Bundesrät:innen debattierten über Ausrichtung der österreichischen Außenpolitik in einer Zeit des globalen Wandels
Über die Ausrichtung der österreichischen Außenpolitik sowie die Rolle der österreichischen Neutralität diskutierten die Bundesrät:innen in der heutigen Bundesratssitzung in einer Aktuellen Stunde mit Außenminister Alexander Schallenberg mit dem Titel „Österreichs Außenpolitik in einer Zeit des globalen Wandels“. Auch die Integration des Westbalkans in die Europäische Union war ein zentrales Thema der Debatte.
Am Beginn der Sitzung wurde Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS/W) als neue Bundesrätin angelobt. Sie übernahm das Mandat von Karl-Arthur Arlamovsky, der die NEOS nun im Nationalrat vertritt. Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) verabschiedete sich aus dem Bundesrat, sie wechselt im Juli in das Europäische Parlament.
ÖVP: Brücken bauen und Dialog fördern
Die Welt befinde sich im Wandel und Österreich sei stark von globalen Entwicklungen abhängig – daher brauche es eine feinfühlige, entschlossene Außenpolitik, sagte Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP/V). Friedenssicherung sei im Hinblick auf die Neutralität Österreichs ein wichtiger Aspekt. Die Gefahr eines katastrophalen Atomkriegs sei derzeit hoch und eine Abkehr von nuklearer Abschreckung daher dringend notwendig. Österreich solle seine neutrale Position nutzen, um Brücken zu bauen und den Dialog zu fördern. Christian Buchmann (ÖVP/St) betonte, dass Außenpolitik auch mit der Erarbeitung von Wohlstand zu tun habe und Österreich ein exportorientiertes Land sei. Es brauche daher multilaterale Zusammenarbeit „quer durch alle Kontinente“. Im Hinblick auf den Integrationsprozess des Westbalkans sagte Buchmann, dass „wir Stabilität sicherstellen“ müssen, da „wir sonst instabile Verhältnisse importieren“ werden.
SPÖ: Konfliktpartner:innen zusammenbringen
Stefan Schennach (SPÖ/W) stellte die Frage „wo die österreichische Außenpolitik in den letzten Jahren geblieben sei“, er sehe ein „ambitionsloses Verwalten“. Er forderte stattdessen „Konfliktpartner:innen zusammenzubringen“ um einen „Dialog zu finden und Möglichkeiten zu suchen“. Zudem sprach er sich für eine EU-Vollmitgliedschaft der Westbalkanstaaten aus, erst dann sei „das Haus komplett“, so Schennach. Die Neutralität sei Österreichs höchstes außen- und sicherheitspolitisches Gut, sagte Elisabeth Grossmann (SPÖ/St). Es sei im Sinne der EU, dass es auch neutrale Staaten gebe, sodass die EU nicht „in Bausch und Bogen“ einem Militärbündnis zuzurechnenden sei.
FPÖ: Neutralität hängt „am seidenen Faden“
Ein „Totalversagen“ in der Außenpolitik kritisierte Markus Leinfellner (FPÖ/St). Österreichs Neutralität sowie die Energieversorgung hänge „am seidenen Faden“. Zudem dürfe Österreich nicht „Partei für eine Kriegsnation ergreifen“, sagte er und verlangte einen aktiven Einsatz für Friedensverhandlungen. Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) ortete eine „fehlende Souveränität und fehlende Unabhängigkeit“ in der Außenpolitik. Diese scheine stark von externen Mächten und Interessen beeinflusst zu sein. Er frage sich daher wo die Vertretung der nationalen Interesse bleibe. Die Geschichte zeige zudem, dass kluge Diplomatie in Zeiten der Krise von größter Bedeutung sei. Die derzeitige Außenpolitik sei „bestenfalls unzureichend“ und im schlimmsten Fall „gefährlich naiv“, so Spanring.
Grüne: Den europäischen Werten treu sein
Es mangle nicht an Herausforderungen, da sich die globalen Machtverhältnisse verschieben, sagte Adi Gross (Grüne/V). Die österreichische Außenpolitik müsse eine europäische sein und den europäischen Werten treu sein. Außenpolitik sei eine gemeinsame Verantwortung – daher sei die Zustimmung von 20 Staaten zum EU-Renaturierungsgesetz wichtig. Denn eine Zukunft gebe es nur mit einer intakten Natur. Gross sprach sich zudem für den Abbau der einseitigen Abhängigkeit von Russland bei der Energieversorgung aus und forderte zudem eine Beschleunigung der Verfahren hinsichtlich des EU-Beitritts der Westbalkanstaaten. Auch Marco Schreuder (Grüne/W) sprach sich dafür aus „ein klares proeuropäisches Signal“ am Westbalkan zu setzen und dort auch die „Herzen der Menschen zu erobern“. Zudem forderte Schreuder die Entwicklung einer klaren „China-Strategie“.
NEOS: Funktionieren der UNO für Österreich essentiell
Die Neutralität wecke bei den meisten Österreicher:innen nostalgische Gefühle. Sie sei bis in der 1980er-Jahre ein wichtiger Marker der österreichischen Außenpolitik gewesen bei der Österreich als Brückenbauer zwischen Ost und West fungierte und im „UNO-Kontext“ sehr gefragt gewesen sei, sagte Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS/W). Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sei die UNO stark unter Druck. Russland torpediere mit seinem Veto-Recht im Sicherheitsrat die Hauptaufgabe dieses Gremiums. Ein Funktionieren der UNO sei jedoch gerade für Österreich essentiell, weil die UNO der einzige existierende kollektive Sicherheitsmechanismus sei, so Sumah-Vospernik in ihrer ersten Rede im Bundesrat.
Schallenberg: Brandgefährlicher „systemischer Wettstreit“
Unser Lebensmodell, das auf Grund- und Freiheitsrechten, Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit basiert, sei unter Druck geraten, sagte Außenminister Alexander Schallenberg. Nur noch 20 % der Staaten weltweit habe ein Lebensmodell wie wir es haben. Es gebe daher einen „systemischen Wettstreit“, der für Länder wie Österreich brandgefährlich sei. Es brauche daher internationales Recht und internationale Verträge – dies sei unsere Sicherheit. Österreich habe immer einen „richtigen Zugang“ zu aktiver Werte- und Neutralitätspolitik gehabt, so Schallenberg. Weiters betonte er die Wichtigkeit zur Unterscheidung zwischen „Opfern und Tätern“. Zudem sagte der Minister, er sei dankbar, dass der Westbalkan in dieser Debatte mehrfach erwähnt wurde. Er glaube weiterhin, dass es diesbezüglich einen parteiübergreifenden Konsens gebe. Österreich sei aufgrund vieler Krisenherde von einem Feuerring umgegeben. Daher sei es wichtig diesem Feuerring einen Ring der Stabilität gegenüberzustellen, so Schallenberg. (Fortsetzung Bundesrat) bea
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