nach der Shoah, dem größten Menschheitsverbrechen, haben unsere jüdischen Gemeindemitglieder in der europäischen Union wieder Angst. Angst vor Ausgrenzung, Angst vor verbalen Über- und Angriffen und Angst vor physischen Attacken und Terror“, betonte der Nationalratspräsident. Zudem hätten jüdische Gemeinden in Europa meist nur zu den Sicherheitsorganen Kontakt. Man wolle erreichen, dass sich auch Parlamentarier:innen als Ansprechpartner:innen für jüdische Gemeinden und ihre Repräsentant:innen einbringen und positionieren, betonte Sobotka. Ein weiterer Grund sei, die europäische Positionen zur Terrororganisation der Hamas zu schärfen, die Rolle der UNWRA (Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten) zu hinterfragen, ein klareres Bild zu Israel und der Situation im Nahen Osten zu erhalten und die Auswirkungen auf Europa abzuschätzen.

Muzicant: Sorge um Demokratie

Ariel Muzicant, Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses und Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses, pflichtete Sobotka bei. „Wir haben Menschen, die Angst haben hinauszugehen, die nicht mehr in die Synagoge gehen. Eltern, die sich Sorgen, ihre Kinder in die Schule zu schicken.“ In vielen europäischen Ländern – exemplarisch nannte er Belgien, Slowenien, Spanien und Irland – müsste man um sein Leben fürchten, wenn man sich als stolzer Jude, als stolze Jüdin, zeige und für Israel eintrete. Muzicant dankte Sobotka für die Initiative zur Konferenz, von der er hofft, dass sie der Initiationsmotor für Unterstützung der jüdischen Community sei. Neben dem Antisemitismus bereite ihm aber auch die Tendenz zu illiberalen Demokratien Sorgen – er nannte die Einschränkung der freien Presse oder etwa der Frauenrechte. Persönliche und politische Freiheit sowie liberale Demokratie seien „die Luft“ für jüdische Menschen, wenn man diese wegnehme, könnten sie nicht überleben.

Deutsch: Zahl der antisemitischen Übergriffe explodiert

Außerdem richtete sich Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, im Rahmen der Eröffnung an die Teilnehmenden. Er berichtete, dass die aufgezeichneten antisemitischen Übergriffe in Österreich im letzten Jahr „explodiert“ seien. Geschäfte von Juden seien besprüht worden, Kinder würden gemobbt, Denkmäler beschmiert. Das sei aber kein österreichisches Phänomen, sondern passiere überall in Europa. Viele Juden und Jüdinnen würden ernsthaft darüber nachdenken, Europa zu verlassen. Man würde mit einer gigantischen Hasswelle konfrontiert. Polizeischutz und Militäreinsätze seien notwendig – das sei eine Schande für Europa im Jahr 2024, betonte Deutsch. Aber da seien auch große Teile der Gesellschaft und der Politik, die solidarisch mit den jüdischen Gemeinden und Israel seien. Deutsch dankte diesem Teil der Menschen dafür, gegen die älteste Form des Hasses, den Antisemitismus, aufzustehen.

Am Wort waren ebenfalls der 20-jährige Dov Forman, englischer Bestseller-Autor, der das Schicksal seiner Großmutter, einer Ausschwitz-Überlebenden, unter anderem via Social Media bekannt gemacht hat, und die 23-jährige Studentin Jessica Winkelbauer, Mitglied von Likrat in Wien. Sie schilderten, wie sie den Alltag als Teil der jüdischen Community erleben. Beide waren sich einig, dass Bildung wesentlich sei, um Antisemitismus zu begegnen. Forman hob außerdem hervor, dass es wichtig sei, auch auf Plattformen aktiv zu sein, über die sich der Hass verbreite, um dagegen einzutreten. „Es liegt an uns, unsere Geschichten zu teilen“, so Forman.

Beim morgigen Konferenztag stehen Tendenzen im Antisemitismus, die Situation der jüdischen Gemeinden in Europa und die Situation im Nahen Osten im thematischen Fokus. (Schluss) map


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