50+1 Jahre Behandlung Drogenabhängiger in Österreich: Jubiläumstagung des Anton Proksch Instituts | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

50+1 Jahre Behandlung Drogenabhängiger in Österreich: Jubiläumstagung des Anton Proksch Instituts

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„Auf dem Weg ins zweite halbe Jahrhundert: 50+1 Jahre Behandlung Drogenabhängiger in Österreich“: Unter diesem Motto hat sich das Anton Proksch Institut bei seinem zweitägigen Symposium in Wien mit der Entwicklung der Behandlung suchtkranker Menschen in Österreich auseinandergesetzt. In den Eröffnungsworten betonten Julia Drapela, Mitglied des Präsidiums der Stiftung Anton Proksch-Institut Wien, und Franz Pietsch, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Anton Proksch-Institut Wien, am Donnerstag die Wichtigkeit der Förderung der Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der chronischen Suchterkrankungen. Im Zuge der Jubiläumsfeier wurde deshalb auch ein neuer Forschungsförderungspreis der Stiftung Anton Proksch-Institut Wien für studentische Abschlussarbeiten zu Suchtthemen in Höhe von jeweils bis zu 10.000 Euro vergeben. Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien würdigte das Anton Proksch Institut als einen „Vorreiter in der Drogenbehandlung, immer an der Seite der Menschen und immer innovativ“.

Auf dem Programm standen außerdem zahlreiche Referate und Podiumsdiskussionen mit hochkarätigen Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland, welche die aktuelle Situation in der Behandlung Suchtkranker ebenso thematisierten wie die Herausforderungen der Zukunft.

Hacker: Anton Proksch Institut ist unverzichtbare Anlaufstelle für alle, die Hilfe brauchen

„Das Anton Proksch Institut steht seit mehr als 50 Jahren dafür, drogenkranken Menschen individuelle Hilfestellung auf höchstem medizinischem Niveau zu bieten, betonte Peter Hacker, Wiener Stadtrat für Gesundheit und Soziales, in einer Grußbotschaft. „Mit der Eröffnung einer kleinen eigenen Station im Jahr 1972 wurde der Grundstein für die Behandlung drogenkranker Menschen in Österreich gelegt. Mittlerweile ist das Anton Proksch Institut ein bedeutender Partner in der Wiener Versorgungslandschaft und eine unverzichtbare Anlaufstelle für alle, die Hilfe brauchen.“ Standen 1972 in der ersten Drogenstation Österreichs in Liesing nur neun Betten zur Verfügung, betreut das Anton Proksch Institut heute als führende Einrichtung für suchtkranke Menschen stationär etwa 210 und ambulant rund 480 Patientinnen und Patienten.

Lochner: Suchtkranke brauchen unseren besonderen Schutz

„Aktuelle gesellschaftliche Umbrüche schüren zunehmend Ängste. Das führt einerseits dazu, dass Menschen am Rande der Gesellschaft als Projektionsfläche für diese Ängste missbraucht werden, andererseits, dass die Entwicklung von Suchterkrankungen als Ventil für diese Ängste dient“, so Lochner. „Menschen mit Suchterkrankungen brauchen unseren besonderen Schutz. Wir erleben immer wieder, dass Suchtkranke zu Bittstellern degradiert werden, dem müssen wir entschieden entgegentreten und allen Erkrankten mit professioneller und zielgerichteter Behandlung zur Seite stehen, wie das seit Jahrzehnten im Anton Proksch Institut passiert“. Lochner verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Zusammenarbeit der Sucht- und Drogenkoordination Wien (SDW) und dem Anton Proksch Institut beim Hilfsangebot „API STEPS“, ein Programm für junge Wienerinnen und Wienern, die mit Suchtproblemen und gleichzeitig mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen haben.

Forschungsförderungspreis stärkt Forschungslandschaft

„Mit dem Forschungsförderungspreis der Stiftung Anton Proksch-Institut Wien wollen wir die Forschungslandschaft der österreichischen Suchtbehandlung stärken und innovative Nachwuchsforschung sichtbar machen“, betonte Drapela. Die diesjährigen Preisträger:innen sind: Dr. med. univ. Aylin Bilir für „Patterns of preoperative and postoperative analgesic prescriptions in the outpatient practice sector in Austria – a retrospective observational cohort study“,  Julius Schmöllerl für „Benzodiazepine in Wien – Eine Analyse hausärztlicher Verschreibungsraten anhand von Kassendaten“, Alexandra Karden, MSc, für „Drug Checking-Nutzung in Österreich und Identifizierung der damit assoziierten Charakteristika von Konsument:innen: eine retrospektive Datenanalyse einer österreichweiten Onlinebefragung“, Andrea Gamper, BBsc, für „Prävalenz des Substanzkonsums im österreichischen Straf- und Maßnahmenvollzug“ und Lena Pircher für „Retrospektive Analyse des Suchtverhaltens von Jugendlichen in Tirol vor und während der Pandemie – Risikofaktoren für gefährliches Konsumverhalten.“  Die Abwicklung des Forschungsförderungspreises wurde von der Gesundheit Österreich GmbH organisatorisch, inhaltlich sowie mit einer auf wissenschaftlichen Kriterien basierenden Vorauswahl und einer Rankingliste unterstützt.

Medizinische und therapeutische Antworten auf der Höhe der Zeit

„In der Vergangenheit ist vieles gelungen. Doch um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden, vor allem aber, um zukunftsfähig zu bleiben, müssen therapeutische Einrichtungen beweglich und flexibel sein. Es gilt, den neuen Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten gerecht zu werden“, so Prim. Dr. Wolfgang Preinsperger, ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts. „Zudem verändert sich auch der objektive Behandlungsbedarf. Neue Suchtformen wie Spielsucht oder Suchtgefährdungen aufgrund exzessiver Smartphone-Nutzung verlangen therapeutische Antworten und maßgeschneiderte Behandlungsansätze“, so Preinsperger weiter.

Im weiteren Verlauf der Tagung wurden unter anderem die Vorteile und Grenzen ambulanter, tagesklinischer und stationärer Therapieansätze beleuchtet. In Podiumsgesprächen ging es um Chancen und Fallstricke multidisziplinärer Zusammenarbeit in der Suchttherapie, ebenfalls thematisiert wurden Wege hin zu einer effektiven Suchtbehandlung. In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage erörtert, inwieweit digitale Tools bereits etablierte Methoden sinnvoll ergänzen können. In der Zusammenschau wurde deutlich, dass sich Suchtbehandlung zukünftig noch stärker in Richtung Individualisierung und Personalisierung des Angebots orientieren muss, um nachhaltig erfolgreich zu sein.  

Vom Genesungsheim zur führenden Suchtklinik Europas

Das Anton Proksch Institut hat die Geschichte der Drogenbehandlung in Österreich maßgeblich geprägt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es 1961, als das „Genesungsheim Kalksburg“ für alkoholkranke Männer eröffnet und damit der Weg für die heutige Suchtklinik geebnet wurde, keine vergleichbare Einrichtung gab, an der man sich hinsichtlich diagnostischer und therapeutischer Methoden hätte orientieren können.

1971 wurde erstmals versuchsweise mit der stationären Rehabilitation von Drogenabhängigen begonnen, ehe ein Jahr später jener Schritt gesetzt wurde, der das nunmehr 50-jährige Jubiläum begründen sollte (das die Verwerfungen der COVID-19-Pandemie in 50+1 verwandelten): die Eröffnung einer eigenständigen Drogenstation für Suchtkranke im Jahr 1972.  

Über die Stiftung Anton Proksch–Institut Wien

Die gemeinnützige Stiftung wurde 1956 als „Genesungsheim Kalksburg“ unter der Schirmherrschaft des damaligen Sozialministers Anton Proksch und auf Initiative von Univ. Prof. Hans Hoff und Dr. Emil Tuchmann gegründet. Die Stiftung kann jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Forschung, der Prävention und umfassenden Behandlung von Suchterkrankungen und ihrer Grunderkrankungen und Folgeerkrankungen („Komorbiditäten“), insbesondere durch die Erprobung von Präventions-, Frühinterventions-, Therapie-, Rehabilitations- und Reintegrationsmaßnahmen, der Erprobung von Medikamenten und der Erforschung des psycho-sozialen Umfeldes als Ursache der Sucht aufweisen.

Das Klinikum – Anton Proksch Institut

Umfasst heute in etwa 270 Betten, behandelt werden alle gängigen Formen der Sucht – Alkoholsucht, Abhängigkeit von illegalen Substanzen und Medikamenten, pathologisches Glücksspiel sowie Online-, Kauf- und Arbeitssucht. Eigentümer sind die VAMED und die Stiftung Anton Proksch-Institut Wien. Zusätzlich zur stationären Einrichtung in Liesing gibt es Ambulanzen und ambulante Suchtberatungsstellen in Wien-Wieden, Wien-Landstraße sowie in Baden, Mödling, Wr. Neustadt und Neunkirchen sowie eine stationäre Rehabilitationseinrichtung nach dem NÖ Sozialhilfegesetzt in Mödling.

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