„kulturMontag“: Bradley Coopers umstrittener „Maestro“, Behind-the-scenes der EU-Kulturpolitik, KI am Volkstheater
Wien (OTS) – Der von Clarissa Stadler präsentierte „kulturMontag“ am 11. Dezember 2023 präsentiert eine breite Themenpalette: So befasst sich die Sendung u. a. mit dem für „Jewfacing“ kritisierten neuen Film „Maestro“ von Hollywood-Star Bradley Cooper über Leonard Bernstein, weiters wirft das Magazin anlässlich der Wahl zum EU-Parlament im nächsten Jahr einen Blick hinter die Kulissen der europäischen Kulturpolitik und bringt außerdem erste Eindrücke der neuen Volkstheater-Produktion „Die Inkommensurablen“, bei deren Umsetzung Künstliche Intelligenz verwendet wird. Anschließend steht Barbara Weissenbecks neue Dokumentation „Vienna in Hollywood – Pioniere der Filmmusik“ (23.15 Uhr) auf dem Programm.
Genialer Musiker und Bonvivant – Bradley Coopers kritisiertes Biopic über Leonard Bernstein
Er gilt als eines der größten Musikgenies des 20. Jahrhunderts, war ein Ausnahmedirigent, Pianist und genialer Komponist – u. a. des Welthits „West Side Story“; er liebte Marlboros, Ballantine’s Scotch – und seine chilenische Frau Felicia, mit der er drei Kinder hatte. Er liebte aber auch Männer wie seinen Studenten Tom Cothran, für den er die Familie verließ. Der psychisch labile Künstler – gleichzeitig ein barocker Bonvivant – erlebte Phasen von exzessiver Lebensgier, die sich mit Zeiten der Angst vor künstlerischem Versagen abwechselten. Sein mit Mitte 20 diagnostiziertes Lungenemphysem und den recht bald prognostizierten Tod überlebte er bis zum Alter von 72. Hollywood-Star Bradley Cooper zeichnet nun das außergewöhnliche Leben Bernsteins in seinem Biopic „Maestro“ nach. Der Film, bei dem Cooper nicht nur Regie und Drehbuch verantwortet, sondern auch gleich in die Hauptrolle schlüpfte, wurde bei den Filmfestspielen in Venedig uraufgeführt und löste heftige Kontroversen aus. Der Vorwurf lautete „Jewfacing“, denn Cooper stelle den legendären US-Musiker mit übertriebener Nase dar und bediene damit jüdische Stereotype. Cooper rechtfertigte sich mit der Begründung, Bernstein in diesem emotionalen Drama möglichst ähnlich sehen zu wollen. Der „kulturMontag“ trifft RSO-Wien-Chefin Marin Alsop, deren Mentor Leonard Bernstein war, und spricht mit ihr über den Film und den herausragenden Künstler.
In Vielfalt geeint? Die europäische Idee und Kulturpolitik
Die Europäische Union ist eine Erfolgsgeschichte des Friedens und des Wohlstands. Doch in den vergangenen Jahren scheinen die Herausforderungen die Staatengemeinschaft zu überfordern. Nur noch 26 Prozent der EU-Bürger:innen und 19 Prozent der Menschen in Österreich sind davon überzeugt, dass die Dinge in die richtige Richtung laufen. Von der Schuldenkrise bis zur Migrationsfrage ringt Europa im globalen Wettbewerb um eine geopolitisch starke Stimme. Nächsten Juni wählen die 27 Mitgliedsstaaten der EU wieder ihre Abgeordneten zum Europäischen Parlament. Deren Volksvertreter:innen haben weitreichende Befugnisse, etwa die Mitwirkung an der Gesetzgebung in der EU oder demokratische Kontrollrechte in Bezug auf EU-Institutionen. Was die Kultur betrifft haben die Repräsentantinnen und Repräsentanten beim EU-Kulturminister:innenrat einen europäischen Fairness-Prozess zur Verbesserung der sozialen Bedingungen von Künstler:innen angeregt. Hintergrund der Debatte sind die jüngsten Empfehlungen einer EU-Expertengruppe, die einen EU-Rahmen für Arbeitsbedingungen im Kulturbereich, Fair Pay als Kriterium in nationalen sowie EU-Kulturförderprogrammen und die Stärkung der europäischen Zusammenarbeit einfordern. Doch wie funktioniert die Kulturpolitik der EU eigentlich, welche Aufgaben verfolgt sie, was wird gefördert und welche Maßnahmen werden getroffen? Der „kulturMontag“ mit einer Bestandsaufnahme.
Vorhang auf für die KI – „Die Inkommensurablen“ im Volkstheater
Digitalisierung und künstliche Intelligenz werden zunehmend auch in der Theaterwelt eingesetzt. Vor allem in der Bühnentechnik eröffnen sich mit den neuen Errungenschaften nie dagewesene Möglichkeiten. Diese zeigt das Wiener Volkstheater mit ihrer aktuellen Produktion:
Das deutsche Künstlerkollektiv rund um Nils Voges, Bruder des amtierenden Volkstheater-Direktors, hat sich den mehrfach preisgekrönten Roman „Die Inkommensurablen“ der österreichischen Autorin Raphaela Edelbauer vorgenommen. Die Geschichte, die in Wien am Vorabend des Ersten Weltkriegs spielt, wurde für die Bühne adaptiert und dabei die Künstliche Intelligenz eingebunden. „Live Animation Cinema“ nennen das Kollektiv ihr Genre-Format, eine Mischung aus klassischem Theater, Hörspiel, Performance und Video. Es ist eine optisch opulente Zeitreise, die das Publikum durch Prachtpalais sowie queere Unterweltlokale führt und die Stimmung im Wien der zerfallenden Habsburger-Monarchie spürbar macht. Der „kulturMontag“ bietet erste Einblicke in das ungewöhnliche Projekt und hat mit dem Künstlerkollektiv sputnic sowie Hauptdarstellerin Gerti Drassl gesprochen.
Neue Dokumentation „Vienna in Hollywood – Pioniere der Filmmusik“ (23.15 Uhr)
Österreich ist weltweit als Musikland bekannt. Dabei denken die meisten an die weltberühmten Klänge von Mozart, Beethoven, Strauss und anderer berühmter Klassik-Komponisten. Kaum jemand verbindet damit aber Filmmusik. Dabei mischt auch in diesem Genre Österreich auf Weltklasse-Niveau mit. Der oft betonte Unterschied zwischen so genannter E- und U-Musik für die großen Lichtspieltempel der Zeit – er hält so nicht. Österreichs Pioniere der Filmmusik erhielten eine klassische Ausbildung und schufen symphonische Werke, bevor sie nach Hollywood aufbrachen und dort Ruhm erlangten.
Barbara Weissenbeck spannt in ihrem Film den Bogen von den Anfängen der musikalischen Begleitung von Stummfilmen über die 1933 komponierte Filmmusik zu „King Kong“ durch den Österreicher Max Steiner bis hin zur Krise der Filmmusik-Industrie in den 1990er Jahren. Steiner, als „Vater der Filmmusik“ bezeichnet, brach 1929 nach Hollywood auf, komponierte an die 200 Soundtracks, wurde für 24 Oscars nominiert und gewann drei davon. Aber auch andere Giganten des Genres kommen zu Ehren, die wegen ihrer jüdischen Herkunft ins Exil gehen mussten: Erich Wolfgang Korngold, Hanns Eisler, Schüler von Arnold Schönberg oder Erich Zeisl.
Barbara Weissenbeck schildert in ihrer Doku auch, wie Filmmusik zu einem „kriegswichtigen“ Instrument wurde, dies- wie jenseits des Atlantiks. So entstand mit der Wien Film und der Synchronhalle 1938 das drittgrößte Filmstudio in Nazi-Deutschland, in der sämtliche Propagandafilme des NS-Regimes musikalisch vertont wurden. Die damals geschaffene Synchron-Bühne ist heute, Jahrzehnte später, eines der meistgebuchten Studios für die Produktion zeitgenössischer Hollywood-Musik.
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