Offener Brief: Hybrid und atypisch Beschäftigte im „Kulturland“ Österreich sozialrechtlich höchst vulnerabel | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Offener Brief: Hybrid und atypisch Beschäftigte im „Kulturland“ Österreich sozialrechtlich höchst vulnerabel

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Zahlreiche Interessengemeinschaften aus Kunst und Kultur (Kulturrat Österreich, Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden, IG Autorinnen Autoren, IG Freie Musikschaffende, IG Freie Theaterarbeit, Initiative Tanz und Bewegungskunst Österreich) sowie vidaflex, die gewerkschaftliche Initiative für Ein-Personen-Unternehmen, freie Dienstnehmer*innen und neue Selbständige, fordern in einem offenen Brief an den Bundeskanzler und andere Mitglieder der Bundesregierung dringend eine Anpassung der Sozialversicherungsleistungen für Künstler*innen ein. Solo-Selbstständige, atypisch und hybrid beschäftigte Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen erwirtschaften mit ihrer Kreativleistung für ihre Auftraggeber*innen hohe Umsätze, sind aber selbst sozialrechtlich höchst vulnerabel. Ein Ungleichgewicht, das nicht mehr hingenommen werden kann, schon gar nicht im „Kulturland“ Österreich, betonen die Interessengemeinschaften und vidaflex.

Nachfolgend der offene Brief im Wortlaut:

„Wien, 11.06.2024

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Nehammer,
sehr geehrter Herr Bundesminister Kocher,
sehr geehrter Herr Bundesminister Kogler,
sehr geehrter Herr Bundesminister Rauch,
sehr geehrte Frau Staatssekretärin Mayer,
Solo-Selbstständige, atypisch und hybrid beschäftigte Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen erwirtschaften mit ihrer Kreativleistung für ihre Auftraggeber*innen hohe Umsätze, sind aber selbst sozialrechtlich höchst vulnerabel. Ein Ungleichgewicht, das nicht mehr hingenommen
werden kann, schon gar nicht im „Kulturland“ Österreich.

Soziale Absicherung außerhalb der Konstellation „Arbeitgeber*in – Arbeitnehmer*in“ ist in Österreich problematisch bis kaum existent. Die ständig wachsende Gruppe der Atypisch- bzw. Hybrid-Beschäftigten, Neuen Selbständigen und insbesondere auch Solo-Selbständigen braucht Lösungen.

Der Kunst- und Kulturbereich ist ein Sektor, in dem sozialversicherungsrechtliche Spezialkonstellationen kulminieren – kaum eine Kombination aus Spezialregeln mit speziellen Unterregeln, für die nicht Beispiele aus Kunst und Kultur gefunden werden können. Es existieren in diesem Berufsfeld teils äußerst komplexe Beschäftigungsverhältnisse, welche jedoch in den Sozialversicherungsgesetzen weder mitgedacht noch abgesichert werden. Lösungsvorschläge liegen auf dem Tisch.

Wir, die Unterzeichnenden, haben vor einem Jahr ein bewusst knapp gehaltene Positionspapier vorgelegt – fokussiert auf vier einfach umsetzbare Schritte. Der Text liegt im österreichischen Parlament als parlamentarische Petition auf und wird von zahlreichen Unterstützer*innen getragen. Ein angekündigter Runder Tisch mit Beteiligung aus BMKOeS, BMS, Sozialversicherungen, dem KSVF und Vertreter*innen der Unterzeichnenden hat stattgefunden, angekündigte weitere Schritte verliefen im Sand.

Ein Ergebnis haben wir trotzdem: In einem Punkt gab es zuletzt eine deutlich Verschlechterung. Die vom VfGH verfügte Einbeziehung mehrfach geringfügig Beschäftigter in die Arbeitslosenversicherung wurde vom BMA zum Anlass genommen, ebenjene Gruppe systematisch in die soziale Unsicherheit zu befördern.
Eine rechtsmaterien- und institutionenübergreifende Beratungsstelle und Informationen in mehreren Sprachen, aber zumindest auf Englisch, eine gute Absicherung von Solo-Selbstständigen im Krankheitsfall oder Anpassungen im Arbeitslosenversicherungsrecht gibt es nach wie vor nicht.

Das Positionspapier ist aktueller denn je:
https://kulturrat.at/sozialversicherung-fuer-kuenstler_innen-in-oesterreich
(https://tinyurl.com/23dczxwa)

Wir brauchen eine zukunftsorientierte und langfristig angelegte Strategie zur Verbesserung der sozialen Absicherung der Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen, die sonst in der (Alters)-armut und in den sozialen Transferleistungen landen. Wir wollen, dass die Künstler*innen aus eigener Kraft und aufgrund sie nicht benachteiligender Gesetze arbeiten, Einkommen erzielen und für ihre soziale Absicherung vorsorgen können. Hierfür brauchen sie die Unterstützung der Politik und der Gesetze!

Wir stehen für eine konstruktive Zusammenarbeit mit Ihnen als Vertreter*innen der Regierung weiterhin bereit! Die nächsten Wahlen stehen vor der Tür, die Zeit drängt.

Mit freundlichen Grüßen,

Kulturrat Österreich
Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden
IG Autorinnen Autoren
IG Freie Musikschaffende
IG Freie Theaterarbeit
Initiative Tanz und Bewegungskunst Österreich
vidaflex, Vereinigung der Ein-Personen-Unternehmen Österreich“

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