Abgeordnete richteten Fragen zur Bewältigung des Familienzuzugs, der täglichen Turnstunde und zu KI-Pilotschulen an den Bildungsminister
Am Beginn der Tagesordnung des heutigen Unterrichtsausschusses stand eine Aussprache mit Bildungsminister Martin Polaschek sowie die Beratung über den von Polaschek vorgelegten Bericht über die EU-Vorhaben im Bildungs- und Forschungsbereich für das Jahr 2024.
Das breite Themenspektrum der Fragen der Abgeordneten an den Minister reichte von den Herausforderungen für den Schulbereich durch Familienzusammenführungen aus dem Ausland über die tägliche Turnstunde und das Programm der KI-Pilotschulen bis hin zur Gewaltprävention an den Schulen.
Herausforderungen im Schulbereich durch Familienzusammenführungen
Durch den starken Familienzuzug von Flüchtlingen komme es derzeit pro Monat zu einem zusätzlichen Bedarf von rund 15 neuen Schulklassen. Dies habe zur Folge, dass „Container-Dörfer“ entstehen würden, kritisierte Hermann Brückl (FPÖ). Er fragte Unterrichtsminister Polaschek, wie er mit dieser Entwicklung umgehen wolle. Christian Oxonitsch (SPÖ) wollte wissen, ob zusätzliche Mittel für die Schulen zur Bewältigung dieser Situation vorgesehen seien. Die in Österreich neu ankommenden Kinder seien „unsere Kinder“, betonte Sibylle Hamann (Grüne). Ihr Potential solle zum Einsatz kommen, daher müsse die Frage gestellt werden, wie man ihnen helfen und sie unterstützen könne.
Der Begriff „Container-Dörfer“ sei abwertend und sollte nicht genutzt werden, meinte Martin Polaschek. Er stehe bezüglich des starken Zuzugs in Wien mit dem Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr sowie der Bildungsdirektion in intensivem Austausch. Mittelfristig müsse es natürlich gelingen, entsprechend Raum in Schulgebäuden für alle zur Verfügung zu stellen, so Polaschek.
Bewegung und Sport in der Schule
Nach den aktuellen Stand der Ausrollung der „täglichen Turnstunde“, die bis zum Schuljahr 2034/35 flächendenkend kommen solle, erkundigte sich Petra Tanzler (SPÖ). Hermann Brückl (FPÖ) bezog sich auf eine schriftliche Anfrage an Minister Polaschek zum Thema Nachqualifizierung für Diplom-Sportlehrer:innen und fragte nach den geplanten weiteren Schritten, da in dieser Sache eine Zustimmung aus dem Sportministerium nicht erfolgt sei.
Bei der Einführung der „täglichen Bewegungseinheit“ sei man auf einen guten Weg, der allerdings bis zum Vollausbau noch weit sei, antwortete Polaschek. Die Ausrollung erfolge schrittweise. Eine erste Evaluierung habe gezeigt, dass die tägliche Bewegungseinheit gut angenommen werde. Er hoffe, dass der Vollausbau rascher gelingen werde, als derzeit vorgesehen.
Zur Anfrage von Hermann Brückl hinsichtlich der Nachqualifizierung von Sportlehrer:innen sagte Polaschek, dass man „dran bleiben“ und auf eine Lösung drängen werde, da Änderungsbedarf bestehe.
Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI)
Rund 320.000 digitale Geräte wurden bereits an Schulen ausgegeben. Nach dem Erfolg dieser Initiative erkundigte sich Martina Künsberg Sarre (NEOS). Katharina Kucharowits (SPÖ) wollte wissen wie viele der digitalen Geräte an Lehrer:innen ausgegeben wurden.
Die ausgegebenen digitalen Geräte werden in den Schulen gut angenommen und eingesetzt, antwortete Polaschek. Im kommenden Jahr sollen weitere 90.000 Geräte an die Schulen ausgeliefert werden. Wenn es Bedarf für Lehrer:innen gebe, werden ihnen Geräte zur Verfügung gestellt, so der Bildungsminister.
Von Katharina Kucharowits (SPÖ) auf die Einführung von „KI-Pilotschulen“ angesprochen, sagte Polaschek, dass dafür von rund 400 Schulen Bewerbungen eingegangen und 100 Schulen aller Schultypen von einer Kommission ausgewählt worden seien. Auf Basis der künftigen Erfahrungen dieser 100 KI-Pilotschulen werde eine bundesweite KI-Strategie zu entwickeln sein, so Polaschek.
Kinderschutz und Gewaltprävention an Schulen
Warum es kein bundesweit einheitliches Kinderschutzkonzept gebe und für die Umsetzung der Konzepte kein zusätzliches Geld vorgesehen sei, wollte Petra Wimmer (SPÖ) wissen. Das Kinderschutzkonzept werde weitestgehend vom Bund vorgegeben, erklärte Polaschek, die spezifischen Risikopotentiale der einzelnen Schulen müssten jedoch an jedem Standort individuell festgestellt und entsprechend berücksichtigt werden.
Nach Gegenmaßnahmen hinsichtlich Gewalt und Radikalisierung an Schulen fragte Agnes Totter (ÖVP). Es gebe null Toleranz für Gewalt an Schulen, betonte Polaschek. Daher laufen zahlreiche Maßnahmen zur Gewaltprävention, darunter auch Initiativen des Innenministeriums. Zudem werde in den Lehrplänen soziale und emotionale Bildung berücksichtigt und das Budget für Workshops deutlich erhöht. Zur Stärkung der psychosozialen Gesundheit gebe es beispielsweise die Initiative „Wohlfühlzone Schule“. Von Petra Tanzler (SPÖ) darauf hingewiesen, dass eine höhere Zahl an Schulpsycholog:innen benötigt werde, sagte Polaschek, dass die Zahl der Schulpsycholog:innen und Sozialarbeiter:innen an Schulen bereits aufgestockt worden sei. Die Schule könne in diesem Bereich jedoch nur Schnittstelle sein, hier sei auch das Gesundheitsressort gefordert, so Polaschek.
Erfahrungen mit Quereinsteiger:innen in den Schulen
Nach einer ersten Bilanz zum Modell der Quereinsteiger:innen in den Lehrberuf erkundigte sich Martina Künsberg Sarre (NEOS). Das Interesse an einen Quereinstieg sei ungebrochen und ein großer Pool an qualifizierten Personen vorhanden, antwortete Polaschek. Die Zahl jener Quereinsteiger:innen, die aus dem Schuldienst bereits wieder ausgestiegen sind, sei gering. Derzeit sei noch nicht abschätzbar, wie viele Quereinsteiger:innen im kommenden Schuljahr aufgenommen werden.
Von Christian Oxonitsch (SPÖ) angesprochen auf eine Sicherstellung, dass Freizeitpädagog:innen in den Schulen künftig keine dienstrechtliche Schlechterstellung erfahren, verwies Polaschek auf laufende Gespräche mit der Gewerkschaft. „Einige gute Lösungen“ seien bereits gefunden worden und Polaschek hoffe, dass in den nächsten Wochen bei den Verhandlungen „ein Durchbruch“ erzielt werden könne.
Inklusion im Schulbereich
In Österreich seien rund 1.100 Pädagog:innen mit Behinderung tätig, laut Pflichtvorgabe müssten es aber mehr als 2.000 sein, sagte Sibylle Hamann (Grüne) und wollte wissen, wie hoch die dafür fälligen Ausgleichzahlungen seien. Polaschek bestätigte, dass die Vorgabe im Bundeschulbereich nicht erfüllt wird, daher sollen diesbezüglich Gespräche geführt werden. Im Ministerium selbst werde die vorgegebene Quote „übererfüllt“. Eine Ausgleichzahlung falle nicht an, da die Vorgaben für den Bund insgesamt erfüllt werden, so Polaschek.
Nach den Weiterentwicklungen im Bereich der Sonderpädagogik fragten Agnes Totter (ÖVP) und Petra Tanzler (SPÖ). Polaschek betonte, dass die persönliche Assistenz stark ausgebaut worden sei. Eine Überarbeitung der Lehrpläne im sonderpädagogischen Bereich sei dringend notwendig und gerade in Begutachtung. Ein im Ausschuss anwesender Experte des Bildungsministeriums legte zudem dar, dass derzeit die Verfahren zur Feststellung, ob ein Kind zusätzlichen Förderbedarf benötige, sehr lange dauern. Ziel sei es, diese Verfahren zu verkürzen und zu vereinfachen.
Von Katharina Kucharowits (SPÖ) nach dem Angebot des Fachs Gebärdensprache in Schulen gefragt, antworte Polaschek, dass diese bisher unverbindliche Übung künftig verbindlich werden solle, dazu aber noch Lehrer:innen benötigt werden. Kenntnisse der Gebärdensprache seien für alle „ein Gewinn“. Es sei ein „Durchbruch“, der hier erzielt werde, so Polaschek.
Weitere Themen: Besuch von Politiker:innen an Schulen, Talentförderung und Erwachsenenbildung
Hermann Brückl (FPÖ) erkundigte sich nach den Konsequenzen nach einer Schulveranstaltung, an der Lena Schilling teilgenommen habe, nachdem sie bereits als Kandidatin der Grünen für die EU-Wahl nominiert war. Ein Experte des Bildungsministeriums antworte, dass zu beachten sei, dass Schüler:innen ab 16 Jahren wahlberechtigt sind und daher ein politischer Diskurs mit ihnen stattfinden solle. Dieser habe in Schulen immer ausgewogen zu erfolgen und bei politischen Diskussionsveranstaltungen an Schulen sei eine Vor- und Nachbereitung vorzusehen. Einseitige Veranstaltungen sollen nicht mehr stattfinden. Es gebe diesbezüglich ein Rundschreiben an die Schulen.
Der Topf für die Talentförderung sei klein bemessen, meinte Martina Künsberg Sarre (NEOS). Polaschek verwies auf verschiedene Initiativen in diesem Bereich sowie auf Maßnahmen zur Forschungsförderung und Bekämpfung von Wissenschaftsskepsis. Eva Blimlinger (Grüne) betonte die Bedeutung der Erwachsenenbildung und erkundigte sich nach Maßnahmen in diesem Bereich. Polaschek verwies auf steigende Budgets sowie eine Bund-Länder-Vereinbarung über die Förderung von Basisbildung sowie zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses.
EU-Jahresvorschau 2024: Europäischer Hochschulabschluss soll grenzübergreifendes Studieren ermöglichen
Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde der Bericht von Bildungsminister Martin Polaschek über aktuelle EU-Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich für das Jahr 2024 (III-1101 d.B.). Als zentrales Ziel der EU-Bildungszusammenarbeit gilt die Schaffung eines Europäischen Bildungsraums bis 2025. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der automatischen Anerkennung von Lernaufenthalten im Ausland. Mit dem Arbeitsprogramm 2023/2024 von Horizon Europe, dem weltweit größten transnationalen Forschungsprogramm, investiert die EU rund 13,5 Mrd. Euro in Forschung und Innovation. Ein wesentlicher Teil dieser Mittel fließt in Maßnahmen zur Unterstützung des grünen und digitalen Wandels sowie für die Sicherheit, Widerstandsfähigkeit und eine nachhaltige Erholung nach der COVID-19-Pandemie.
Im Forschungsbereich seien die Rückflüsse nach Österreich höher als die Beiträge, betonte Polaschek. Eine Debatte auf europäischer Ebene werde sein, ob man künftig Forschungsprogramme auf Basis von Qualität oder als Strukturmaßnahme einsetzen wolle.
Nico Marchetti (ÖVP) fragte nach einem Resümee über das Programm Erasmus+. Das Budget dafür sei nochmals aufgestockt worden, nach der Pandemie würden die Anträge für Auslandaufenthalte – auch im Bereich der Erwachsenenbildung – wieder steigen, so Polaschek.
Nach den Folgen des Brexits im Bildungsbereich erkundigte sich Martina Künsberg Sarre (NEOS). Die noch vor dem Brexit begonnenen Programme seien fortgesetzt worden. Danach sei es allerdings zu einem Stillstand hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Großbritannien im Bildungsbereich gekommen, da Großbritannien kein Interesse an gemeinsamen Projekten mit der EU zeige, so Polaschek. Es gebe inzwischen ein britisches Stipendienprogramm, das sich allerdings weniger an die Mitgliedsstaaten der EU richte. Der wissenschaftliche Austausch mit Großbritannien sei damit weniger geworden, insbesondere auch, weil für Studierende die Beiträge an britischen Unis sehr hoch sind.
Von Katharina Kucharowits (SPÖ) angesprochen auf die nächsten Schritte zur Umsetzung des europäischen Bildungsraums sagte Polaschek, dass es intensive Gespräche gebe, um Lernmobilitäten noch stärker zu fördern, es europaweit jedoch sehr viel verschiedene Arten von Bildungsabschlüssen gebe und es daher schwierig sei, ein gemeinsames Curriculum zu beschließen.
Auf Nachfrage von Eva Blimlinger (Grüne) zur Initiative „Europäische Hochschulen“ antwortete Polaschek, dass die Beteiligungsquote der österreichischen Unis schon erfreulich sei. (Fortsetzung Unterrichtsausschuss) bea
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