Integration: Raab kündigt neue „Grundregelkurse“ für Asylwerber:innen an
Was sind die Grundregeln des Zusammenlebens in Österreich? Wie verhält man sich, zum Beispiel im Asylverfahren? Was passiert bei einem positiven bzw. bei einem negativen Asylbescheid? Antworten auf diese Fragen sollen neu ankommende Asylwerber:innen künftig in verpflichtenden „Grundregelkursen“ erhalten. Wie Integrationsministerin Susanne Raab heute im Menschenrechtsauschuss des Nationalrats berichtete, sollen diese Kurse schon demnächst starten. Das genaue Curriculum ist zwar noch in Ausarbeitung, klar ist laut Raab aber schon, dass bei einer Nichtteilnahme eine Kürzung des Taschengelds droht. Auch Antisemitismus werde bei den Kursen Thema sein.
Bekräftigt wurde von Raab ihre Kritik an Wien. Sie ist nach wie vor davon überzeugt, dass sich deshalb viele Flüchtlinge in der Bundeshauptstadt niederlassen, weil die Höhe der Sozialleistungen – insbesondere für subsidiär Schutzberechtigte – höher sei als in anderen Bundesländern. Am vielfältigeren Arbeitsangebot könne es nicht liegen, meinte sie in Richtung SPÖ-Abgeordnetem Harald Troch, der zuvor auf bessere Arbeitsmarkt- und Bildungschancen in Wien verwiesen hatte. Bestätigt sieht sie sich dabei durch eine hohe Arbeitslosigkeit unter syrischen Flüchtlingen, die in Wien leben.
Einer Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge, um Wien zu entlasten, kann Raab in diesem Sinn weiterhin nichts abgewinnen. Sie sprach sich aber dafür aus, Flüchtlinge zu verpflichten, „in den Westen zu wechseln“, wenn ihnen dort eine Arbeitsstelle angeboten wird. Auch eine Wartefrist auf die volle Höhe der Sozialleistungen könnte ihrer Meinung nach dazu beitragen, Flüchtlinge rascher in den Arbeitsmarkt zu bringen.
Von Seiten der Abgeordneten hoben sowohl Grün-Abgeordnete Faika El-Nagashi als auch NEOS-Abgeordneter Yannick Shetty die Notwendigkeit hervor, mit der Integration von Flüchtlingen nicht erst nach einem abgeschlossenen Asylverfahren zu beginnen, sondern bereits „ab Tag 1“. Asylwerber:innen sollten schon von Beginn an Integrationsangebote wahrnehmen können und rasch an den Arbeitsmarkt herangeführt werden, sagte El-Nagashi. Wichtig sei es, mit der Integration dann zu beginnen, wenn es eine langfristige Aufenthaltsperspektive gebe, hielt Raab dazu fest. So hätten etwa Asylwerber:innen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit bereits Zugang zu Deutschkursen. Eine Evaluierung der Werte- und Deutschkurse findet Raab zufolge regelmäßig statt.
Gespräche über ORF-Gesetz-Novelle laufen
Anlass für die Ausführungen Raabs war eine Aussprache über aktuelle Themen mit der Ministerin, die nicht nur für Integration, sondern auch für Frauen, Familien und Medien zuständig ist. Dementsprechend breit war die Palette der von den Abgeordneten angeschnittenen Themen. So brachte etwa SPÖ-Abgeordneter Christian Drobits das weitere Abrutschen Österreichs im Pressefreiheitsindex von „Reporter ohne Grenzen“ zur Sprache. Gudrun Kugler (ÖVP) wertete es als wichtig, dass sich die Regierung auf internationaler Ebene weiterhin für Religionsfreiheit stark macht. Auch die Themen Gewaltschutz, Diskriminierungsschutz und Leihmutterschaft, die Leitkultur-Debatte, die Situation der österreichischen Volksgruppen, der bewusste Einsatz von sexueller Gewalt in Kriegen, der steigende Antisemitismus und weitere Themenbereiche standen zur Diskussion.
Dass Österreich im Pressefreiheitsranking unter anderem hinter Trinidad und Tobago und hinter Osttimor liegt, ist für Raab ein klares Zeichen dafür, dass es sich beim Ranking um eine „subjektive Erhebung“ handelt. Auch seien die Kriterien nicht zur Gänze zugänglich, kritisierte sie. Der Platz, den Österreich einnehme, werde jedenfalls dem, was österreichische Journalist:innen leisten würden, nicht gerecht. Auch verwies sie auf die neue Qualitätsjournalismusförderung und strengere Regeln für die Vergabe von Regierungsinseraten.
Zum VfGH-Urteil betreffend den ORF-Stiftungsrat und den ORF-Publikumsrat hielt Raab fest, der Verfassungsgerichtshof habe beide Gremien in ihren Grundzügen bestätigt und lediglich an Details Kritik geübt. Für die Novellierung des ORF-Gesetzes sei bis März nächsten Jahres Zeit, die Gespräche darüber würden laufen.
Raab: Im Bereich Gewaltschutz ist „viel weitergegangen“
In den letzten Jahren „viel weitergegangen“ ist Raab zufolge im Bereich des Gewaltschutzes. So sei das Budget massiv erhöht worden. Vor kurzem habe sie gemeinsam mit Justizministerin Alma Zadić auch die erste Gewaltambulanz in der Steiermark eröffnen können. Ebenso verwies sie auf die „gelungene“ Kinderschutzkampagne als Ergänzung zu gesetzlichen Maßnahmen.
Um die Koordination der einzelnen Stellen zu verbessern, ist laut Raab derzeit unter Einbindung der Frauen- und Opferschutzeinrichtungen eine Gewaltschutzstrategie in Ausarbeitung. Wichtig ist ihr außerdem, dass jede Frau weiß, wo sie Hilfe erhalte. Dazu soll auch ein einheitlicher Außenauftritt für Gewaltschutzzentren beitragen. Nicht weiter verfolgt wurde laut Raab der Vorschlag, eine dreistellige Notrufnummer für Frauen einzurichten: Sie verwies auf die Frauen-Helpline und die Notrufnummer der Polizei.
Auch spezielle Einrichtungen für Ukrainerinnen, die im Zuge des russischen Angriffskriegs Opfer von sexueller Gewalt wurden, gibt es laut Raab nicht. Es gebe aber Anlaufstellen für vertriebene Ukrainer:innen, die die Betroffenen an einschlägige Einrichtungen weiterleiten würden. In Sachen Religionsfreiheit wurde Raab zufolge eine eigene Ombudsstelle im Bundeskanzleramt zum Schutz von religiös verfolgten Minderheiten eingerichtet. Auf EU-Ebene setze sich Österreich für einen Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit ein. Als gut bezeichnete Raab die Zusammenarbeit zwischen den Religionsgemeinschaften in Österreich.
Zum Thema „Leitkultur“, das unter anderem FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst angesprochen hatte, merkte Raab an, Integration basiere aus ihrer Sicht auf drei Säulen: Sprache, Arbeit und Werte. Sie erwarte sich u.a. Respekt gegenüber Lehrerinnen, Ärztinnen und Polizistinnen. Einen Expertenbeirat zur Erarbeitung einer Leitkultur hat es ihr zufolge nie gegeben, wie sie NEOS-Abgeordnetem Shetty mitteilte. Sie tausche sich aber regelmäßig mit Expert:innen aus. Shetty hatte sich danach erkundigt, ob sich weitere Personen aus dem Beirat zurückgezogen hätten. Hinsichtlich des zunehmenden Antisemitismus verwies die Ministerin unter anderem auf das Projekt Likrat, das nun österreichweit ausgebaut werden soll. Dabei gehen junge Jüdinnen und Juden in Schulen, um über das „Jüdischsein“ zu sprechen.
Internationales Verbot von Leihmutterschaft
In Richtung SPÖ-Abgeordneter Petra Bayr bekräftigte Raab, sie sei eine Kämpferin für ein internationales Verbot von Leihmutterschaft. Das sei „eine zutiefst ausbeuterische Maßnahme“, meinte sie. Federführend zuständig sei in Österreich dafür aber das Justizministerium. Auch für die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes außerhalb der Arbeitswelt („Levelling up“) sieht sich Raab als die falsche Ansprechpartnerin, wobei sie grundsätzlich meinte, dass Österreich über einen guten Diskriminierungsschutz verfüge.
Was die seit langem diskutierte Reform der Volksgruppenbeiräte betrifft, machte Raab geltend, dass es dazu innerhalb der Volksgruppen nach wie vor keinen Konsens gebe. Der Prozess zu einer etwaigen Anerkennung einer jenischen Volksgruppe laufe auf Behördenebene und nicht auf politischer Ebene. Diese Gruppe sei aber jedenfalls bei der Roma-Strategie mitumfasst. (Fortsetzung Menschenrechtsausschuss) gs
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz