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Ärztekammer Wien: Primärversorgungsregelung muss noch nachgebessert werden

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Die mit 1. August in Kraft getretene Gesetzesnovelle zum Primärversorgungsgesetz wird von der Wiener Ärztekammer mit gemischten Gefühlen betrachtet. „Es sind durchaus gute Ansätze erkennbar, wie etwa die Tatsache, dass nunmehr zwei Ärztinnen oder Ärzte zur Gründung einer Primärversorgungseinheit (PVE) reichen“, attestiert Erik Randall Huber, Vizepräsident der Ärztekammer für Wien und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte, dem Gesetzgeber ein positives Zeugnis. Kritisch sei diesbezüglich aber, dass die Gesamtverträge noch mindestens drei Ärztinnen oder Ärzte zur PVE-Gründung vorgeben. „Auf diese Diskrepanz zwischen Gesamtvertrag und Gesetzesnovelle haben wir mehrfach hingewiesen, geklärt wurde das aber nicht“, so Huber. Ebenso blieben die Stellungnahme der Wiener Ärztekammer und sämtliche darin angeführten Kritikpunkte zur Novelle bis dato unbeantwortet. ****

 

   Um den österreichweiten Ausbau von PVE schneller voranzutreiben, wie auch seitens der Politik gewünscht, fordert Huber, dass die schon bestehende Möglichkeit einer PVE-Gründung durch eine aus zwei Ärztinnen oder Ärzten bestehende Gruppenpraxis bei Anstellung eines dritten Arztes bzw. einer Ärztin, auf Einzelordinationen ausgeweitet werden soll: „Einzelordinationen die PVE-Gründung mit der Anstellung einer zweiten Kollegin oder eines Kollegen zu ermöglichen, würde Schwung in diesen Prozess bringen.“ Endlich gelöst gehöre in diesem Zusammenhang aber das Problem der „unechten Umsatzsteuerbefreiung“ durch das Finanzministerium. Ärztinnen und Ärzten darf nämlich keine Umsatzsteuer verrechnet werden, für Vermietende führe dies mitunter zu finanziell empfindlichen Vorsteuerkorrekturen, weswegen es für potenzielle Ordinations- oder PVE-Gründer schwierig ist, passende Immobilien zu finden. Besonders kritisch sieht Huber die Tatsache, dass Spitals- sowie Wahlärztinnen und -ärzte nicht mehr motiviert sein werden, in ein PVE zu wechseln, da sie sich bei der Vergabe von PVE-Verträgen gleichzeitig mit Ambulatorien – betrieben von institutionellen Anbietern oder Konzernen – nach bis jetzt völlig unklaren Vergabekriterien und vollkommen rechtsschutzlos bewerben müssen.

 

   Auf der Positivseite sei jedenfalls aber auch die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die Errichtung von Kinder-PVE zu erwähnen – bisher waren Primärversorgungseinheiten ausschließlich Allgemeinmedizinerinnen und -medizinern vorbehalten. Huber: „In Wien hatten wir schon lange vor der Novelle den Bedarf für derartige kindermedizinische Versorgungseinrichtungen erkannt und daher unabhängig vom Gesetz erfolgreich auch eine Pilotphase initiiert. Was jetzt folgen muss, ist die Möglichkeit zur Errichtung von Fachgruppenübergreifenden Primärversorgungseinheiten – etwa von Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin gemeinsam mit Kinderärztinnen und -ärzten. Wir als Standesvertretung sind diesbezüglich gesprächsbereit, es liegt jetzt an unseren Systempartnern, allen voran der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die entsprechenden Voraussetzungen dafür zu schaffen.“

 

   Kritisch sieht Huber die Legitimierung von multiprofessionellen Gruppenpraxen durch Ärztinnen und Ärzte gemeinsam mit Angehörigen anderer Gesundheitsberufe: „Schließlich handelt es sich bei Gruppenpraxen und PVE immer noch um medizinische Einrichtungen, bei denen die Letztentscheidung und Letztverantwortung bei einer Medizinerin oder einem Mediziner liegen muss.“ Einerseits könne es sonst zu Problemen bei medizinischen Haftungsfragen kommen, wenn nicht-ärztliche Gesundheitsberufe als Gesellschafter in einer Gruppenpraxis beteiligt sind. Andererseits ergeben sich Probleme bei der Vergabe, da die, für die Errichtung einer Gruppenpraxis oder einer PVE nötigen Reihungskriterien ausschließlich für Ärztinnen und Ärzte gelten. Huber: „Wie werden künftig nicht-ärztliche Gesundheitsberufe als Gesellschafter im Auswahlverfahren bewertet? Diese Frage wurde noch nicht beantwortet.“

 

   Vollkommen inakzeptabel sei der Ausschluss der Ärztekammer im Zusammenhang mit verkürzten Ausschreibungsverfahren, wenn Kassen-Planstellen sechs Monate in einer Versorgungsregion unbesetzt sind. „Dass in manchen Regionen – und das betrifft ganz Österreich – Kassenstellen nicht nachbesetzt werden können, liegt nicht an der Ärztekammer, sondern an den oft unattraktiven Voraussetzungen und speziellen Bedingungen mancher Standorte. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat aber gezeigt, dass eine sinnvolle Planung der niederschwelligen Versorgung der Patientinnen und Patienten mit ausreichend Kassenordinationen – egal ob Einzelordination, Gruppenpraxis oder PVE – nur dann gut funktioniert, wenn das jeweilige Bundesland, die Sozialversicherung und die Ärztekammer zusammenarbeiten. Den Ausschluss der Ärztekammer und der zentralen Gesundheitsdienstleister, nämlich der Ärztinnen und Ärzte, aus diesem Entscheidungsprozess lehnen wir strikt ab“, so Huber abschließend.

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