Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 22. August 2023. Von MARCO WITTING. "Die erste Reihe". | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 22. August 2023. Von MARCO WITTING. „Die erste Reihe“.

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Das Drama in der Innsbrucker Volkspartei rund um den Spitzenkandidaten zur Innsbrucker Bürgermeisterwahl ist vorprogrammiert. Das freut Grün und Blau – und schadet schon jetzt den ÖVP-Ambitionen für die Wahl.

Erste Reihe fußfrei. So konnten die anderen Parteien in den vergangenen Monaten und Jahren zusehen, wie sich Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi durch etliche Selbstfaller und strategische Fehler vom strahlenden Sieger der Gemeinderatswahl 2018 zum politischen Sorgenkind entwickelte. Vorgezogene Neuwahlen standen zwischenzeitlich im Raum. Doch darauf konnten sich die „bürgerlichen Kräfte“ genauso wenig einigen wie auf einen unumstrittenen Kandidaten. Jetzt kann Willi seinerseits erste Reihe fußfrei zusehen, wie die ÖVP bei der Suche nach einem Frontmann (oder doch einer Frontfrau) neue Gräben öffnet, anstatt alte zuzuschütten.
Das Drama scheint jedenfalls vorprogrammiert. Zwar gibt es mit Staatssekretär Florian Tursky (zuletzt auffällig oft bei Terminen in Tirol) wohl einen Kandidaten, auf den sich die ÖVP und Für Innsbruck gemeinsam einigen könnten und der bei der Wahl gute Chancen hätte. Doch da hat man ganz offensichtlich die Rechnung ohne den (früheren Alm-)Wirt gemacht. Denn Vizebürgermeister Hannes Anzengruber hat sich nicht nur selbst schon im Vorjahr zum Spitzenkandidaten eingebucht, sondern offensichtlich kein Interesse, in die zweite Reihe zurückzugehen. Anzengruber, intern in dieser Gemeinderatsperiode schon einmal abgeschossen und dann wiedergekommen, scheint erneut um seine politische Zukunft kämpfen zu wollen, fordert eine Mitgliederbefragung und könnte damit – absichtlich oder nicht – wohl auch den Preis für sich und einen Ersatzposten hochtreiben wollen. Nur: Ganz so einfach ist das selbst mit Blick auf EU- und Nationalratswahl nicht.
Eine weitere Spaltung im ÖVP-Lager würde wohl die Chancen auf den Bürgermeistersessel drastisch verkleinern. Und weil eine Lösung im Machtkampf wohl nicht so schnell zu finden sein wird, könnte der Schaden damit auch schnell angerichtet sein. Sosehr man stets den Willen zur Einigkeit betont, einmal mehr gibt die Stadt-ÖVP ein schlechtes Bild ab. Das war ja schon in der Vergangenheit des Öfteren so. Geschlossene Reihen kennt man hier offenbar nicht.
Erste Reihe fußfrei eben. Georg Willi, auffallend ruhig und wohl mit der Strategie, einfach als Bürgermeister bis zur Wahl 2024 von diversen Fotos zu lächeln, wird das wohlwollend zur Kenntnis nehmen. So wie die FPÖ. Einigt man sich bei VP und FI nicht auf einen gemeinsamen und starken Kandidaten, dann hat Vizebürgermeister Markus Lassenberger gute Karten, als blauer Frontmann nach dem Bürgermeistersessel zu greifen. So sind sich die anderen Fraktionen einmal einig, dass beim Streiten weiter die ÖVP an der Reihe ist.

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