FPÖ scheitert mit Misstrauensantrag gegen Leonore Gewessler | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

FPÖ scheitert mit Misstrauensantrag gegen Leonore Gewessler

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Mit 28 Ja-Stimmen zu 143 Nein-Stimmen sprach sich der Nationalrat heute gegen einen Antrag der FPÖ aus, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler das Misstrauen auszusprechen. Die Freiheitlichen hatten den Misstrauensantrag im Zuge der Debatte über ihre Dringliche Anfrage an Gewessler zu deren Abstimmungsverhalten beim EU-Renaturierungsgesetz eingebracht und eine namentliche Abstimmung darüber verlangt.

Die ÖVP begründete ihre Ablehnung des Misstrauensantrags mit der Wahrung der Stabilität im Land und wollte Gerichten die Entscheidung über Gewesslers „Rechtsbruch“ überlassen. Für die FPÖ war dies nur ein Vorwand der ÖVP, um nicht auf die eigenen Machtpositionen verzichten zu müssen. Die Grünen stellten sich hinter ihre Klimaschutzministerin und betonten, dass sie ihrer Verantwortung in dieser Position gerecht geworden sei. Auch die SPÖ sprach sich für das Renaturierungsgesetz aus. Seitens der NEOS wurde vor allem das „peinliche“ Verhalten der Koalition am europäischen Parkett bemängelt.

FPÖ: Machtversessenheit ist der letzte Kitt der Koalition

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl lieferte einen Frontalangriff auf die ÖVP und ihre Vorgangsweise hinsichtlich des Renaturierungsgesetzes. Dieses komme einem „Outing“ der Volkspartei in Sachen „Rückgratlosigkeit“, „Schwäche“ und „Machtversessenheit“ gleich. Sie hätte das „Attentat“ Gewesslers auf die Bauern und Bäuerinnen sowie die Konsument:innen schon bei ihren monatelangen Vorbereitungshandlungen verhindern können und müssen, erklärte Kickl – ein Anruf bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen hätte gereicht. Doch Bundeskanzler Karl Nehammer habe der Mut gefehlt, gegen die grüne „Ökosekte“ vorzugehen, womit er zum „Beitragstäter“ geworden sei. Die ÖVP würde nun die Wahrung der Stabilität als Vorwand nehmen, um Gewessler nicht das Vertrauen zu entziehen, führte Kickl aus. In Wahrheit seien sich nur beide Parteien in ihrer „Machtversessenheit“ einig, ihre Ämter noch als Bühne für den Wahlkampf zu verwenden – die sei noch der letzte „Kitt der Koalition“.

Das Gesetz sehe vor, dass 20 % der Ackerflächen renaturiert werden sollen, was einer „De-facto-Enteignung“ entspreche, zu einer künstlichen Verknappung der Lebensmittel und damit zu einer Preissteigerung führen werde, ergänzte Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Zudem habe sich Gewessler über die einheitlich ablehnende Stellungnahme der Landeshauptleute hinweggesetzt. Der ÖVP warf Berlakowitsch „Feigheit“ vor. Diese habe zwar eine Strafanzeige gegen Gewessler gestellt, belasse sie jedoch im Amt, da sie ein „Chaos im Parlament“ befürchte – dieses gebe es jedoch bereits, so Belakowitsch, die den Misstrauensantrag einbrachte.

Renaturierung bedeute Zerstörung von Kulturlandschaft, mehr Verwilderung, Reduktion der Produktion, steigende Importe, schleichende Enteignung und letztlich eine „Hungersnot“, ortete FPÖ-Landwirtschaftssprecher Peter Schmiedlechner eine Zerstörung der „heimischen Landwirtschaft“ im Renaturierungsgesetz.

Die ÖVP habe die Landwirt:innen „verraten und verkauft“ und zwinge diese nun in eine Art „Leibeigenschaft“, sah Michael Schnedlitz (FPÖ) im Renaturierungsgesetz einen „Anschlag auf das Eigentum“ und ein Zerstören der Arbeit von Generationen. Die Landwirt:innen würden sich das nicht gefallen lassen und all jene, „die die Bauern verraten haben, auf den Misthaufen der politischen Geschichte ausmisten“.

ÖVP: Gerichte werden über Rechtsbruch Gewesslers entscheiden

Die FPÖ geriere sich gerne als Partei gegen das System, doch in der Regierung gehe es ihr lediglich um Posten, berichtete ÖVP-Mandatar Georg Strasser aus Zeiten der schwarz-blauen Koalition. Auch den Einsatz für die Bäuerinnen und Bauern nahm Strasser den Freiheitlichen nicht ab, da sie sich im Gesetzgebungsprozess immer wieder gegen diese gestellt habe, wenn es um kontroverse Themen wie die Vollspaltenböden oder Stalleinbrüche ging. Hinsichtlich Umweltministerin Gewessler sprach er von einer „inakzeptablen Vorgehensweise“ und einem „Rechtsbruch“, über den die Gerichte entscheiden würden. Dem Misstrauensantrag der FPÖ werde die ÖVP deswegen aber nicht zustimmen, da die FPÖ nur die daraus folgenden „chaotischen Zustände“ im Parlament nutzen wolle, um „auf Stimmenfang“ zu gehen – zum Schaden der Republik, so Strasser.

Für Carmen Jeitler-Cincelli ist das Renaturierungsgesetz grundsätzlich „Humbug“, da es in Österreich – das ohnehin ein „Umweltmusterland“ darstelle – nicht anwendbar sei. Gewessler habe demokratiepolitisch fragwürdig gehandelt, da sie die Stellungnahme der Länder und die Beurteilung des Verfassungsdienstes ignoriert habe. Auch wenn die ÖVP aus „Verantwortungsbewusstsein“ dem Misstrauensantrag nicht zustimme, sei das kein Freibrief für Gewessler die Verfassung „mit Füßen zu treten“, so Jeitler-Cincelli.

Umwelt- und Naturthemen seien Landesthemen, daher müsse diese Richtlinie im Einvernehmen mit den Ländern abgearbeitet werden, sah auch ÖVP-Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager ein nicht verfassungskonformes Vorgehen der Klimaschutzministerin und kritisierte den großen zusätzlichen Aufwand durch das Renaturierungsgesetz.

SPÖ spricht sich für Renaturierungsgesetz aus

Zum „freien Spiel der Absurditäten“ zwischen ÖVP, FPÖ und Grünen wollte sich Julia Elisabeth Herr (SPÖ) nicht äußern, sprach sich jedoch für das Renaturierungsgesetz aus, das der Natur ihren Raum gebe. Wer die Natur schütze, schütze auch die Bevölkerung, da etwa renaturierte Flussbette wesentlich mehr Wasser führen könnten, was Überschwemmungen verhindere. Herr zeigte sich erfreut, dass es „mit der klaren Positionierung Wiens“ gelungen sei, das Gesetz durchzubringen. Ähnlich würde sie sich das auch etwa bei der Vorlage des Klimaplans oder der Definition von Umweltzielen Wünschen, wo Österreich als einziges Land der EU säumig sei.

Die SPÖ sei die einzige Partei die Klimaschutz, soziale und wirtschaftliche Anliegen zusammendenken könne, zeigte sich neben Herr auch Michaela Schmidt (SPÖ) überzeugt. Es gehe darum, schon heute die Weichen für die technologische Entwicklung in zehn Jahren zu stellen, damit Arbeitsplätze nicht nach China oder in die USA ausgelagert würden. Die ÖVP sei nur dann für den Klimaschutz, wenn es um die Interessen ihrer „Günstlinge“ gehe, so Schmidt.

Die Freiheitlichen würden den Klimawandel leugnen und damit eine Zerstörung der Heimat in Kauf nehmen, meinte neben Schmidt auch Jörg Leichtfied (SPÖ). Dies sei ein „Verbrechen an nächsten Generationen“, begründete er die Notwendigkeit des Renaturierungsgesetzes.

Grüne: Haben unsere Verantwortung ernst genommen

Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer wunderte sich nicht, dass die FPÖ „sich nicht um Umweltschutz schert“. Diese wolle Gewessler das Misstrauen aussprechen, weil sie die erste Umweltschutzministerin sei, die diesem Titel gerecht werde. Den Freiheitlichen wäre es lieber in die „fossile Vorvergangenheit“ zurückzukehren und die „Abhängigkeit von Putin“ noch weiter auszubauen. Sie schürten Ängste mit haltlosen Behauptungen, wie dem „Märchen“ der Enteignung, erklärte Maurer. Die Grünen hingegen hätten ihre Verantwortung ernst genommen, Klima- und Umweltschutz ins Zentrum gestellt und seien jene Probleme angegangen, vor denen sich andere Regierungen jahrelang „gedrückt“ hätten.

Auch Astrid Rössler (Grüne) fand, dass die FPÖ mit „bewusster Fehlinformation“ agiere. Globale Umweltkrisen bräuchten eine gesamtheitlichen Ansatz, den das Renaturierungsgesetz bringe.

Dieses sei ein „freiwilliges Ja“ zum Erhalt der Landschaft für kommende Generationen, meinte Olga Voglauer (Grüne) und kritisierte das „Fürchten vor intakter Natur“ der anderen Fraktionen.

Eine gesunde Natur sei nichts, wovor man sich fürchten müsse, sondern „unsere Lebensversicherung“, betonte der Grüne-Umweltsprecher Lukas Hammer. Das Renaturierungsgesetz sei nicht – wie von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler genannt – ein „Diktat aus Brüssel“, sondern vielmehr ein Ergebnis eines langen Prozesses zwischen demokratisch legitimierten Institutionen.

Als „unerträglich“ befand Abgeordnete Ulrike Maria Böker (Grüne) den Umgang der Mandatar:innen in ihren Reden miteinander. Insbesondere hinsichtlich des Bodenschutzes bekräftigte sie die Notwendigkeit des Renaturierungsgesetzes.

NEOS: Agieren der Koalition ist Peinlichkeit für die Republik

NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard bestritt die Relevanz des Renaturierungsgesetzes, da es bereits bei weitem strengere Regelungen in diesem Bereich gebe. Mit dem Renaturierungsgesetz gehe die Republik zwar Verpflichtungen ein, die aber innerstaatlich nicht mit Zwang durchgesetzt werden sollen. Zudem gebe es laut Bernhard zahlreiche Ausnahmeregelungen. Das von der FPÖ an die Wand gemalte „Zwangsdiktat“ sei also „reine Fiktion“. Generell lieferten die Freiheitlichen lediglich eine „Show“ ab und keinerlei Lösungsansätze. Ein „Armutszeugnis“ sei auch, was ÖVP und Grüne auf der internationalen politischen Bühne veranstalteten, konstatierte Bernhard. Mit ihren Briefen nach Brüssel hätten die Koalitionsparteien einen „enormen Imageschaden“ für Österreich verursacht – eine „Peinlichkeit für die Republik“. (Fortsetzung Nationalrat) kar/wit/pst

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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