Wissenschaftsausschuss schafft Anreiz für kleinere Hochschüler:innenschaften, sich wirtschaftlich der ÖH zu unterstellen
Nachdem kleine Hochschülerschaften die Möglichkeit, sich wirtschaftlich der Österreichischen Hochschüler:innenschaft zu unterstellen, weitgehend nicht wahrgenommen haben, hat der Wissenschaftsausschuss sich mehrheitlich für eine Novellierung des Hochschüler:innenschaftsgesetzes ausgesprochen. Eine Neuverteilung der finanziellen Mittel an Hochschüler:innenschaften und Studierendenvertretungen soll nun einen deutlicheren Anreiz schaffen, diese Option wahrzunehmen.
Mit in Verhandlung stand ein Antrag der FPÖ, die verpflichtende ÖH-Mitgliedschaft abzuschaffen. Dieser wurde ebenso mehrheitlich vertagt, wie eine Initiative der Freiheitlichen, die sich gegen Vorgaben der Universitäten an Studierende richtet, in wissenschaftlichen Arbeiten Genderzeichen zu verwenden.
Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt wurden auch zwei Anträge der SPÖ auf die Schaffung der Möglichkeit eines Teilzeitstudiums und auf eine Korrektur in den Bestimmungen zu Kettenverträgen an Universitäten, die aus ihrer Sicht Frauen und einen Teil der Studienassistent:innen benachteiligen. Die NEOS beklagten in einem ebenfalls vertagten Antrag Nachteile für Quereinsteiger:innen in den Lehrer:innenberuf im bisherigen Modell gegenüber jenen im neuen und fordern deren Behebung.
Kleinere Hochschüler:innenschaft sollen sich in wirtschaftlichen Angelegenheiten ÖH unterstellen
Mit einer Novelle zum Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 (HSG) wird die Verteilung der Studierendenbeiträge neu geregelt (2201 d.B.). Insbesondere kleinere Hochschüler:innenschaften und Studierendenvertretungen an Bildungseinrichtungen, an denen keine Hochschüler:innenschaft eingerichtet ist, sollen mit den neuen Verteilungsschlüsseln finanziell bessergestellt werden. Die Änderungen schließen an eine zuletzt beschlossene Novelle des HSG an, die den bestehenden Hochschüler:innenschaften an Pädagogischen Hochschulen, Fachhochschulen und Privatuniversitäten ein Wahlrecht eingeräumt hat, ob sie weiterhin eine Selbstverwaltungskörperschaft bleiben oder in wirtschaftlichen Angelegenheiten auf eine Mitbetreuung durch die ÖH eingehen wollen. Damit reagierte der Gesetzgeber auf die Tatsache, dass gerade an kleinen postsekundären Bildungseinrichtungen die Vertretungen der Studierenden oft Schwierigkeiten mit ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit haben. Da aber aufgrund der geltenden Rechtslage ein Wechsel zu einer Mitbetreuung der ÖH zu finanziellen Einbußen geführt hätte, habe bisher nur eine einzige Hochschüler:innenschaft ihren Status als Selbstverwaltungskörperschaft aufgegeben, führt das Wissenschaftsministerium aus. Nun wolle man den Hochschüler:innenschaften an kleinen postsekundären Bildungseinrichtungen erneut ein solches Wahlrecht einräumen und dabei auch für einen entsprechenden finanziellen Anreiz sorgen, wird im Gesetzesentwurf ausgeführt.
Wissenschaftsminister Martin Polaschek stellte im Ausschuss zudem klar, dass mit der Aufgabe des Status als Selbstverwaltungskörperschaft eine Mitwirkung der ÖH beim Abschluss von Rechtsgeschäften einhergeht. Die Strukturen, also Hochschulvertretung und Studienvertretungen, sowie die Aufgaben im Sinne der Vertretung der Interessen der Studierenden, sollten weiterhin denen von Hochschüler:innenschaften entsprechen.
Aufgrund der Erfahrung, dass vor allem bei kleineren Hochschülerinnen:schaften oft Wirtschaftsreferent:innen mit sehr eingeschränktem Wissen in wirtschaftlichen Angelegenheiten gewählt wurden, solle mit der Novelle außerdem festgeschrieben werden, dass diese Personen über angemessene Kenntnisse in wirtschaftlichen Angelegenheiten verfügen oder sie zeitnah erwerben müssen, so Polaschek.
Nico Marchetti (ÖVP) und Eva Blimlinger (Grüne) betrachteten die Novelle als sinnvolle technische Anpassung. Blimlinger hob besonders die Mitwirkung der ÖH hervor, die dem Entwurf trotz unterschiedlicher Sichtweisen letztlich habe zustimmen können.
Auch Gerhard Deimek (FPÖ) konnte die Intention der Novelle nachvollziehen, stellte aber die "Zwangsmitgliedschaft" bei der ÖH generell in Frage. Mit in Verhandlung stand ein wiederaufgenommener Antrag des FPÖ-Abgeordneten Martin Graf, der deren Abschaffung forderte (3456/A(E)). Dieser wurde abermals vertagt. Wie Graf im Ausschuss ausführte, sage es schon viel aus, wenn eine Interessensvertretung nur unter Zwang funktioniere. Die Regierungsvorlage stelle lediglich ein "Herumdoktern" an Symptomen dar.
NEOS-Mandatarin Martin Künsberg-Sarre signalisierte die Zustimmung ihrer Fraktion zur Novelle und fragte Wissenschaftsminister Polaschek, wie viele Hochschüler:innenschaften das Angebot einer wirtschaftlichen Mitbetreuung durch die ÖH voraussichtlich annehmen würden. Dieser antwortete, dass er auf der Basis von Vorgesprächen von einer Anzahl von fünf bis zehn Institutionen ausgehe. Die Regierungsvorlage wurde mehrheitlich – ohne die Stimmen der Freiheitlichen – angenommen.
SPÖ: Teilzeitstudium für Studierende ermöglichen
Andrea Kuntzl und Katharina Kucharowits (beide SPÖ) fordern vom Wissenschaftsminister den Entwurf einer Novelle des Universitätsgesetzes (UG), das Bestimmungen zur Umsetzung eines Teilzeitstudiums zum Inhalt hat. Die Erarbeitung der Entwurfsvorlage soll unter Einbindung der Österreichischen Hochschüler:innenschaft erfolgen (3597/A(E)).
Kuntzl erklärte im Ausschuss, dass diese Idee leicht umsetzbar wäre und vielen Studierenden das Leben erleichtern könnte. Außerdem finde sie auch im Regierungsprogramm Niederschlag, wie Eva Maria Holzleitner (SPÖ) betonte.
Nico Marchetti (ÖVP) verwies auf bereits eingesetzten Arbeitsgruppen zu dieser Thematik, die einhellig zu der Auffassung gelangt seien, dass es hier keine Änderung des Studienrechts brauche. Es handle sich eher um eine Frage der Organisation der Universitäten selbst. Zudem sei die rechtliche Verankerung eines Teilzeitstudiums nur sehr schwer umzusetzen, ergänzte Eva Blimlinger von den Grünen.
Martin Graf (FPÖ) sah "keinen Bedarf" an einer solchen Regelung, da sich bereits jetzt jeder sein Studium selbst einteilen könne und es auch ausreichend Möglichkeiten gebe, berufsbegleitend zu studieren. Martina Künsberg Sarre (NEOS) hielt die gesetzliche Regelung eines Teilzeitstudiums hingegen sehr wohl für notwendig, da es zurzeit vom Entgegenkommen der Universitäten abhänge, inwieweit ein solches möglich sei.
SPÖ sieht Nachbesserungsbedarf bei Kettenvertragsregelung
Andrea Kuntzl sieht auch Bedarf an einer Korrektur des § 109 im Universitätsgesetz (UG), der die Frage der Kettenverträge regelt (3598/A(E)). Elternkarenzzeiten würden an manchen Universitäten voll in die Berechnung der lebenslangen Kette von Dienstverträgen miteinbezogen, da während der Karenzzeit ein aufrechter Dienstvertrag bestehe. Das zeige eindeutig, dass die Novellierung der Kettenvertragsregeln fehlerhaft sei oder fehlerhaft umgesetzt werde, so Kuntzl. Da eben keine weiteren Dauerstellen geschaffen werden, bedeute diese strenge Auslegung der Bestimmung des UG de facto eine Diskriminierung von Frauen, die deutlich mehr Elternkarenzzeiten als Männer in Anspruch nehmen.
Ebenso ist laut Kuntzl die Anrechnung von Projekt-Studienassistenzen in die Berechnung der Kette der Dienstverhältnisse unklar. sie fordert daher eine Novellierung der Bestimmung des § 109 des Universitätsgesetzes, die die "diskriminierende Praxis" der Anrechnung von Elternkarenzzeiten beseitigt und die offensichtliche Gesetzeslücke betreffend der Anrechnung der Dienstverträge von Projekt-Studienassistent:innen, die aus Drittmitteln bezahlt würden, schließt.
Ihren Vertagungsantrag argumentierte Martina Kaufmann (ÖVP) mit bereits laufenden Gesprächen hinsichtlich einer Novelle des Universitätsgesetzes. Martin Graf (FPÖ) äußerte die Zustimmung seiner Fraktion zum SPÖ-Antrag, da Regelungsbedarf vorliege. Eva Blimlinger (Grüne) sprach vom "Mühsal" bereits erfolgter Anpassungen, sah jedoch auch die Möglichkeit noch an der "einen oder anderen Schraube zu drehen".
FPÖ gegen Zwang zum Gendern bei wissenschaftlichen Arbeiten
FPÖ-Mandatar Martin Graf sieht bestätigt, dass es einen Zwang zum "Gendern" bei wissenschaftlichen Arbeiten gibt, die an Universitäten eingereicht werden (3600/A(E)). Die Bundesregierung habe im Jänner 2023 einen FPÖ-Antrag, der Wissenschaftsminister solle Schritte gegen den Zwang zur mehrgeschlechtlichen Schreibweise mit Genderzeichen an Universitäten setzen, mit der Begründung abgelehnt, dass kein Handlungsbedarf erkennbar sei. Laut Graf zeigen jedoch jüngste Beispiele, dass die Nichtverwendung von bestimmten Schreibweisen, wie etwa Genderzeichen, an einigen österreichischen Universitäten zu Punkteabzügen oder sogar zur Zurückweisung von schriftlichen Arbeiten führt, wie er im Ausschuss erklärte. Der Abgeordnete erneuert daher seine Forderung, die Universitäten anzuweisen, den Zwang zur mehrgeschlechtlichen Schreibweise mit Genderzeichen zu unterbinden.
Den Vertagungsantrag stellte Sibylle Hamann (Grüne) mit der Begründung, dass eine geschlechtergerechte Formulierung wichtig für die Sichtbarkeit aller sei. Dies sei auch mittlerweile Standard in sämtlicher öffentlicher Kommunikation. Außerdem liege die Frage der Beurteilung von wissenschaftlichen Arbeiten innerhalb der universitären Autonomie, so Hamann. Auch ÖVP-Abgeordnete Gertraud Salzmann hielt geschlechtergerechte Sprache in allen öffentlichen Bereichen für unabdingbar und auch im Privaten für sinnvoll. Nicht nachvollziehen könne sie jedoch, wenn wissenschaftliche Arbeiten aufgrund fehlender Verwendung von gedergerechter Sprache negativ oder nicht beurteilt würden.
NEOS wollen Öffnung des Hchschullehrgangs Quereinstieg auch für Sondervertragslehrkräfte
Martina Künsberg Sarre (NEOS) ortet Mängel in dem seit Beginn des Schuljahres 2023/24 bestehenden neuen Quereinstiegsmodell für den Lehrer:innen-Beruf (3581/A(E)). Während neue Quereinsteiger:innen einen regulären Dienstvertrag erhalten, der sie beim Gehalt und dienstrechtlich den Absolventinnen eines Lehramtsstudiums gleichstellt, sind alle bisherigen Quereinsteiger:innen (u.a. auch "Teach for Austria" Fellows) mit für sie nachteiligen Sonderverträgen angestellt. Nur den wenigsten von diesen Sondervertragslehrkräften gelinge unter den bestehenden Rahmenbedingungen der Wechsel in einen regulären Vertrag. Damit seien Lehrer:innen, die im alten Dienstrecht mit Sondervertrag tätig sind, auch vom neuen Quereinstiegsmodell und der Absolvierung des dort vorgesehenen Hochschullehrgangs dauerhaft ausgeschlossen, da es dieses Modell bisher nur im neuen Dienstrecht gebe und ein Wechsel nicht möglich sei. Die Abgeordnete fordert daher, den "Hochschullehrgang Quereinstieg neu" für alle in den Schulen tätigen Sondervertragslehrkräfte mit Studienabschluss oder Meisterprüfung zu öffnen und dafür Sorge zu tragen, dass die Absolventinnen und Absolventen dieses Hochschullehrgangs sowohl im neuen als auch im alten Dienstrecht reguläre Verträge ohne Gehaltsabschläge erhalten.
Die Benachteiligung bereits bewährter Quereinsteiger:innen gegenüber neuen ist für Künsberg Sarre sachlich nicht zu rechtfertigen und widerspricht ihr zufolge auch der Zielsetzung, den Lehrkräftemangel nachhaltig zu überwinden, wie sie im Ausschuss ausführte. Zudem laufe dieser Zustand der Idee des lebenslangen Lernens zuwider.
Eva Blimlinger (Grüne) und Gertraud Salzmann (ÖVP) bestätigten die von Künsberg Sarre aufgezeigten Mängel. Salzmann führte diese auf "Schnittstellenprobleme" während einer Übergangsphase zurück. Gespräche darüber, wie hier nachjustiert werden könne, seien bereits im Gange. Wissenschaftsminister Polaschek zeigte ebenfalls "größtes Interesse" daran, die Benachteiligung zu beheben und bat um Übermittlung der konkreten Fälle. Die ihm bisher bekannten seien sehr unterschiedlich geartet und es brauche eine gewisse Anzahl an Fallbeispielen, um ein Muster erkennen und schließlich eine Lösung für das Gesamtproblem finden zu können, so Polaschek. (Fortsetzung Wissenschaftsausschuss) wit/sox
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