TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Bürgermeister mauscheln im Geheimen“ von Peter Nindler
Wieder einmal setzt der Gemeindeverband die Öffentlichkeit vor die Tür und beweist ein Transparenzverständnis wie aus der Steinzeit. Die Bevölkerung soll für die GemNova-Pleite zahlen, aber die Verantwortung dafür wird weiter verschleiert.
Es passt ins Bild des dahintaumelnden Tiroler Gemeindeverbands. Im stillen Kämmerlein hat sich die Pleite seiner Dienstleistungsgruppe GemNova abgespielt, bis das Finanz-Desaster nicht mehr geheim zu halten war. Hinter verschlossenen Türen wurde auch die neue Führungsspitze parteipolitisch besetzt. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister blieben außen vor, die Parteizentralen von ÖVP und SPÖ haben den Präsidenten und seine Stellvertreter bestimmt. Und unter Ausschluss der Öffentlichkeit sollen nächste Woche Karl-Josef Schubert zum Präsidenten gewählt und die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge um 1,2 Millionen Euro zur Rettung des Verbands beschlossen werden.
Für den Steuerzahler heißt es „friss oder stirb“, von den Informationen und der Diskussion über die Neuausrichtung des Verbands wird er hingegen ausgeschlossen. Mit der von Schubert gebetsmühlenartig versprochenen Transparenz hat das nichts zu tun, sondern mit einem Politik- und Demokratieverständnis wie aus der Steinzeit. Wenn die Gemeindechefs schon unter sich sein wollen, dann sollten sie genauso auf Heller und Pfennig selbst die Verantwortung für das von ihnen mit verursachte GemNova-Debakel übernehmen. Jahrelang haben sie weggeschaut und ihre Kontrollfunktion nicht wahrgenommen, jetzt scheuen sie offenbar die öffentliche Auseinandersetzung darüber. Orchestriert vom scheidenden Gemeindepräsidenten Ernst Schöpf.
Von einem Neuanfang kann deshalb keine Rede sein, vielmehr von einem Rückzugsgefecht. Kein Wunder, dass die Gemeinderäte stinksauer über die Abgehobenheit ihrer Bürgermeister sind und sich vielerorts gegen eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge querlegen. Die Insolvenz der GemNova-Gruppe mit Schulden von zehn Millionen Euro steht nämlich stellvertretend für kommunalpolitische Fehleinschätzungen mit dramatischen finanziellen Folgen. Herbeigeführt von selbstherrlichen Kommunalpolitikern wie Ernst Schöpf oder dem früheren Bürgermeister von Matrei in Osttirol, Andreas Köll. Nur mit einer Finanzspritze des Landes von 6,6 Mio. Euro konnte der Konkurs der Osttiroler Marktgemeinde abgewendet werden.
Bei der Nordischen WM in Seefeld 2019 liefen alle Fäden beim damaligen Gemeindeoberhaupt Werner Frießer zusammen und die Kosten ebenfalls aus dem Ruder. Es gäbe viele weitere Beispiele, wo sich Ortschefs auf Kosten der Steuerzahler verkalkuliert haben.
Ja, es braucht einen starken Gemeindeverband, vor allem als Servicestelle für die kleineren Gemeinden. Deshalb ist seine Rettung notwendig. Aber es muss eine Interessenvertretung auf Höhe der Zeit sein und kein Geheimbund.
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