Digitalisierungspaket für die Schulen mit den Stimmen von ÖVP und Grünen im Nationalrat beschlossen
Aufgrund einer Fristsetzung stand am Ende der heutigen Nationalratssitzung ein von der Koalition vorgelegtes Digitalisierungspaket für Schulen ohne vorherige Beratung im Unterrichtsausschuss auf der Tagesordnung. Der Gesetzesantrag wurde unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages mit den Stimmen von ÖVP und Grünen mehrheitlich in zweiter und dritter Lesung angenommen. Der Abänderungsantrag enthielt die von Bildungsminister Martin Polaschek bereits angekündigten Änderungen hinsichtlich einer „abschließenden Arbeit“ von Maturant:innen. Die Oppositionsparteien kritisierten und nannten das Paket eine „Husch-Pfusch“-Aktion.
Dieses Gesetzespaket bringe Digitalisierung, Entlastung und Individualisierung, fasste Bildungsminister Martin Polaschek zusammen. Die „Weiterentwicklung der VWA“ (vorwissenschaftliche Arbeit) bringe bei den Betroffenen „große Freude“, da damit neue Möglichkeiten geschaffen würden, meinte Polaschek. Es sei ihm wichtig gewesen, dass diese Änderung jetzt beschlossen werde und nicht ein ganzes Schuljahr damit abgewartet werde.
Digitale Zeugnisse und Schülerausweise
Schulzeugnisse stehen künftig digitalisiert und auch über das Ende der Schulzeit hinaus den Bürger:innen digital zur Verfügung. Auch der Schülerausweis wird digital. Die edu.digicard kann von Schüler:innen bzw. bei unter 14-Jährigen durch deren Erziehungsberechtigte kostenlos beantragt werden. Im beschlossenen Gesetzespaket enthalten sind außerdem eine Ausdehnung der Befristung von Schulversuchen auf die doppelte Dauer des Bildungsganges sowie eine einfachere Datenerfassung zu Sommerschulen.
Abschließende Arbeit an AHS ab kommenden Schuljahr
Bisher bestand die abschließende Arbeit in allgemeinbildenden höheren Schulen ausschließlich aus einer „Literaturarbeit“. Das Format wird nun geöffnet und Schüler:innen haben damit die Möglichkeit, anstelle einer klassischen Abschlussarbeit beispielsweise ein Multimediaprodukt, ein Werk wie eine Skulptur, eine Videoreportage, einen Podcasts oder empirische Erhebungen und deren Interpretation vorzulegen. Die Schüler:innen sollen selbst entscheiden können, ob sie ihre Arbeit digital oder analog oder in Kombination, aber auch unter Berücksichtigung von KI-spezifischen Kompetenzen, erstellen möchten. Wichtig für die Überprüfbarkeit und Beurteilung sei dabei die Dokumentation und Reflexion des Entstehungsprozesses und der verwendeten Quellen, heißt es in den Erläuterungen zum eingebrachten Abänderungsantrag. Für einen Übergangszeitraum – einschließlich des Schuljahrs 2028/29 – können die Schüler:innen anstelle der Abschlussarbeit eine weitere schriftliche oder mündliche Maturaprüfung wählen. Keine Abschlussarbeit mehr wird es künftig an den berufsbildenden mittleren Schulen geben, an den berufsbildenden höheren Schulen bleibt die Diplomarbeit bestehen. Zudem enthält der Abänderungsantrag eine Änderung, betreffend der Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung für Bewerber:innen für eine schulischen Ausbildung, die eine Reifeprüfung voraussetzt – beispielsweise ein Kolleg. Diese ist nun zwei Jahre früher möglich als bisher, nämlich ab Vollendung des 20. Lebensjahrs – statt bisher ab Vollendung des 22. Lebensjahrs.
Keine Zustimmung der Opposition
Es handle sich um eine „Hauruck“-Aktion kurz vor der Nationalratswahl, kritisierte Petra Tanzler (SPÖ). Einige Ansätze im vorgelegten Paket seien „positiv zu sehen“, einem schnellem Durchwinken wolle man aber nicht zustimmen. Schon lange weise die SPÖ darauf hin, dass eine Reform der Reifeprüfung notwendig sei, diesbezügliche Vorschläge seien aber bisher immer abgelehnt worden und nun komme es zu einer „überstürzten Änderung“, meinte Tanzler. Auch Christian Oxonitsch (SPÖ) meinte, dass mit diesem Gesetzespaket versucht werde „irgendwie Aktivität vorzutäuschen“. Er verwies auf 137 vertagte Anträge im Unterrichtsausschuss, von denen einige auch Vorschläge zur Änderung der Matura enthielten.
Die Weiterentwicklung der VWA zur „abschließenden Arbeit“ sei kein Meilenstein, aber ein „Steinchen zur Änderung der Matura“, sagte Rudolf Taschner (ÖVP). Es sei „noch viel Luft nach oben“ bei der Neugestaltung der Matura, zentral sei jedenfalls, dass Leistung betont werde, meinte Taschner. Gertraud Salzmann (ÖVP) brachte den Abänderungsantrag zum Gesetzesantrag ein und legte die darin enthaltenen Änderungen kurz dar.
Der digitale Schülerausweis sei keine große Innovation, fand Hermann Brückl (FPÖ). Heikel bei den im Gesetzespaket enthaltenen Digitalisierungsmaßnahmen sei laut Brückl der Datenschutz, da Daten verschickt würden, von denen man „nicht genau wisse, wo diese abgespeichert werden“. Die VWA gehöre „ersatzlos gestrichen“ und die Matura müsse eine „qualitativ hochwertige Arbeit“ sein, forderte er. Zudem sprach er sich gegen Pläne für eine Ganztagsschule aus, denn Schulen seien „keine Betreuungseinrichtungen“, meinte Brückl.
Der Zettelwirtschaft am Schulbeginn werde durch die Digitalisierung im Schulbereich entgegengewirkt, sagte Sibylle Hamann (Grüne). Die Reform der VWA sei „sinnvoll“. Man habe sie kreativ weiterentwickelt, statt sie einfach abzuschaffen und vor KI zu kapitulieren. Die abschließende Arbeit könne nun „vielerlei Gestalt“ annehmen und bringe damit individuelle Talente der Schüler:innen zur Geltung.
Das vorgelegte Gesetzespaket enthalte „kleine Dinge“ und „Selbstverständlichkeiten“, meinte Martina Künsberg Sarre (NEOS). Die Verlängerung der Schulversuche sei zudem eine „Scheinlösung“, weil man sich nicht drübertraue „echte Schulautonomie“ einzuführen. Bei der Änderung der VWA ortete sie „Hudelei“.
Fristsetzung
Nach dem Ende der 272. Nationalratssitzung wurde in einer weiteren Sitzung eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Änderung der Grundversorgungsvereinbarung (2657 d.B.) bis 4. Juli 2024 fristgesetzt. Diese enthält eine Anhebung der Kostenhöchstsätze für vulnerable hilfs- und schutzbedürftige Fremde und wurde dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zugewiesen. (Schluss Nationalrat) bea
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