Nationalrat beschließt neue Datenschutzregeln für den Bereich der Gesetzgebung
Der Nationalrat hat in Reaktion auf ein EuGH-Urteil neue Datenschutzregeln für den Bereich der Gesetzgebung beschlossen. Die Abgeordneten stimmten zum Abschluss der Plenarwoche einhellig dafür, das Geschäftsordnungsgesetz, das Informationsordnungsgesetz, das Datenschutzgesetz und einige weitere Gesetze entsprechend zu adaptieren. Damit wird der Feststellung des Europäischen Gerichtshofs Rechnung getragen, wonach die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auch für die parlamentarische Arbeit gilt. Auch die Bundesverfassung muss geändert werden. In Kraft treten sollen die neuen Bestimmungen mit 15. Juli, wobei in Bezug auf die geplante Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats die Dritte Lesung noch ausständig ist.
Mit dem aus vier Teilen bestehenden Gesetzespaket wird unter anderem die Geschäftsordnung des Nationalrats an die DSGVO angepasst und eine ausdrückliche rechtliche Grundlage für die Verarbeitung auch hochsensibler Daten durch die Organe der Gesetzgebung geschaffen. Näheres dazu wird im Informationsordnungsgesetz geregelt. Außerdem wird mit dem Parlamentarischen Datenschutzkomitee ab 2025 eine eigene datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde für den Nationalrat, den Bundesrat, den Rechnungshof und die Volksanwaltschaft eingerichtet (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 608/2024).
Um die parlamentarische Arbeit – etwa das Einbringen von schriftlichen Anfragen oder Gesetzesanträgen – nicht zu behindern, sieht die Sammelnovelle eine Beschränkung von Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsrechten vor. Weiterhin soll es aber möglich sein, die Entfernung von Verhandlungsgegenständen von der Parlamentswebsite bzw. eine Anonymisierung oder Schwärzung personenbezogener Daten zu beantragen. Datenschutzrechtlich Verantwortlicher nach außen ist der Nationalrat bzw. der Bundesrat als Organ – vertreten durch den jeweiligen Präsidenten bzw. die jeweilige Präsidentin. Sonderregelungen werden für den Rechnungshof und die Volksanwaltschaft gelten.
In der Debatte äußerten sich Ernst Gödl (ÖVP), Jörg Leichtfried (SPÖ), Werner Herbert (FPÖ) und Agnes Sirkka Prammer (Grüne) erfreut darüber, dass es gelungen sei, in einer sehr komplizierten Materie eine gemeinsame Lösung zu finden, die zum einen datenschutzrechtlichen Vorgaben und zum anderen den Besonderheiten parlamentarischer Arbeit Rechnung trägt. Lange Zeit sei nicht klar gewesen, ob die DSGVO auf Organe der Gesetzgebung anzuwenden sei, skizzierte Gödl, nach der EuGH-Entscheidung habe sich aber die Notwendigkeit ergeben, praktikable Vorschläge zu erarbeiten.
Als wesentlich wertete es SPÖ-Abgeordneter Leichtfried, dass die Abgeordneten trotz „der datenschutzrechtlichen Umstände“ ihre Kontrollfunktionen weiter wahrnehmen können. Es sei hier eine gute Balance gefunden worden, zeigte sich auch FPÖ-Abgeordneter Herbert überzeugt. Mit den neuen Bestimmungen trage man datenschutzrechtlichen Vorgaben Rechnung, ohne parlamentarische Abläufe und Aufgaben zu beeinträchtigen. In dieser Sache habe sich gezeigt, dass auch gute gemeinsame Lösungen im Hohen Haus möglich seien, so Herbert. Auch wenn das „nicht einfach“ gewesen ist, wie Grün-Abgeordnete Prammer anmerkte.
Das Parlamentarische Datenschutzkomitee als neue Aufsichtsbehörde entspricht Gödl zufolge dem System der Gewaltenteilung. Es soll aus drei bis sechs Mitgliedern bestehen. Auch die Landtage könnten sich dieser neuen Behörde unterstellen und sich so eigene Behörden auf Landesebene ersparen, erklärte er. Prammer qualifizierte es in diesem Zusammenhang als wichtig, bei datenschutzrechtlichen Beschwerden die besonderen Gegebenheiten im parlamentarischen Betrieb zur berücksichtigen.
Nicht zu Wort meldeten sich die NEOS. Abgeordneter Nikolaus Scherak hatte aber die Letztversion aller vier Gesetzesinitiativen mitunterzeichnet.
Bei der Abstimmung erhielten alle vier Gesetzentwürfe einhellige Zustimmung und damit auch die zum Teil erforderliche Zweidrittelmehrheit. Ganz ist das Gesetzespaket damit aber noch nicht auf Schiene, über die Novellierung des Geschäftsordnungsgesetzes wird in der nächsten Plenarwoche noch einmal abgestimmt. Grund dafür ist, dass zwischen der Zweiten und der Dritten Lesung von Geschäftsordnungsänderungen mindestens 24 Stunden liegen müssen. Die anderen drei Beschlüsse wandern nun in den Bundesrat, ergänzend dazu ist überdies eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrats in Aussicht genommen.
Fristsetzung für Schulrechtspaket
Um sicherzustellen, dass das von den Koalitionsparteien heute eingebrachte Schulrechtspaket noch vor dem Sommer beschlossen werden kann, hat der Nationalrat überdies eine Fristsetzung beschlossen. Demnach ist der Unterrichtsausschuss angehalten, die Beratungen über den Gesetzentwurf bis zum 2. Juli abzuschließen. Inhaltlich geht es unter anderem um die Einführung eines digitalen Schülerausweises und um die Bereitstellung digitaler Zeugnisse, die jederzeit abgerufen werden können sollen. (Schluss Nationalrat) gs
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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