„Tirol unter Palmen“: Neue „Menschen und Mächte“-Doku über das einzigartige „Alpen-Disneyland“ „Dreizehnlinden“ in Südamerika
Wien (OTS) – Vor 90 Jahren im Herbst 1933: Knapp hundert „Pioniere“ aus Österreich überqueren den Atlantik, um ein Stück Tirol in den brasilianischen Urwald zu verpflanzen. Anführer der Expedition ist der Tiroler Andreas Thaler. Der christlich-soziale Ex-Landwirtschaftsminister hat eine skurrile Vision: 30.000 katholische Landsleute sollen im Süden Brasiliens eine alpenländische Kolonie aufbauen. Die neue Siedlung in der Fremde wird auf den Namen „Dreizehnlinden“ getauft – auf Portugiesisch „Treze Tílias“. Und sie besteht bis heute. Rainer Mostbauer, der als ORF-Reporter seit mehr als zehn Jahren immer wieder aus Brasilien berichtet, dokumentiert in der neuen „Menschen & Mächte“-Dokumentation „Tirol unter Palmen“ am Mittwoch, dem 18. Oktober 2023, um 22.30 Uhr in ORF 2 ein faszinierend-schräges, aber auch einzigartig-absurdes Mini-Universum, in dem die Illusion einer „heilen Welt“ mit Tiroler Ursprung vermarktet wird. Um 23.20 Uhr folgt Katharina Heigls „Universum History“-Dokumentation Leopoldina Habsburg – Die Geburt des modernen Brasilien“.
Menschen und Mächte: „Tirol unter Palmen“ – Ein Film von Rainer Mostbauer
Als die Auswandererfamilien 1933 aufbrechen, hoffen sie auf ein besseres Leben in Südamerika. Denn die Wirtschaftskrise hat der österreichischen Bauernschaft schwer zugesetzt. Zehntausende Landwirte sind verarmt, da der Getreideverkaufspreis im Keller ist und die Bevölkerung sich bestimmte Nahrungsmittel nicht mehr leisten kann. Vielen Hof-Erben fehlt auch das Geld, um ihre teils mitarbeitenden Geschwister auszuzahlen. Manche dieser leer ausgehenden Familienmitglieder wollen Österreich deshalb den Rücken kehren und in Brasilien neu durchstarten. Der Exodus ins vermeintlich gelobte Land wird für die Neuankömmlinge aber zu einem beinharten Existenzkampf. Mehrmals droht das Projekt Dreizehnlinden zu scheitern. Siedlungsgründer Andreas Thaler kommt unter nie gänzlich geklärten Umständen 1939 ums Leben. Durch den „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland und den Zweiten Weltkrieg geraten die Auswanderer in Übersee zwischen die politischen Fronten. Selbst nach dem Krieg kommt die Siedlung bis in die 1970er Jahre nicht recht vom Fleck.
Und heute, 90 Jahre nach der Grundsteinlegung? Dreizehnlinden ist eine in ganz Brasilien bekannte Fremdenverkehrsgemeinde, ein von echten Bewohnerinnen und Bewohnern betriebenes „Alpen-Disneyland“ mit 9.000 Menschen. „Tirol unter Palmen“ geht der Frage nach, wie sich Dreizehnlinden zu einer derartigen Touristenattraktion mausern konnte.
Rainer Mostbauer beleuchtet in seinem Film die Höhen und Tiefen einer sonderbaren „Kolonie“: Wo es Schuhplattler-Gruppen gibt, die auch Samba tanzen könnten, wo eine der größten Molkereien Brasiliens steht, wo brasilianische Trachtenmode-Fans mit einem urwüchsigen Tiroler Dialekt überraschen – und wo Bildhauer leben, die Dreizehnlinden zu einer in ganz Brasilien bekannten Metropole für alpine Holzschnitzkunst gemacht haben. Gedreht wurde die neue ORF-Doku in Brasilien und in der Tiroler Gemeinde Wildschönau, die seit Jahren die Partnergemeinde von Dreizehnlinden ist. Interviews mit Zeitzeugen und Zeitzeuginnen sowie den Nachfahren von Siedlungsgründer Andreas Thaler in Brasilien und Österreich zeigen die kuriose Verkettung zweier Welten. Denn im Laufe der vergangenen 90 Jahre haben Hunderte Aussteiger Dreizehnlinden auch wieder verlassen, um nach Österreich auszuwandern.
Universum History: „Leopoldina Habsburg – Die Geburt des modernen Brasilien“ – Ein Film von Katharina Heigl
September 1822: Prinz Pedro I. und seine Gemahlin Leopoldina rufen das brasilianische Kaiserreich aus. Das Land sagt sich los von der Kolonialmacht Portugal, setzt der Ausbeutung und Fremdbestimmung ein Ende. Ein wagemutiger Schritt, der die Granden der europäischen Politik überrascht und verärgert. Hätte ihn das Herrscherpaar nicht gesetzt, würde es Brasilien in seiner jetzigen Form nicht geben – die Region wäre in Teilrepubliken zerfallen, zerrissen von einem Zweifrontenkrieg gegen Feinde in der Nachbarschaft und auf dem europäischen Kontinent. Visionärin und Schlüsselfigur in der Geschichte Brasiliens ist Leopoldine von Habsburg, die bis heute als „Mutter der Nation“ verehrt wird.
Der Film von Katharina Heigl, eine Koproduktion von SATEL Film, ORF und ZDF Arte, gefördert von Creative Europe – MEDIA Programme of the European Union, Fernsehfonds Austria, Filmfonds Wien, Land Niederösterreich und VAM, beleuchtet eine weitgehend unbekannte Episode in der Geschichte der Habsburger, in deren Zentrum die tragische Frauenfigur Leopoldina steht, deren Streben nach Wissen und Unabhängigkeit sie nicht vor Einsamkeit, Schmerz und den Zwängen des Patriarchats bewahren konnte. Das Dokudrama porträtiert diese außergewöhnliche Frau und legt gleichzeitig die Zusammenhänge zwischen europäischer und südamerikanischer Geschichte offen.
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