TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Roter Angriff auf die rechte Mitte“, von Wolfgang Sablatnig, Ausgabe vom Sonntag, 4. Juni 2023
Die SPÖ-Delegierten haben sich mit ans Peter Doskozil für ein bodenständiges Programm entschieden.
Andreas Babler war der lautere und pathetischere. Am Ende entschieden sich die Delegierten beim SPÖ-Parteitag in Linz aber doch für Hans Peter Doskozil als Parteichef und Spitzenkandidat. Er hatte mit handfesten und pragmatischen Punkten geworben, sehr konkret: Häuslbauen, Pflege und ein Lohn, von dem es sich leben lässt. Statt Visionen und sozialdemokratischer Träume betont er die Umsetzung. Mit der SPÖ dazugewinnen will er bei jenen Wählerinnen und Wählern, die sich in den vergangenen Jahrzehnten zur FPÖ verabschiedet haben.
Diese Menschen wird er auch brauchen. Denn Doskozil schaut zwar programmatisch in die rechte Mitte. Regieren will er nach der nächsten Nationalratswahl aber links. FPÖ und ÖVP schloss er als Partner aus, mit sehr deutlichen Worten.
Bleiben Grüne und NEOS, die Ampel also. Diese hatte bei Nationalratswahlen aber noch nie eine Mehrheit. Zum letzten Mal wäre es sich 1995 fast ausgegangen. Statt den NEOS gab es da noch das Liberale Forum von Heide Schmidt.
Viel zu tun für den neuen Vorsitzenden und seine Partei. Diese zeigte in Linz ein kräftiges Lebenszeichen. Von 609 Delegierten waren 603 nach Oberösterreich gekommen. Sowohl in den Reden der beiden Kandidaten als auch in den Wortmeldungen der Delegierten dominierten versöhnliche Töne. Kein Kampf gegen das andere Lager, sondern Appelle für ein Miteinander.
Doskozil muss diesen Schwung mitnehmen. Gelingen wird ihm das nur, wenn er Babler und dessen Lager ein konkretes Angebot macht und er diese nicht enttäuscht zurücklässt. Der rote Angriff auf die rechte Mitte scheitert sonst, bevor er so richtig begonnen hat.
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