Asylstatistik: Mehr als 95% der geflüchteten Kinder in Österreich verschwunden
Ein Drittel aller Asylanträge in Österreich kommen von Kindern, viele davon sind ohne Eltern nach Österreich geflüchtet. Obwohl die Zahl der Asylanträge von unbegleiteten geflüchteten Kindern in Österreich gesunken ist, bleibt der Anteil an vermissten Kindern erschreckend hoch. Amnesty International und asylkoordination österreich kritisieren die mangelnde Obsorge für geflüchtete Kinder und fordern sofortige Maßnahmen.
Die heute veröffentlichte Asylstatistik 2023 zeigt, dass über 95% der unbegleiteten geflüchteten Kinder, die im vergangenen Jahr in Österreich Asyl beantragt haben, verschwunden sind. Der Anteil der vermissten geflüchteten Kinder ist damit so hoch wie nie zuvor. Die alarmierende Zahl vermisster Kinder verdeutlicht das Versagen der österreichischen Behörden beim Schutz geflüchteter Minderjähriger, so Amnesty International und asylkoordination österreich. Überfüllte Erstaufnahmezentren und immer längeren Wartezeiten für Zulassungsverfahren verschärfen die Situation zunehmend.
Die Organisationen fordern die österreichische Regierung auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation für geflüchtete Kinder zu verbessern. Die dringendsten Aufgaben wären hierbei die Obsorge für geflüchtete Kinder ab dem ersten Tag und die Unterbringung in kindgerechten Unterkünften.
„Die mangelnde Obsorge für geflüchtete Kinder in Österreich ist ein unhaltbarer Zustand, der die Kinderrechte systematisch missachtet. Die Statistiken ändern nichts an der mangelhaften Obsorge, mit der geflüchtete Kinder in Österreich zu kämpfen haben. Unzureichende Betreuung, mangelnde Bildungsangebote und Perspektivlosigkeit prägen den Alltag dieser Kinder. Bund und Länder müssen endlich handeln und die Verantwortung für die Sicherheit und das Wohlergehen dieser schutzbedürftigen Gruppe übernehmen“, sagte Aimée Stuflesser, Expertin für Asyl und Migration bei Amnesty International Österreich.
„Die Situation in den Erstaufnahmezentren ist prekär, und grundlegende Probleme wie nicht kindgerechte Unterbringung in Großlagern und fehlende Obsorge bestehen unvermindert fort. Es braucht eine grundlegende Reform des Systems, um geflüchtete Kinder zu schützen. Die Politik muss endlich ihre Versprechen einlösen und Verantwortung für Kinderflüchtlinge übernehmen“, so Lisa Wolfsegger, Kinderflüchtlings Expertin von asylkoordination österreich.
Lange Wartezeiten und fehlende Obsorge verletzen Kinderschutz
Im Jahr 2023 beantragten 4.946 Minderjährige Schutz in Österreich. Im selben Zeitraum wurden 4.715 Asylanträge eingestellt, was 95,3 Prozent der Anträge entspricht, weil die betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht mehr auffindbar waren. Die österreichischen Behörden gehen davon aus, dass die meisten der Kinder und Jugendlichen in andere EU-Länder weiterreisen. Das genaue Schicksal eines Großteils der vermissten Kinder ist jedoch nicht bekannt.
Ein Hauptgrund dafür ist die fehlende Obsorge für geflüchtete Kinder in Österreich. Obwohl im aktuellen Regierungsprogramm die schnelle Obsorge für unbegleitete geflüchtete Kinder beschlossen wurde, steht die Umsetzung immer noch aus. Österreich verstößt damit gegen seine Verpflichtung zum Kinderschutz und ist europäisches Schlusslicht in der Übertragung der Obsorge.
Aktuell übernimmt niemand die Obsorge für die Kinder, so lange sie in Lagern wie Traiskirchen sind. Gleichzeitig werden die Erstaufnahmezentren, die unbegleiteten Minderjährigen bei ihrer Ankunft in Österreich nur eine vorübergehende Unterkunft bieten sollten, zur dauerhaften Station.
Geflüchtete Kinder verbringen durchschnittlich drei Monate ohne kindergerechte Betreuung in den Erstaufnahmezentren, in einigen Fällen sogar mehrere Jahre. Die lange Wartezeit erhöht nicht nur die psychische Belastung der Kinder, sondern untergräbt auch ihr Recht auf Bildung und Betreuung.
Die Großlager des Bundes sind die Folge der fehlenden adäquaten Betreuung. Die Bundesunterbringung versucht dies zu kompensieren, stößt aber an ihre Grenzen. Gleichzeitig sind die Zentren oft überfüllt und es fehlt an Personal und Ressourcen, um die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen angemessen zu erfüllen.
Zudem weigern sich die Bundesländer, die Obsorge zu übernehmen und die Kinder in besseren Einrichtungen in den Ländern unterzubringen. Dies führt dazu, dass ein Großteil der unbegleiteten geflüchteten Kinder in der Bundesgrundversorgung zwar das Zulassungsverfahren abgeschlossen haben, aber nicht überstellt werden.
Die verschränkten Problemlagen − zu wenig kindgerechte Betreuung und keine Klärung der Obsorge führen zu katastrophalen Zuständen. Amnesty International, asylkoordination österreich und zahlreiche andere Organisationen fordern seit Jahren, die Kinderrechte für diese vulnerable Personengruppe zu stärken.
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