EU-Wahl als Richtungsentscheidung für Europa
Eineinhalb Wochen vor der EU-Wahl lautete in der heutigen Bundesratssitzung das Thema der Aktuellen Stunde „Zukunft der EU – Chancen und Herausforderungen der kommenden Legislaturperiode“. EU- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler rief die Bevölkerung dazu auf, am 9. Juni zu den Wahlurnen zu gehen. Sie betonte, dass es sich um eine entscheidende Wahl handle. In der Debatte machten die Fraktionen ihre Schwerpunkte bei der künftigen Gestaltung Europas deutlich.
ÖVP: Wertvolle Erfolgsgeschichte EU weiterentwickeln
Christian Buchmann (ÖVP/St) ging in seiner Rede auf die Vorteile der EU-Mitgliedschaft ein. Zudem wies er darauf hin, dass es „wie in jedem Projekt“ auch in der Europäischen Union Punkte gebe, bei denen es Weiterentwicklung bedürfe. Dazu zählen aus seiner Sicht die „großen Fragen“ wie beispielsweise innere und äußere Sicherheit, illegale Migration, der Green Deal, Europas Innovationskraft, Reindustrialisierung, Rohstoffsicherheit sowie die Chancen der Digitalisierung. Wichtig sei es laut Buchmann zudem im Hinblick auf eine EU-Erweiterung den Ländern des westlichen Balkans eine Perspektive zu geben und sie „nicht in andere Arme zu treiben“. Weiters solle Europa den Anspruch haben „Weltmeister der Talente“ und nicht „Champion bei der Bürokratie“ zu sein, so Buchmann. Auch Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP/V) meinte, dass eine „übermäßige Regulierung der Wirtschaft“ nicht gut sei und forderte die Schaffung eines unternehmerfreundlichen Umfelds. Zudem sprach sie sich dafür aus, Investitionen zu fördern, sodass Europa im globalen Wettbewerb bestehen könne.
SPÖ: EU ist mehr als reiner Binnenmarkt
Durch das „europäische Einigungswerk“ konnten sich viele Chancen realisieren lassen, sagte Elisabeth Grossmann (S/St). Besonders wichtig dabei seien der Friede und die positive wirtschaftliche Entwicklung in Europa. Auch im Bereich Arbeitsrecht sei „einiges gelungen“, wie die Einigung über die Richtlinie über Plattformarbeit. Durch die Entstehung neuer Arbeitsformen, komme es zu unerwünschten Entwicklungen, denen man entgegenwirken müsse. Dazu zähle laut Grossmann die Entstehung von „Diskontarbeitsplätzen“. Sie forderte daher diesbezüglich europaweite Kontrollen. Zudem kritisierte sie, dass die Umsetzung mancher EU-Vorgaben in Österreich nur sehr schleppend vorangehe, etwa beim Thema Lohntransparenz und beim Konsumentenschutz. In Bezug auf die Versorgungssicherheit sei es laut Grossmann wichtig, die Produktion – insbesondere von Medikamenten – wieder zurück nach Europa zu holen. Soziale Gerechtigkeit brauche es auch beim Klimaschutz, dieser solle für alle „lebbar und leistbar“ sein, so Grossmann. Claudia Arpa (SPÖ/K) sagte, dass gerade beim Thema Arbeit ein soziales Europa entschlossen agieren müsse und eine Sozialcharta von Bedeutung sei.
FPÖ fordert „mehr Österreich“ und „weniger EU“
Auch Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) betonte, dass sich Europa an einem „kritischen Scheidepunkt“ befinde. Bei der ÖVP ortete er „politische Schizophrenie“ und warf ihr vor, in Brüssel ihre „Janusköpfigkeit“ auszuleben. Er forderte eine Zukunft der EU ohne Kommissionspräsidentin Von der Leyen und Europaministerin Karoline Edtstadler. Zudem sprach sich Spanring vehement gegen den Vorschlag für das Renaturierungsgesetz aus, da dieses „unsere Bauern enteignen“ würde und eine „Gefahr für die Ernährungssicherheit“ sei.
Markus Leinfellner (FPÖ/St) ging auf die Abschlussveranstaltung zur „Konferenz zur Zukunft Europas“ von 2022 in der Hofburg ein. Er kritisierte Vorschläge für weitere Kompetenzverschiebungen an die EU. Es brauche stattdessen „mehr Österreich und weniger EU“.
Grüne: Europa muss stärker werden
Europa sei für junge Menschen „ein Versprechen“, meinte Marco Schreuder (Grüne/W). Österreich habe enorm profitiert vom EU-Beitritt, doch die FPÖ habe nur das Ziel die EU zu zerstören und Mauern und Grenzen wieder aufzubauen. Damit sei die FPÖ ein Handlanger jener Kräfte außerhalb Europas, die ein „zerstrittenes, zerklüftetes Europa“ möchten, sagte Schreuder. Er forderte ein „Ringen um Lösungen“, denn die globalen Fragen seien riesig und könnten von einem kleinen Land allein nicht gelöst werden. Es brauche Kooperationen, die Verhandlungen und Kompromissfindung mit sich bringen. Adi Gross (Grüne/V) betonte, dass Europa stärker werden müsse. Denn es gebe ein „Ende der Friedensperiode“ in Europa. Neue Blockbildungen würden die Machtgefüge in der Welt verschieben, so Gross. Wichtig sei daher eine gemeinsame Außenpolitik in Europa. Zudem dürfe man nicht alles, was einem „innpolitisch nicht passt“ auf Europa schieben. Eine Kernfrage sei der Klimaschutz, bei dem es gemeinsame und solidarische Lösungen sowie Planbarkeit brauche. Nur eine geeinte und gestärkte EU könne daher in eine gute Zukunft weisen, sagte Gross.
NEOS wollen „Vereinigte Staaten von Europa“
Auf die Vision seiner Fraktion von den „Vereinigten Staaten von Europa“ ging Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) in seiner Rede ein. Diese seien „stark und geeint“. Die Vereinigten Staaten von Europa würden Menschen und Klima schützen, „unsere Unabhängigkeit“ garantieren, für Sicherheit sorgen, Energie „wieder leistbar“ machen und Arbeit und Wirtschaft ankurbeln, erklärte Arlamovsky. Für die konkrete Umsetzung dieser Vision stellte er zehn Ideen der NEOS vor. Dazu zählen unter anderem „Bildungsfreiheit“, der gemeinsame Schutz der Außengrenzen, das Sprechen „mit einer Stimme“, ein gemeinsamer Energiemarkt, das Konzentrieren „auf das Große“, Investitionen in die Zukunft, die „Klima-Bepreisung“, eine gemeinsame Berufsarmee, Stärkung der Bürger:innenbeteiligung und die Verhinderung des „Öxit“.
EU-Ministerin Edtstadler: An einem Strang ziehen
Auf den Krieg in Europa und die Bedrohung des europäischen Lebensmodells ging EU-Ministerin Karoline Edtstadler in ihrer Rede ein. Die FPÖ trage zu Spaltung und Ausgrenzung bei, dies sei traurig und vor allem gefährlich, so Edtstadler. Wichtig sei es, an einem Strang zu ziehen. Ein starkes Europa müsse die geopolitischen Interessen wieder in den Vordergrund stellen, um in der großen Welt wahr- und ernstgenommen zu werden. Zudem müsse Europa nachhaltig nach innen gesichert werden durch die Stärkung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte. Es brauche außerdem eine Rückbesinnung auf die wirtschaftliche Stärke Europas. Edtstadler forderte, dass der „Binnenmarkt endlich vollendet“ und Europa ein „Weltmeister der Innovationen“ werden müsse. Dazu sei es notwendig, die Wettbewerbsfähigkeit „tatsächlich abzusichern“. Genauso könne auch die Absicherung des Friedens nur mit einem starken Europa gelingen, so die Ministerin. (Fortsetzung Bundesrat) bea
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