Krisenstimmung im österreichischen Mittelstand, Pessimismus überwiegt
Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat im Rahmen seiner Wirtschaftsforschung nach der aktuellen und zukünftigen Wirtschaftslage der österreichischen Klein- und Mittelständischen Unternehmen gefragt. Die wichtigsten Ergebnisse sind:
- Lage noch (relativ) gut, aber Erwartungen stark negativ
- Geschäftsklima im Handel und Bau tief im roten Bereich
- Fast die Hälfte rechnet mit sinkenden Aufträgen und Umsätzen
- Angebotspreise stabilisieren sich
- 27% wollen Personal abbauen
- Ertragslage ist kritisch
- Investitionsbereitschaft bleibt stabil, aber Ersatzinvestitionen überwiegen
- 19,3% bekommen keinen Kredit
Der heimische Mittelstand steckt mitten im Wirtschaftsabschwung. Die Geschäftslage der Unternehmen hat sich in den letzten Monaten markant verschlechtert. Das zeigt die aktuelle Herbststudie der Creditreform Wirtschaftsforschung. Demnach belasten die Folgen von Inflation und allgemeiner Konjunkturschwäche viele kleine und mittlere Unternehmen schwer. Zudem wird die Unternehmensfinanzierung durch das hohe Zinsniveau erschwert. „Im Jahr 2023 dürfte es nicht mehr zu einem Wirtschaftswachstum kommen. Das Creditreform Klimabarometer für die mittelständische Wirtschaft rutschte erstmals seit dem Corona-Jahr 2020 wieder in den Minusbereich. Das lässt eine Rezession wahrscheinlich werden“, fasst Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer vom Österreichischen Verband Creditreform, die Ergebnisse zusammen. Mit minus 4,9 Punkten zeigt das Creditreform Konjunkturbarometer eine erhebliche Verschlechterung der mittelständischen Wirtschaftslage (Vorjahr: plus 7,4 Punkte).
Dabei verzeichnet das Baugewerbe einen besonders deutlichen Abwärtstrend, nachdem dieser Sektor lange Zeit ein Stabilitätsanker war. Im Handel übertrifft der Stimmungsabschwung sogar den Einbruch während der Corona-Zeit.
Bereits in den Sommermonaten 2023 sind die Auftragseingänge im Mittelstand eingebrochen. Mehrheitlich wurden von den Befragten Auftragsrückgänge gemeldet. So verzeichnete fast jeder zweite Befragte (49,3 Prozent) einen rückläufigen Auftragsbestand (Vorjahr: 34,6 Prozent). Steigende Auftragseingänge meldeten nur 12,4 Prozent der Unternehmen (Vorjahr: 19,4 Prozent).
„Die Umfragedaten zeigen: In den kommenden Monaten ist mit einer weiteren Eintrübung der Wirtschaftslage zu rechnen. Der Geschäftserwartungen im Mittelstand sind überwiegend pessimistisch“, sagt Weinhofer. Die Talsohle der aktuellen Krise dürfte somit noch nicht erreicht sein. Derzeit rechnen 46,7 Prozent der befragten Unternehmen mit sinkenden Aufträgen, nur 7,9 Prozent der Befragten erwarten einen Anstieg. Die konjunkturellen Rahmenbedingungen lassen derzeit keine Stabilisierung der Auftragslage zu. Im Gegenteil: Die Erwartungen der Unternehmen sind so pessimistisch wie seit über 20 Jahren nicht.
Teures Fremdkapital und Einbruch der eigenen Erträge
„Der Mittelstand gerät bei der Unternehmensfinanzierung immer mehr unter Druck. Eigenmittel, also selbst erwirtschaftete Erträge, fließen derzeit kaum. Dagegen steigen die Kosten für Fremdkapital massiv“, sagt Finanzexperte Weinhofer. Überwiegend hätten die befragten Unternehmen verschärfte Finanzierungsbedingungen gemeldet. Die Investitionstätigkeit werde dadurch bereits spürbar gebremst. „Steigende Zinsen und höhere Anforderungen von Kreditinstituten und Lieferanten belasten die Zahlungsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen“, so Weinhofer. Auch in den kommenden Monaten sei nicht mit einer Entspannung an der Zinsfront zu rechnen. Die befragten Unternehmen würden sogar weiter steigende Kreditzinsen erwarten. Zudem befürchtet fast jedes fünfte Unternehmen (19,3 Prozent), gar keinen Kredit mehr zu bekommen (Vorjahr: 15,5 Prozent).
Insolvenzen steigen weiter, Zahlungsmoral sinkt
Von Jänner bis September 2023 waren 4.016 Unternehmensinsolvenzen zu verzeichnen. Die Fallzahl erhöhte sich damit um 10,6 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (1.-3. Quartal 2022: 3.632). „In dieser Entwicklung spiegelt sich die angeschlagene Finanzlage vieler Unternehmen, aber auch die Nachwirkungen der Corona-Krise“, sagt Weinhofer. Am stärksten erhöht haben sich die Insolvenzen im Gaststätten- und Beherbergungswesen (plus 22,2 Prozent).
Gegenwind verzeichnen die mittelständischen Unternehmen auch durch die Verschlechterung der Zahlungsmoral. So blieben lediglich 22,9 Prozent der Unternehmen von Forderungsausfällen verschont, während 7,2 Prozent der Befragten größere Forderungsverluste von mehr als 1,0 Prozent des Umsatzes zu beklagen hatten (Vorjahr: 5,8 Prozent). Weitere 13,1 Prozent der Befragten waren von Ausfällen in Höhe von 0,5 bis 1,0 Prozent des Umsatzes betroffen.
Angesichts der angespannten Ertragslage dürfte sich die Eigenkapitalsituation im Mittelstand verschärfen. Schon in den vergangenen Monaten schrumpfte der Anteil der eigenkapitalstarken Unternehmen. Noch 44,8 Prozent der Unternehmen wiesen eine hohe Eigenkapitalquote von über 30 Prozent auf (Vorjahr: 46,2 Prozent). Auch der Anteil der eigenkapitalschwachen Unternehmen (Eigenkapitalquote unter 10 Prozent) ging zuletzt leicht zurück. 18,4 Prozent der Befragten wiesen eine sehr niedrige Eigenkapitalquote auf (Vorjahr: 19,1 Prozent).
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