Teuer und kaum vorhanden: WKÖ-Luftfahrtverband sieht dringenden Handlungsbedarf bei Versorgung mit grünem Kerosin
„Ohne verbesserte Rahmenbedingungen und eine Änderung der wettbewerbsverzerrenden EU-Regulierung wird es nicht genug CO2-neutralen Treibstoff für die vorgeschriebenen EU-Beimengungsquoten geben“, beschreibt Günther Ofner, Obmann der Berufsgruppe Luftfahrt in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) bei einer Branchenpressekonferenz den derzeitigen Engpass bei CO2-neutralem Treibstoff. Ab 2025 schreibt die EU die stufenweise Beimischung von CO2-neutralem Treibstoff, so genannte Sustainable Aviation Fuels, SAF, zu Flugbenzin vor. In einem ersten Schritt müssen ab 2025, also bereits in einem halben Jahr, 2 Prozent SAF beigemischt werden. Europas Luftfahrt braucht dann rund 12 Millionen Tonnen CO2 neutraler Treibstoff. Doch die Branche hinkt beim Hochfahren der SAF-Produktion und beim Ausbau der Infrastruktur hinterher.
Drei Forderungen gegen den Engpass in der Versorgung mit SAF
Um den drohenden Engpass bei SAF abzufedern, fordert der Branchenverband drei konkrete Punkte: Erstens muss die derzeit hohe Preisdifferenz zwischen SAF und gewöhnlichem Kerosin durch Förderungen in der Einführungsphase gestützt werden, um Verfügbarkeit und Preis von SAF in der EU zu verbessern. SAF ist derzeit fünf Mal teurer als Kerosin. Daher sollen bereits bestehende Steuern und Abgaben aus dem Luftverkehr, insbesondere die Flugticketabgabe und die Erlöse aus dem aktuellen Emissionshandel zweckgewidmet bzw. herangezogen werden, um die Produktion von SAF zu fördern oder den Preis zu stützen, schlägt der Branchenverband vor.
Zweitens sollten die strengen Vorgaben im europäischen Emissionshandel bezüglich CO2-Herkunft angepasst werden. Auch nicht in Europa verursachtes CO2, das dann für die SAF-Produktion verwendet wird, soll in die CO2-Bilanz eines Unternehmens einbezogen werden dürfen. Denn für die Produktion von synthetischem SAF wird CO2 der Atmosphäre entzogen. Wird das SAF außerhalb der EU produziert, lassen die EU-Regeln derzeit eine Einbeziehung nicht zu.
Zum Dritten fordert der WKÖ-Luftfahrtverband eine Jahresdurchrechnung der ab 2025 stufenweisen Beimischung von SAF. Das ermöglicht es, an verschiedenen Flughäfen unterschiedliche Mischverhältnisse zwischen Kerosin und SAF zu tanken, und dadurch im Jahresschnitt das vorgeschriebene Mischverhältnis zu erreichen. Dadurch kann besonders in der Einführungsphase die zu erwartende unterschiedliche Verfügbarkeit von SAF ausgeglichen werden, bis das vorgeschriebene Verhältnis von Kerosin zu SAF EU-weit einheitlich verfügbar ist.
In diesen Punkten sind die Politik auf nationaler und EU-Ebene gefordert, um die Umweltziele zu erreichen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Luftfahrt gegenüber Mitbewerbern in den anliegenden Weltregionen (z.B. Bosporus und Golfstaaten) zu sichern.
„Die notwendigen Investitionen in die Produktion kommen nur in Schwung, wenn es klare Regeln gibt“, sagt Ofner. „Die Beschränkung, dass nur EU-Emissionen verwendet werden dürfen, muss aufgehoben werden. Außerdem müssen steuerliche Belastungen reduziert werden.“
„Die europäischen Airlines sind derzeit gegenüber ihren Konkurrenten außerhalb der EU massiv benachteiligt“, sagt Ofner, „weil sie für die komplette Strecke eines Langstreckenflugs, etwa nach Tokyo, teure SAFs kaufen müssen, während bei einem Umsteigeflug über Zürich, Istanbul oder Dubai nur für den ersten Teil des Fluges SAF notwendig ist. Dieser Nachteil kann zu mehreren hundert Euro teureren Flugkosten der EU-Carrier führen und würde direkte Langstreckenverbindungen von in der EU gelegenen Flughäfen massiv benachteiligen. Die EU-Kommission sollte daher diese Regulierungsfehler rasch ausbessern, nur dann kann das Projekt Ökokerosin erfolgreich umgesetzt werden“, fordert Ofner.
„Defossilisieren heißt nicht nur, dass die Verkehrsmittel entsprechend weiterentwickelt werden“, sagt Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der WKÖ, „sondern auch die notwendige Infrastruktur und die nachhaltige Energieproduktion auf- und ausgebaut werden.“
„Standorte, Investoren und Finanzierungen stehen bereit – warum geht bei den eFuels oder SAF nicht schon längst die Post ab“, fragt Stephan Schwarzer, Generalsekretär eFuel Alliance Österreich. „Die Regulierungen sind das Problem, die EU verhindert selbst, was sie so dringend bräuchte: die Hochskalierung der eFuels in allen ihren Formen und mit allen ihren Anwendungsbereichen.“
2,7 Prozent Anteil der Luftfahrt am weltweiten CO2-Ausstoß
Seit Jahrzehnten ist es in der Luftfahrt ein wichtiges Anliegen, den Kerosinverbrauch zu reduzieren und damit auch den Ausstoß von CO2 zu verringern. Dies ist durch technische Innovationen wie Leichtbauweise von Flugzeugen oder Effizienzsteigerungen bei den Triebwerken gelungen. Derzeit beträgt der Anteil der Luftfahrt am weltweiten CO2-Ausstoß 2,7%, am europaweiten CO2-Ausstoß 0,52% und am österreichweiten CO2-Ausstoß nur 0,16%.
Nun gilt es die nächsten konkreten Schritte am Weg in nachhaltige Zukunft der Luftfahrt zu setzen: Die stufenweise Umstellung von Kerosin zu Sustainable Aviation Fuels (zu Deutsch „Nachhaltiger Luftfahrttreibstoff“), kurz SAF. In der EU wurde unter dem Schlagwort „ReFuelEU Aviation“ im Oktober 2023 die Verordnung verabschiedet, die den rechtlichen Rahmen für die schrittweise Einführung von SAF vorgibt:
Jahr Mindestanteil SAF gesamt pro Jahr Mindestanteil synthetisches SAF pro Jahr
ab 2025 2% &nbs p; 0%
ab 2030 6% &nbs p; 0,7%
ab 2032 6% &nbs p; 1,2%
ab 2034 6% &nbs p; 2,0%
ab 2035 20% &nb sp; 5%
ab 2040 34% &nb sp; 10%
ab 2045 42% &nb sp; 15%
ab 2050 70% &nb sp; 35%
In Österreich stellt sich laut einem Szenario des Umweltbundesamtes und der Zukunftsoffensive Verkehr & Infrastruktur der Bedarf an SAF in den kommenden Jahren (in Tonnen) wie folgt dar:
Jahr biog. SAF synth. SAF ges. Bed. an SAF
2025 18.000 0 18.000
2030 51.000 6.800 57.800
2040 240.000 100.000 340.000
2050 349.000 349.000 698.000
Biogene oder synthetisch erzeugte SAF
Als SAF werden Treibstoffe für Flugzeuge bezeichnet, die nicht fossilen Ursprungs sind. Sie können biogen oder synthetisch sein. Biogene SAFs werden unter anderem aus Forstabfällen, festem Haushaltsmüll, Landwirtschaftsabfällen, Algen, Zucker oder Altfetten wie Speiseöl oder Tierfett erzeugt. Synthetische SAFs, auch e-Fuels genannt, werden durch Elektrolyse und der Fischer-Tropsch-Synthese unter Zufuhr von CO2 aus Industrieabgasen, der Biogaserzeugung oder der Atmosphäre gewonnen. Für die Elektrolyse wird erneuerbare Energie verwendet. Diese Art der SAF-Gewinnung wird auch Power to Liquid genannt (PtL). (PWK288/PAT)
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