Skandal-Aussagen im Nationalrat: ÖVP gesteht Pushback-Praxis ein (VIDEO)
Die ÖVP-Nationalratsabgeordnete Scharzenberger meinte in der 239. Sitzung des Nationalrats, an die FPÖ gerichtet: „In der Zeit als Kickl Innenminister war, wurde kein einziger Pushback angeordnet. Kein einziger! Deshalb reden Sie bitte nicht von Glaubwürdigkeit, wenn es darum geht, dass Staatsbürgerschaftsrecht verschärfen zu wollen. Wir treiben die Dinge voran. Unserem Bundesminister gelingt es, auf europäischer Ebene Verbündete zu finden für einen gemeinsamen Außengrenzschutz“.
"Erschütterndes Geständnis"
„Jeder weiß, dass Pushbacks illegal sind. Als Juristin müsste das Frau Mag. Scharzenberger umso mehr wissen und das gültige Recht zur Kenntnis nehmen. Frau Scharzenberger richtet uns im Orbanschen Rausch der nach Festung schreienden Gefühle aus, dass unter Karner Pushbacks in Österreich passieren und dass das unter Kickl nicht der Fall war. Das ist nicht nur ein erschütterndes Geständnis über einen offensichtlich völlig salonfähigen Rechtsbruch. Das ist auch ein demokratiepolitischer Skandal für einen Rechtsstaat.
Unsere Helfer:innen sehen seit Jahren nahezu täglich Menschen, die zurückgeschlagen nach illegalen Pushbacks nach Bosnien kommen und ihnen Verletzungen zeigen, die ihnen von der kroatischen Polizei zugefügt wurden. Einige der Bilder der Verletzungen schicken wir Ihnen im Video mit, Frau Nationalrätin. Die tausenden dokumentierten Menschenrechtsverletzungen betreffend Pushbacks, festgehalten im 'Black Book of Pushbacks' vom Border Violence Monitoring Network, können wir Ihnen auch gerne zustellen, müssen aber anmerken: Diese wurden bereits am 20. Juni 2021 vor dem Innenministerium der Menschenrechtssprecherin der ÖVP Gudrun Kugler übergeben.
Vor einigen Tagen habe ich persönlich erst wieder Gruppen getroffen, die illegal mit Gewalt in den Grenzfluss in Bosnien geworfen wurden und grün und blau geschlagen waren. Wir laden Sie, sehr geehrte Frau Scharzenberger, ein, sich die Lage an der EU-Außengrenze mit eigenen Augen anzusehen, bevor sie über etwas sprechen, was für Menschen Leid, Gewalt, illegale Zurückweisung bedeutet. Wovon Sie sprechen, das sind eindeutig rechtsfreie Räume. Insofern erwarten wir im Namen aller entrechteten und illegal zurückgewiesenen Menschen, aber auch aller Bürger:innen, die sich noch der Demokratie und dem Rechtsstaat verpflichtet fühlen, eine Entschuldigung für diese Aussage. Vom Innenministerium erwarten wir entsprechende Untersuchungen, ob es tatsächlich, wie die Aussagen der Nationalratsabgeordneten Schwarzenberger das in den Raum stellen, Anordnungen für illegale Pushbacks gibt.
Verwaltungsgerichtshof: Pushbacks sind illegal
Denn es gibt, abgesehen von der Rechtslage, hierzulande auch bereits glasklare gerichtliche Urteile dazu – sowohl über die Illegalität der Pushbacks an sich, als auch über die illegale Praxis, Menschen aus Österreich zurückzupushen. Es gab auch zwei konkrete Fälle, wo Menschen bis nach Bosnien bzw. Slowenien zurückgeschlagen wurden – und Gerichte in Österreich gaben den Betroffenen zweimal recht. Sogar der Verwaltungsgerichtshof stellte klar fest: Pushbacks sind illegal.
An dieser Stelle muss offensichtlich erinnert werden: Pushbacks verstoßen gegen das Europarecht, u.a. gegen das Verbot der Kollektivausweisung, das in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben ist. Derartige Rechtsbrüche sich – im Stile Viktor Orbans – auf die Fahnen zu schreiben, sagt leider viel über den real gewordenen Abbau und die Ignoranz gegenüber gültigen Gesetzen und Konventionen. Aber einen Vorteil hat das Ganze: Die Masken scheinen gänzlich zu fallen. Jede*r weiß, was passiert“, so Petar Rosandić, Obmann von SOS Balkanroute, in einer Aussendung.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. SOS Balkanroute