TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Wenn der Sport mit Millionen jongliert“ von Peter Nindler
Offenbar spielen Österreichs Sportverbände in ihrer eigenen Blase: Die öffentliche Hand, der finanziell das Wasser bis zum Hals steht, soll trotzdem immer wieder die Schatulle für Sportinfrastruktur öffnen. Wie jetzt für das Flutlicht am Bergisel.
Langsam, aber sicher reizt der Sport die öffentliche Unterstützung aus. Der jetzt vom Österreichischen Skiverband (ÖSV) vom Zaun gebrochene Konflikt mit der Stadt Innsbruck über die Finanzierung einer Flutlichtanlage auf der Bergiselschanze offenbart das Selbstverständnis der Sportfunktionäre. Oder in diesem Fall vom Skiverband. Er hat stets die Nähe zu den politisch Mächtigen in Bund, Land und Stadt gesucht. Werden seine Wünsche dann nicht erfüllt, stellt er sich in den Schmollwinkel. Soll Bürgermeister Georg Willi (Grüne) im wahrsten Sinne des Wortes sofort springen, obwohl ihm eine 50-prozentige Budgetsperre auferlegt wurde, damit er ja keine Wahlkampfgeschenke verteilen kann?
Braucht es überhaupt die vier Millionen Euro teure Flutlichtanlage für zwei oder drei Springen im Jahr? Sinn würde die Investition nur machen, wenn das Stadion über den Sport hinaus öfters genützt werden könnte, was aufgrund der Anrainersituation nicht möglich ist. Vielleicht sollte der Sport einmal erkennen, dass wegen der krisen- und teuerungsbedingten Herausforderungen die öffentlichen Haushalte mehr als angespannt sind und Sparen angesagt ist. Allein Tirol verzeichnet 2024 einen Abgang von 178 Mio. Euro.
Vier Millionen fürs Bergisel-Flutlicht – aber kein Geld, um die Schwimmbäder für die Allgemeinheit zu erhalten: Das muss der ÖSV einmal den Tiroler Gemeinden erklären. Und die 28 Millionen Euro für die Sanierung des Igler Eiskanals passen ebenfalls ins Bild. Für wen? Ohne Athleten hätte nämlich entlang der Bob- und Rodelbahn beim Bob-Weltcup im Dezember gähnende Leere geherrscht. Öffentlichkeitswirksamer Sport sieht anders aus. Vom Breitensport gar nicht zu reden.
Selbst verteidigt der Sport stets seine scheinbar unantastbare Blase. Wo sind die Funktionäre – auch vom ÖSV –, die das aufgeblasene System mit jeweils drei Sport-Dachverbänden (ASVÖ, ASKÖ und Union) in allen neun Bundesländern und bundesweit endlich in Frage stellen? Würde ein Verband nicht ausreichen? Tirol wendet dafür 425.000 Euro im Jahr auf. Umwegrentabilitäten von Sportveranstaltungen sind das eine, das Machbare und das Sinnvolle das andere. Hier muss sich der Sport kritisch hinterfragen und nicht immer nur fordern.
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