Außenpolitischer Ausschuss: Schallenberg bekräftigt Forderung nach Feuerpause im Gazastreifen | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Außenpolitischer Ausschuss: Schallenberg bekräftigt Forderung nach Feuerpause im Gazastreifen

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Außenminister Alexander Schallenberg hat heute im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrats seine Forderung nach einer Feuerpause im Gazastreifen bekräftigt. Eine solche brauche es, um Geiseln aus dem Gaza heraus- und humanitäre Hilfe hineinzubringen, betonte er. Das habe zuletzt auch die EU unterstrichen. Langfristig sieht Schallenberg trotz der aktuellen Situation keine Alternative zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und der arabischen Welt und einer Zweistaatenlösung, weder die Israelis noch die Palästinenser würden "aus der Region verschwinden".

Zum geplanten Angriff Israels auf Rafah merkte Schallenberg an, solange es keinen umsetzbaren und glaubwürdigen Plan in Bezug auf den Umgang mit den derzeit dort lebenden 1,6 Millionen Menschen gebe, komme für ihn ein Bodenangriff nicht in Frage. Es gebe nicht den geringsten Zweifel am Selbstverteidigungsrecht Israels, erklärte der Minister, dieses sei aber "kein Blankoscheck". Die rote Linie sei das Völkerrecht, das auch im Gaza gelten müsse. Österreich hat ihm zufolge 23 Mio. € an humanitärer Soforthilfe für den Gazastreifen bereitgestellt.

Basis für die Diskussion bildete ein Bericht Schallenbergs über aktuelle EU-Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich, der mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen zur Kenntnis genommen wurde. Außerdem leiteten die Abgeordneten ein Änderungsprotokoll zum OPEC-Amtssitzabkommen einstimmig zur Ratifikation ans Plenum weiter. Dieses wurde notwendig, weil der Verfassungsgerichtshof eine Bestimmung im Abkommen als verfassungswidrig gewertet und damit erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik Teile eines Staatsvertrags aufgehoben hat.

Neue zweite Obmannstellvertreterin des Ausschusses ist Susanne Fürst. Sie folgt dem früheren außenpolitischen Sprecher der FPÖ Axel Kassegger nach, der beide Funktionen im November 2023 zurückgelegt hat.

Ukraine: Schallenberg sieht ernsthafte Signale aus Moskau als Voraussetzung für Friedensgespräche

In der EU-Jahresvorschau (III-1109 d.B.), über die auf Wunsch der SPÖ auch der Nationalrat diskutieren wird, informiert Schallenberg unter anderem darüber, dass sich Österreich bislang mit 153,5 Mio. € an den EU-Hilfen für die Ukraine beteiligt hat, bei einem Gesamtvolumen der Europäischen Friedensfazilität (EFF) von 5,5 Mrd. €. Heuer wird der österreichische Beitragsschlüssel von 2,79 % auf 2,87 % erhöht. Auch die Russland-Sanktionen, die Lage im Nahen Osten, die Herausforderungen im Migrationsbereich, das Bekenntnis Österreichs zur Erweiterung der EU um die Westbalkanstaaten und die Klimakrise werden im Bericht angesprochen.

In den Ausschussberatungen hob Schallenberg hervor, dass der russische Präsident Wladimir Putin die alleinige Verantwortung dafür trage, dass es mittlerweile mehr als zwei Jahre Krieg in Europa gebe, mit Zehntausenden Toten, Millionen Vertriebenen und ganzen Generationen, die traumatisiert seien. Putin habe den Krieg gestartet und könne ihn auch wieder beenden, meinte er. Sobald es Signale aus Moskau gebe, ernsthafte Gespräche führen zu wollen, würden Friedensbemühungen und Diplomatie wieder Raum bekommen. Nach Ansicht Schallenbergs müssten auch Drittstaaten wie China, Indien und Südafrika in solche Gespräche eingebunden werden, es brauche langfristige Sicherheitsgarantien.

Von NEOS-Abgeordneter Henrike Brandstötter auf immer wiederkehrende Berichte über russische Spionagetätigkeit in Österreich angesprochen, sagte Schallenberg, es würde wenig bringen, mehr russisches Botschaftspersonal aus Österreich auszuweisen. Schließlich seien viele russische Diplomaten bei internationalen Organisationen akkreditiert. Zudem habe sich das Botschaftspersonal seit Februar 2020 bilateral bereits um 15 % verringert.

Keine Beteiligung Österreichs an Militärhilfe für die Ukraine

Kritik von FPÖ-Abgeordnetem Volker Reifenberger, wonach sich Österreich durch seine Beteiligung an der Europäischen Friedensfazilität indirekt auch an militärischer Hilfe für die Ukraine beteilige, wies Schallenberg als unrichtig zurück. Es stimme nicht, dass das Geld "kein Mascherl" habe, erklärte er. Österreich beteilige sich weder an Waffen- und Munitionslieferungen noch an der Ausbildung ukrainischer Militärs und finanziere diese auch nicht, sondern leiste ausschließlich humanitäre Hilfe. Zum Auslaufen des Gastransitvertrags zwischen Russland und der Ukraine merkte der Minister an, die Ukraine habe internationale Verpflichtungen.  

Was die Russland-Sanktionen betrifft, wiederholte Schallenberg eine frühere Aussage, wonach diese niemals das Ziel gehabt hätten, Frieden zu schaffen. Vielmehr gehe es darum, Russland die Kriegsführung zu erschweren. Indirekte Sanktionen gegen Drittländer, die sich nicht an den Sanktionsmaßnahmen beteiligen, hält Schallenberg für ein heikles Thema, man versuche hier, einen Mittelweg zu gehen und auf Unternehmen zu fokussieren.

Gut durchdacht werden muss laut Schallenberg auch die Verwendung eingefrorener russischer Gelder zur Unterstützung der Ukraine. Das müsse rechtlich wasserdicht sein, bekräftigte er. Schließlich gehe es um einen Eingriff in Eigentumsrechte. In diesem Zusammenhang stellte der Minister klar, dass es bei den in Diskussion stehenden Geldern ausschließlich um die Abschöpfung von Zinsen gehe, die seit dem Einfrieren von Geldern der russischen Zentralbank angefallen seien.

In Richtung SPÖ-Abgeordneter Petra Bayr führte Schallenberg aus, spezielle humanitäre Visa für russische Oppositionelle oder ein Resettlementprogramm seien nicht in Planung. Russische Staatsbürger:innen, die in ihrer Heimat politisch verfolgt werden, könnten auf üblichem Weg in Österreich um Asyl anzusuchen. Laut Bayr ist das für viele russische Oppositionelle aber keine Option, da es ihnen die Chance nehmen würde, wieder in Russland einzureisen.

EU-Migratonsabkommen mit Ägypten

Noch gearbeitet wird Schallenberg zufolge an der Afrika-Strategie Österreichs. Dabei gehe es nicht nur um Migration und Sicherheit, sondern auch um wirtschaftliche Zusammenarbeit, Digitalisierung, Klimatechnologie und andere Fragen, betonte er. Das gelte auch für das EU-Migrationsabkommen mit Ägypten, bei dem Migration ebenfalls nur ein Teilaspekt sei. Die Stabilisierung des Landes ist für ihn letztendlich aber ohnehin die beste Strategie gegen illegale Migration, schließlich würden sieben Millionen Flüchtlinge aus dem Sudan in Ägypten leben. Schallenberg betonte außerdem, dass für die Rückübernahme von Flüchtlingen nicht immer Abkommen notwendig seien, häufig funktionierten diese auch auf Basis eines Memorandums of Understanding.

Davor hatte FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst beklagt, dass die Rückübernahme ägyptischer Bürger:innen ausdrücklich nicht Gegenstand des EU-Migrationsabkommens sei und dieses auch sonst nicht viel zur Begrenzung illegaler Migration enthalte. So sind ihr zufolge von den

7,4 Mrd. € lediglich 200 Mio. € ausdrücklich für den Kampf gegen illegale Migration vorgesehen.

Schallenberg begrüßt EU-Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina

Als wichtiges Signal wertete Schallenberg die formale Eröffnung der EU-Beitrittsgespräche mit Bosnien und Herzegowina. Das Land habe in den letzten Monaten mehr Tempo an den Tag gelegt als in den Jahren davor, sagte er. Klar ist für ihn aber auch, dass es keine Abstriche bei demokratischen Standards und Korruptionsbekämpfung geben dürfe. Generell hielt er zum Westbalkan fest, es gebe zwei Möglichkeiten: Entweder die EU exportiere Stabilität oder importiere Instabilität.

Ausschussvorsitzendem Christoph Matznetter (SPÖ) stimmte Schallenberg zu, dass man angesichts der großen Krisenherde andere Konflikte nicht aus den Augen verlieren dürfe. Als Beispiel nannte die SPÖ etwa die ethnischen Vertreibungen im Kaukasus, insbesondere was die Situation von Frauen und Kindern betrifft. Laut Schallenberg hat Österreich Armenien nach dem Massenexodus aus Berg-Karabach 2 Mio. € an Soforthilfe zur Verfügung gestellt. Insgesamt laufen ihm zufolge 187 Projekte im Land.

Konsularbereich: Schallenberg zieht positive Bilanz

Sehen lassen kann sich nach Ansicht von Schallenberg die Bilanz des letzten Jahres für den Konsularbereich. Das Außenministerium habe seine Aufgabe, Österreicher:innen im Ausland zu schützen, gut wahrnehmen können. Konkret verwies er etwa auf erfolgreiche Evakuierungen aus dem Sudan oder dem Gaza-Streifen. Auch den Abschluss mehrerer Rückübernahmeabkommen, die Eröffnung einer Botschaft in Bagdad und die Freilassung zweier österreichischer Staatsbürger im Iran hob er hervor.

Bei einem nach wie vor im Iran inhaftierten Österreicher strebt das Außenministerium ihm zufolge eine Begnadigung an. Zwar sei der Spionagevorwurf gegen den Betroffenen im Berufungsverfahren fallen gelassen worden, es bleibe aber der Umstand, dass dieser mit scharfer Munition und Waffen über die türkisch-iranische Grenze gefahren sei, informierte er FPÖ-Abgeordneten Martin Graf, der den Fall angesprochen hatte. Die neue Botschaft in Ghana soll nach Auskunft Schallenbergs im Sommer eröffnet werden.

Zur von ÖVP-Abgeordneter Bettina Rausch-Amon angesprochenen Zusammenarbeit der Donauraumländer hielt der Minister fest, die Donauraum-Strategie werde seiner Meinung nach unterschätzt. Schließlich würden in diesem Gremium Nicht-EU-Länder, EU-Beitrittskandidaten und EU-Länder zusammengebracht. Er selbst wolle demnächst alle Außenminister des Donauraums einladen, auch ein Bürgermeistertreffen sei in Planung.

"Längst fertig" ist laut Schallenberg der Außenpolitische Bericht 2022, nach dem sich sowohl SPÖ-Abgeordnete Bayr als auch NEOS-Abgeordnete Brandstötter erkundigt hatten. Er hätte ihn gerne schon vor einem halben Jahr dem Parlament vorgelegt, meinte er. Offenbar gebe es von Seiten des Koalitionspartners aber noch "Gesprächsbedarf".

Naher Osten: SPÖ und Grüne für Zweistaatenlösung

Von Seiten der Abgeordneten unterstrich Petra Bayr (SPÖ), dass die SPÖ schon seit Langem eine Feuerpause fordere, um Geiseln im Gazastreifen freizubekommen und humanitäre Hilfe leisten zu können. Langfristiges Ziel müsse es sein, die Sicherheit beider Völker in der Region zu garantieren, sagte sie.

Auch für ihren Parteikollegen Christoph Matznetter und Grün-Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic ist eine Zweistaatenlösung die einzige mögliche Option. Trotz des Hamas-Angriffs am 7. Oktober und der dadurch sehr zugespitzten Situation dürfe man dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren, mahnte Ernst-Dziedzic.

Was Russland betrifft, bedankte sich Jakob Schwarz (Grüne) ausdrücklich für die klaren Worte Schallenbergs nach dem Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny. Demgegenüber warf FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger der Regierung einmal mehr eine verfehlte Neutralitätspolitik vor. Es sei zwar "nett", wenn Österreich selbst keine ukrainischen Militärs ausbilde, meinte er, aber allein schon die Beteiligung an Finanzhilfen widerspricht ihm zufolge der Neutralität. Auch den Russland-Sanktionen kann er nichts abgewinnen. Was den Gastransit durch die Ukraine betrifft, verwies Reifenberger auf Aussagen von ukrainischer Seite, die er im Widerspruch zur Zuversicht des Außenministers sieht.

Henrike Brandstötter (NEOS) wies auf vielfältige Möglichkeiten hin, die Russland-Sanktionen zu umgehen. So würden Staaten im Kaukasus wie Kasachstan technologische Güter im Westen einkaufen und an Russland weiterleiten. Auch das Ausmaß der Exporte nach Georgien und Armenien sei zuletzt gestiegen.

Änderungen im OPEC-Amtssitzabkommen

Mit dem einstimmig angenommenen Änderungsprotokoll zum OPEC-Amtssitzabkommen (2413 d.B.) wird die Organisation erdölexportierender Länder völkerrechtlich dazu verpflichtet, für ihre etwa 150.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Rechtsschutzmechanismus für arbeitsrechtliche Streitigkeiten zu implementieren, der im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist. Zudem muss sich die OPEC künftig vor österreichischen Gerichten verantworten, wenn an sie eine zivilrechtliche Schadenersatzklage durch Dritte wegen eines Verkehrsunfalls mit einem der OPEC zuzurechnenden Fahrzeug ergeht. Abgesehen davon bleibt die Immunität der internationalen Organisation in Bezug auf die österreichische Gerichtsbarkeit aber bestehen.

Angestoßen wurden die Änderungen im OPEC-Amtssitzübereinkommen durch ein im Jahr 2022 ergangenes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Anlass dafür war die Beschwerde eines ehemaligen Angestellten, der sich aufgrund der der OPEC gewährten Immunität nicht an das Arbeitsgericht wenden konnte, ohne dass es einen alternativen Rechtschutz gegeben hätte. Ohne die vorgesehenen Adaptierungen würden Artikel 9 des Abkommens und weitere damit zusammenhängende Bestimmungen mit Ablauf des 30. September 2024 von den mit der Vollziehung berufenen Organen nicht mehr anzuwenden sein. (Fortsetzung Außenpolitischer Ausschuss) gs


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