Tag der Parlamentsforschung im Hohen Haus: Beziehung zwischen Politik und Wissenschaft im Fokus | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Tag der Parlamentsforschung im Hohen Haus: Beziehung zwischen Politik und Wissenschaft im Fokus

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Mit einer breiten Palette an Fragestellungen befassen sich heute am Tag der Parlamentsforschung Wissenschaftler:innen und Vertreter:innen aus rund zehn Ländern im Hohen Haus. Bereits zum zweiten Mal hat der Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftliche Dienst der Parlamentsdirektion diese ganztägige Konferenz organisiert, die eine Brücke zwischen Wissenschaft und parlamentarischer Praxis schlagen soll.

Im Rahmen von vier Panels befassen sich die Teilnehmer:innen mit den verschiedensten Aspekten, die von der Analyse von politischen Entscheidungsprozessen, den Narrativen von Wahlversprechen bis hin zur Untersuchung der Resilienz von Volksvertretungen reichten. So wird etwa ein Vertreter aus der Ukraine über die Schwierigkeiten berichten, mit denen Parlamente in Kriegszeiten konfrontiert sind. Forscher:innen aus Österreich beleuchten Parlamentsdebatten aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Auch über den Umgang der Abgeordneten mit dem Druck von Seiten der Öffentlichkeit, der eigenen Parteien und der Wähler:innen wird diskutiert werden.

Ein weiterer Höhepunkt ist die Präsentation der vorläufigen Ergebnisse des 2023 ausgewählten Forschungsprojekts sowie die Bekanntgabe des neuen Projekts.

Nationalratspräsident Sobotka spricht Herausforderung durch Antisemitismus an

Die Politik schätze die Wissenschaft sehr, unterstrich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in seinen Eröffnungsworten. Dies gelte insbesondere für Themen wie Inklusion, Minderheiten oder zentrale Fragen der Zukunft wie künstliche Intelligenz oder Genetik.

Eine besondere Herausforderung stelle der Antisemitismus dar, dessen Ausbreitung in dem nun erfolgten Maße nicht erwartet wurde, obwohl die Wissenschaft schon länger darauf hingewiesen habe. Umso mehr sei die Politik im Sinne der Stabilität der Demokratie gefordert, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen und über all diese Themen zu reflektieren. Einen großen Einfluss hätten auch die Medien, die als vierte Gewalt im Staat miteinbezogen werden müssen, zeigte sich Sobotka überzeugt.

Crewe: Anthropologischer Blick bezieht immer die Beziehungsmuster zwischen Menschen ein

Zum Auftakt der heutigen Veranstaltung hielt die Anthropologin Emma Crewe (University of London) einen Impulsvortrag mit dem Titel „What are parliaments for and how do they perform?“. In ihren Forschungen zu diesem Themenbereich sei sie vom Ansatz ausgegangen, dass Parlamente immer als Teil eines Ganzen und im Kontext betrachtet werden müssen. Die Anthropologie beziehe immer die Menschen in die Analyse ein und versuche, einen tieferen Blick auch hinter die Kulissen zu werfen. Wenn man nahe an den Politiker:innen dran sei, dann könne man erkennen, welch verschiedene Rollen sie einnehmen, je nachdem in welchem Setting sie sich bewegen. Je nach Publikum brauche es daher andere Fertigkeiten, konstatierte Crewe, gleichzeitig müssten die Politiker:innen aber auch authentisch bleiben. Bei der Beurteilung der Performance von Politik gebe es einerseits die individuelle Ebene und andererseits die systemische Ebene. Generell hätte der globale ethnographische Vergleich von Parlamenten gezeigt, dass Kollaboration und interdisziplinäre Zusammenarbeit von großer Bedeutung seien.

Da er primär quantitativ arbeite, halte er den aufgezeigten anthropologischen Ansatz für sehr interessant, erklärte Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik. Er nehme vor allem die Lektion mit, dass „uns viel entgeht“. Auch wenn die Abläufe in den Parlamenten sehr formalisiert wirken, gebe es viele Tätigkeiten, die nicht normiert und quantifiziert werden können. Es brauche wohl den ethnographischen Blick hinter die standardisierten Vorgänge, um den Reichtum, die Skurrilitäten und Einzigartigkeit des menschlichen Handelns besser zu verstehen. Voraussetzung dafür sei es, mehr mit den Menschen in den Institutionen zu sprechen und interdisziplinär zu forschen.

In der anschließenden Diskussion, die von Christoph Konrath (Parlamentsdirektion) moderiert wurde, sprachen sich sowohl Emma Crewe als auch Laurenz Ennser-Jedenastik dafür aus, mehr Hoffnung zu säen und auf „Fiktionen“ zu setzen, um den vorherrschenden Zynismus und die Negativität zu überwinden. (Fortsetzung Tag der Parlamentsforschung) sue

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.


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