Österreich pocht weiter auf grundrechtskonforme Ausgestaltung einer Verordnung zur Prävention von sexuellem Missbrauch im Internet
Im zweiten Teil des EU-Ausschusses des Bundesrats diskutierten die Bundesrät:innen über einen Richtlinienvorschlag sowie eine dazu veröffentlichte allgemeine Ausrichtung zur Einsetzung und Arbeitsweise Europäischer Betriebsräte (EBR).
Auch ein Verordnungsvorschlag zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet stand auf der Tagesordnung. Ein von der FPÖ dazu eingebrachter Antrag auf Stellungnahme forderte eine Ablehnung von „Chatkontrolle“ und jede „andere Form der anlasslosen Massenüberwachung“. Der Antrag blieb mit den Stimmen von FPÖ und SPÖ in der Minderheit.
Stärkung der Anhörungsrechte Europäischer Betriebsräte
Europäische Betriebsräte vertreten Arbeitnehmer:innen in grenzübergreifend tätigen Unternehmen. Eine Evaluierung einer bestehenden Richtlinie zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte habe Mängel aufgezeigt, erklärte eine Expertin des Arbeits- und Wirtschaftsministeriums im Ausschuss. Daher wurde dazu ein neuer Richtlinienvorschlag und eine vom Rat für „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ veröffentlichte Allgemeine Ausrichtung vorgelegt. Es handle sich bei dieser Richtlinie vor allem um eine Klarstellung. Da es in Österreich bereits gute Regelungen gebe, werde ein „eher geringer“ Umsetzungsbedarf in Österreich erwartet, sagte die Expertin.
Zu den wichtigsten darin enthaltenen Änderungen zähle, dass die Verpflichtung zur Unterrichtung und Anhörung der Europäischen Betriebsräte weiter präzisiert wurde. Zudem werde eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter festgelegt und Gründe für die Vertraulichkeit und Nichtweitergabe von Informationen klargestellt. Auch „abschreckende Strafen“ bei Verstößen durch die Unternehmen seien vorgesehen, so die Expertin des Arbeits- und Wirtschaftsministeriums.
Die Arbeiterkammer (AK) stehe diesem Vorschlag grundsätzlich positiv gegenüber, sehe jedoch zwei kritische Punkte, sagte ein im Ausschuss anwesender AK-Experte. Einerseits fordere die AK eine Festlegung wirksamer Sanktionen. Denn Strafen von 2.000 oder 3.000 € seien für Konzerne nicht abschreckend. Weiters setze sich die AK dafür ein, dass es jährlich mindestens zwei Treffen mit den Europäischen Betriebsräten geben müsse, wovon eines in Präsenz abgehalten werden solle, so der Experte.
Auf Fragen von Sandra Böhmwalder (ÖVP/N), Dominik Reisinger (SPÖ/O) und Marco Schreuder (Grüne/W) antwortete die Expertin des Arbeits- und Wirtschaftsministeriums, dass hinsichtlich „abschreckender Strafen“ keine Zahlen genannt werden, da bei Sanktionen auf die Größe des Unternehmens Rücksicht zu nehmen sei. Das Europäische Parlament habe sich zudem dafür eingesetzt, dass auch Zulieferbetriebe von außerhalb der EU von der Richtlinie erfasst sein sollten, dies sei derzeit aber weder im Richtlinienvorschlag noch in der allgemeinen Richtlinie enthalten.
Prävention und Bekämpfung von sexuellem Missbrauch von Kindern
Mit einer im Mai 2022 vorgeschlagenen Verordnung soll ein „klarer und harmonisierter Rechtsrahmen“ für die Prävention und die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet geschaffen werden. Internetprovider sollen zu Risikobewertungen und -minderungen verpflichtet werden. Zudem soll Missbrauchsmaterial gemeldet, entfernt und gesperrt werden. Ein dazu neu eingeführtes EU-Zentrum soll die Maßnahmen bündeln, Meldungen entgegen nehmen und technischen Support leisten, legte eine Expertin des Innenministeriums heute im Ausschuss dar. Ein kontroverser Punkt dabei sei die sogenannte „Aufdeckungsanordnung“, die von Kritiker:innen als „Chat-Kontrolle“ bezeichnet werde. Im EU-Unterausschuss des Nationalrats wurde dazu im November 2022 eine Stellungnahme beschlossen. Diese binde den Innenminister daran, diesem Verordnungsentwurf nur zuzustimmen, wenn sichergestellt ist, dass diese grundrechtskonform ausgestaltet sei.
Unter belgischem Vorsitz habe es zahlreiche Änderungsvorschläge gegeben, welche Österreich – genauso wie einige weitere Länder – nicht akzeptierten, daher sei es bisher noch zu keiner Abstimmung über den Vorordnungsentwurf gekommen, sagte die Expertin des Innenministeriums. Der ungarische Vorsitz sei nun gefordert, eine Lösung zu finden.
Statistiken würden belegen, dass Fälle von sexuellem Missbrauch zunehmen, es gebe daher dringend Handlungsbedarf, sagte Claudia Arpa (SPÖ/K). Hinter jedem schrecklichen Video und Foto stehe ein Opfer. Im Hinblick auf den Verordnungsvorschlag müsse jedoch auch eine Balance mit dem Datenschutz gefunden werden.
Eine Lösung sei dringend notwendig, sagte Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Es gehe um Verhältnismäßigkeit. Für sie stehe Opferschutz vor Datenschutz.
Einer Hierarchisierung von Opfer- und Datenschutz könne er nichts abgewinnen, sagte Marco Schreuder (Grüne/W). Man dürfe nicht das eine gegen das andere ausspielen, sondern müsse beides miteinander in Einklang bringen.
„Grenzenlose Pauschalverurteilungen“ seien bedenklich, sagte Markus Leinfellner (FPÖ/St). Nicht jeder Internetnutzer dürfe verdächtigt werden. Besonders kritisch sei dies im Hinblick auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Denn KI-Anwendungen würden eine Fehlerquote von zehn Prozent aufweisen. Dies würde bedeuten, dass „zigtausend Menschen“ unschuldig vorverurteilt werden könnten. Leinfellner brachte daher einen Antrag auf Stellungnahme ein, der die Bundesregierung aufforderte, sich „gegen die von der Europäischen Kommission geplante Chatkontrolle sowie gegen jedwede andere Form der anlasslosen Massenüberwachung unbescholtener Bürger auszusprechen und diesbezügliche Gesetzesvorschläge abzulehnen“. Der Antrag blieb mit den Stimmen von FPÖ und SPÖ in der Minderheit. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) bea
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