Sobotka: Müssen Antisemitismus und Vorurteilen entschlossen entgegentreten | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Sobotka: Müssen Antisemitismus und Vorurteilen entschlossen entgegentreten

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Am 27. Jänner 1945 wurden die Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau befreit. 2005 haben die Vereinten Nationen den 27. Jänner zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust erklärt. Das Parlament begeht diese Woche den Gedenktag mit mehreren Zeichen der Erinnerung. So wird etwa die Fassade des Parlaments von 24. bis 28. Jänner 2024 mit dem Schriftzug #WeRemember beleuchtet, was darauf hinweist, dass das Hohe Haus an der digitalen Gedenkaktion #WeRemember teilnimmt, zu der der World Jewish Congress und die UNESCO seit 2017 aufrufen. Besucher:innen und Abgeordnete teilen Fotos von sich mit einer Tafel mit der Aufschrift "We Remember" in den sozialen Medien.

Die Lichtinstallation #WeRemember ist Teil eines Kunstkonzepts, das die Künstlerin Victoria Coeln zum Jubiläum von 75 Jahren der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen entworfen hat. Verschiedene Sujets zu Menschenrechtsfragen werden seit November 2023 an ausgewählten Tagen an die Fassade des Parlaments projiziert.

Am Donnerstagabend, 25. Jänner, wurde als weiteres sichtbares Zeichen des Gedenkens im Parlament das Kunstwerk "Kaddisch" präsentiert. Die Künstler Oskar Stocker und Luis Rivera haben dazu in der Säulenhalle des Hohen Hauses eine 30 Meter lange Leinwand angebracht, die eine künstlerische Interpretation des Kaddisch, eines der wichtigsten Gebete der jüdischen Liturgie, bietet. Die dargestellte Fassung des Gebets zur Heiligung des göttlichen Namens wird vor allem mit dem Gedenken an Verstorbene assoziiert.

Sobotka: Bildung ist wichtiger Schlüssel zur Überwindung des Antisemitismus

In seiner Begrüßungsansprache führte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka aus, dass neben dem Gedenktag des 5. Mai auch der 27. Jänner einen festen Platz im Kalender des Parlaments hat. Gerade jetzt zeige sich, dass die Notwendigkeit, dem Antisemitismus entgegenzutreten, so hoch wie nie zuvor sei. Die seit 2018 regelmäßig durchgeführten Studien des Parlaments zu Antisemitismus und Vorurteilen würden zeigen, dass an die 30 % der österreichischen Bevölkerung nach wie vor für Verschwörungstheorien und antisemitische Narrative anfällig seien.

Die Wochen im Gefolge des fürchterlichen Terroranschlags der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 würden die Anfälligkeit großer Bevölkerungsgruppen für antisemitische Stereotype leider bestätigen, führte Sobotka aus. Die Hamas habe bei der Planung ihres brutalen Anschlags in zynischer Weise bereits die Reaktion Israels einkalkuliert, um das Leid der eigenen Zivilbevölkerung für ihre propagandistischen Zwecke auszuschlachten. Antiisraelische Demonstrationen weltweit zeigten, dass dieses Kalkül leider vielerorts aufgehe. Umso wichtiger sei es daher, dass die internationale Gemeinschaft ihre gemeinsame Verantwortung gegenüber Israel wahrnehme und sich weiter um die Freilassung der Geiseln bemühe, die noch immer in der Gewalt der Terroristen seien. Er sei sehr froh, dass alle Fraktionen des Parlaments unmittelbar nach dem 7. Oktober einstimmig den Terror verurteilt und die Freilassung der Geiseln gefordert hätten, sagte der Nationalratspräsident.

Einer der Schlüssel, um den Antisemitismus, diese "zwei Jahrtausende alte Geißel der Menschheit", zu überwinden, sei Bildung, hielt Sobotka fest. Das Parlament leiste dazu mit vielfältigen Bildungsaktivitäten seinen Beitrag, etwa im Rahmen der Veranstaltungen der Demokratiewerkstatt, mit Workshops für Lehrlinge sowie Veranstaltungen und Ausstellungen. Er freue sich, dass es gelungen sei, die Installation von Oskar Stocker und Luis Rivera im Hohen Haus anlässlich des Gedenktags zu präsentieren. Die Intervention der beiden Künstler, die das gewohnte Erscheinungsbild der Säulenhalle verändere, erinnere an die nach wie vor anhaltenden Nachwirkungen der Shoah. Das Kunstwerk vermittle aber auch eine spirituelle Botschaft und die Mahnung: "Nie wieder ist jetzt!".

Kaddisch – eine Botschaft des Gedenkens in der Säulenhalle

Nach den Eröffnungsworten des Nationalratspräsidenten gab Oskar Stocker eine Einführung in das Werk. Die Installation "Kaddisch" hat Oskar Stocker gemeinsam mit Luis Rivera, einem in Graz lebenden Künstler, als Appell für Toleranz und Dialog gestaltet. Die Installation wurde erstmals 2018 in Salzburg gezeigt und konnte seitdem bereits in Graz und Innsbruck besucht werden. Stocker erläuterte, dass das Kaddisch-Gebet, das einen zentralen Platz in der jüdischen Liturgie habe, im eigentliche Sinne kein Totengebet sei, sondern ein Gebet der Heiligung, das in einer bestimmten Fassung auch dazu verwendet werde, um verstorbener Angehöriger zu gedenken.

Den Impuls zu dieser Installation hätten Gesprächen mit Marko Feingold, dem langjährigen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg und Überlebenden von fünf Konzentrationslagern, gegeben. Stocker betonte, dass es für ihn und seinen Mitstreiter Luis Rivera persönlich besonders berührend sei, die Installation nach mehreren Stationen nun auch im Zentrum der Demokratie vorstellen zu können. Die besonderen räumlichen Gegebenheiten des Parlaments hätten es erforderlich gemacht, eine neue Form der Präsentation zu finden. Die Leinwand mit dem Kaddisch schwebe nun als eine Art Baldachin in der Säulenhalle und schaffe dort eine besondere Atmosphäre.

Um den besonderen emotionalen Gehalt des Kaddisch-Gebets zu verdeutlichen, rezitierte Stocker das Gedicht "Kaddisch", das Friedrich Torberg 1943 verfasst hatte. Es ist Torbergs Reaktion auf die Nachricht, dass seine nächsten Angehörigen dem nationalsozialistischen Massenmord an Millionen Jüdinnen und Juden in Europa zum Opfer gefallen waren.

Shmuel Barzilai, Oberkantor der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, rezitierte das Kaddisch-Gebet. Anschließend gab es für die Gäste eine erste Gelegenheit, die Installation zu besichtigen. Die Kunstinstallation ist bis 8. Februar in der Säulenhalle des Parlaments zu sehen. (Schluss) sox

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.


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