Notstand von Alleinerzieher*innen und neuer Rekordwert bei ihrer Armutslage
15% der Alleinerzieher*innen und ihre Kinder lebten 2023 in absoluter Armut, mehr als viermal so häufig wie Familien mit zumindest zwei Erwachsenen. Das geht aus der neuesten EU SILC Befragung hervor. Der neue Rekordwert erklärt sich durch hohe Kinderkosten, die Hyperinflation, fehlenden Kindesunterhalt und mangelhafte staatliche Unterstützung. Der Verein Feministische Alleinerzieherinnen – FEM.A ruft deshalb den Notstand der Alleinerzieher*innen aus.
Andrea Czak, geschäftsführende Obfrau des Vereins Feministische Alleinerzieher*innen – FEM.A: „Es besteht umgehender Handlungsbedarf. Alleinerzieher*innen und ihre Kinder befinden sich in einem akuten Notstand! Während der Bundeskanzler doch tatsächlich nicht verstehen will, warum nicht alle Eltern es schaffen, ihren Kindern jeden 2. Tag eine warme Mahlzeit zu bieten, kämpfen nunmehr 15 % der Alleinerzieher*innen darum, ihre Kinder mit dem allernötigsten zu versorgen. Wo bleibt der Staat, wenn die Väter keinen Kindesunterhalt zahlen?
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Menschen, die in absoluter Armut leben, können sich zum Beispiel keine warme Mahlzeit jeden zweiten Tag leisten, abgenutzte Kleidung ersetzen oder mindestens einmal im Monat Freund*innen oder Familie zum Essen oder Trinken treffen.
Statt dem Regierungsziel, die Geldarmut zu halbieren, ist sie die Armut bei Alleinerzieher*innen um 28% gestiegen: Im Jahr 2023 lebten 41% der Alleinerzieher*innen in Armut und 48 % waren armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Das ist, im Vergleich zu anderen Familien mit Kindern fast dreimal so häufig. Unter den Kindern bis 14 Jahren in Ein-Eltern-Haushalten waren sogar 53% armuts- oder ausgrenzungsgefährdet.
Die OECD hat berechnet, dass die Kinderarmut Österreich jährlich 17,2 Milliarden Euro kostet. Ob der fatalen Auswirkungen ist es umso wichtiger, die Kinderarmut endlich ernst zu nehmen und zielgerichtete Maßnahmen zu setzen. Österreich zählt zu den reichsten Ländern der Welt, es gibt hierzulande etwa gleich viele Millionär*innen und Milliardär*innen wie armutsgefährdete Kinder.
Die Gründe für die Armut von Alleinerzieher*innen und ihrern Kinder sind vielfältig: Die Kinderkosten in Ein-Eltern-Haushalten sind fast doppelt so hoch im Vergleich zu Paarfamilien. Das ergibt sich durch die ähnlichen hohen Fixkosten für Wohnen und Haushaltsenergie bei Alleinerzieher*innen wie bei Zweielternfamilien. Darüber hinaus sind Alleinerzieher*innen von der Hyperinflation besonders betroffen, weil sie gezwungen sind, ihr niedriges Einkommen zur Gänze zur Deckung des Lebensbedarfs ausgeben müssen. Zusätzlich ist die Inflation in genau diesen Bereichen überproportional gestiegen: Mieten, Lebensmittel und Haushaltsenergie. Nur die Hälfte der Kinder von Alleinerzieher*innen bekommt Unterhalt vom Vater,. Anspruch auf den staatlichen Unterhaltsgarantievorschuss hat aufgrund der restriktiven Zugangsvoraussetzungen nur eines von zehn Kindern. Durch väterfreundliche UnterhaltsgGesetze bekommen Kinder, die Unterhalt erhaltenbekommen, auch nur einen Bruchteil der Kinderkosten ersetzt. Im Jahr 2021 lag der Deckungsgrad mit 304 EUR Kindesunterhalt pro Kind gerade einmal bei etwa einem Drittel der Kinderkosten.
Auch steuerlich werden Alleinerzieher*innen benachteiligt: Zumindest die Hälfte des Familienbonus` geht in der Regel an die Väter, die Kinder profitieren also nicht davon. Außerdem können sich Väter, die Unterhalt bezahlen, einen Teil durch den Unterhaltsabsetzbetrag über die Arbeitnehmer*innenveranlagung zurückholen. Mütter, die für ihre Kinder keinen Unterhalt bekommen und subsidiär für den Vater zur Gänze für ihre Kinder aufkommen müssen, bekommen keinerlei Steuererleichterungen. Vor dem Hintergrund der Steuerfreiheit von Vermögen, einer immer noch nicht umgesetzten Finanztransaktionssteuer und den 1,4 Milliarden Euro an COFAG Hilfen, die zur Gänze in Unternehmenshilfen geflossen sind, mutet die Untätigkeit der Regierung angesichts der Armut der Alleinerzieher*innen zynisch an.
Einmalzahlungen wie der Wohnschirm sowie der Kinderzuschuss haben 2023 zwar eine Katastrophe verhindert, es braucht jedoch angesichts der weiterhin hohen Inflation eine nachhaltige und strukturelle Absicherung von Alleinerzieher*innen und ihren Kindern. Der Verein Feministische Alleinerzieherinnen vertritt die Position, dass Regierungen, die Gesetze schaffen, die es Kindesvätern erlauben, sich ihrer Verantwortung ohne oder mit symbolischen Unterhaltszahlungen zu entziehen, für die von ihnen sollten genau für die von ihnen verursachte Kinderarmut einstehen sollten.
Andrea Czak, FEM.A: „Derzeit wird Müttern die gesamte Bürde der Zahlungsunwilligkeit der Väter aufgehalst. Der Staat schont das Vermögen und die Einkommen der Väter. Wir fordern die Regierung auf, umgehend wirkungsvolle Maßnahmen zu setzen, um die finanzielle Krise von Alleinerzieher*innen zu beenden! Eine Trennung für Frauen, insbesondere bei häuslicher Gewalt, muss möglich sein und darf nicht durch fehlende finanzielle Mittel verhindert werden! Ausreichend finanzielle Mittel zum Leben sind ebenfalls Gewaltschutz – sie verhindern finanzielle Gewalt gegen Frauen in Partnerschaften.
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Zur Organisation:
Der Verein Feministische Alleinerzieherinnen – FEM.A ist in Österreich einzigartig mit seinem Beratungs- und Serviceangebot rund um die Themen Unterhalt, Obsorge und Kontaktrecht. Es reicht von kostenlosen Webinaren mit Rechtsanwältinnen und Psychologinnen, Entlastungsgesprächen am kostenlosen FEM.A Telefon, bis zu Informationen auf der Website, in einem regelmäßigen Newsletter, sowie auf diversen Social-Media-Kanälen, Vernetzung, Erfahrungsaustausch und Lobbying.
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