Bundesrat hat keinen Einwand gegen leichteren Zugang von Ukrainer:innen zum österreichischen Arbeitsmarkt
Der Bundesrat hat keinen Einwand dagegen, dass vertriebene Ukrainer:innen, die vor dem russischen Angriffskrieg aus ihrer Heimat geflüchtet sind, einen leichteren Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt erhalten. Eine entsprechende Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz hat heute Abend mit Stimmenmehrheit die Länderkammer des Nationalrats passiert. Damit sind auch geplante Adaptierungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte endgültig auf Schiene. Kritisch zum Gesetzesbeschluss des Nationalrats äußerten sich SPÖ und FPÖ, sie warnten vor Lohn- und Sozialdumping.
Auch Novellen zum Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und zum Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz haben den Bundesrat ohne Einspruch passiert. Dabei geht es unter anderem um eine automatisierte Abwicklung des Pauschalfördermodells, das Energiekostensteigerungen bei kleineren Unternehmen abfedern soll. Außerdem sollen auch weiterhin digitale Fachprüfungen von Wirtschaftstreuhänder:innen möglich sein. Ein Bericht von Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher über EU-Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
Die FPÖ nutzte die Debatte über das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz dazu, um eine Infrastrukturoffensive für Österreich zu fordern. Statt Milliardenbeträge mit wenig Treffsicherheit und Potential für Überförderung auszuschütten, sollten die Budgetmittel für den Breitband-Ausbau, den Straßenbau und den öffentlichen Verkehr verwendet werden, forderte sie. Ein vom niederösterreichischen Bundesrat Michael Bernard dazu eingebrachter Entschließungsantrag fand allerdings keine Mehrheit.
Einhellig beschlossen haben die Bundesrät:innen die Abhaltung einer Parlamentarischen Enquete zum Thema "Herausforderungen der Zukunft: Nachdenken über Pflege von morgen und gesundes Altern". Sie wird am 10. Mai stattfinden.
Geplant sind unter anderem Statements von Sozialminister Johannes Rauch, dem burgenländischen Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil, derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, sowie den Landesrät:innen Leonhard Schneemann (Burgenland) und Susanne Rosenkranz (Niederösterreich). Zudem sollen Vertreter:innen des Roten Kreuzes und des Arbeiter-Samariter-Bundes sowie verschiedene Expert:innen aus dem Pflegebereich Impulse für die Diskussion liefern. Ernst Minar von John Harris Fitness wird über "Gesunde Jahre bis ins hohe Alter" referieren. Gegenstand der anderen drei Panels sind: "Politische Herausforderungen in der Pflege", die "Zukunft der Pflege aus NGO-Perspektive" sowie "Pflege von morgen: Herausforderungen bis 2050 aus heutiger Sicht". Eröffnungs- und Schlussworte spricht Bundesratspräsident Günter Kovacs, der gemeinsam mit den beiden Vizepräsident:innen des Bundesrats Harald Himmer und Doris Hahn auch den Vorsitz bei der Enquete führen wird.
Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz
Die vom Nationalrat auf Vorschlag der Regierungsparteien beschlossene Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz wird unter anderem damit begründet, dass die Integration jener vertriebenen Ukrainer:innen, die einen dauerhaften Verbleib am österreichischen Arbeitsmarkt anstreben, beschleunigt werden soll. Gleichzeitig wird der Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte in zwei Teilbereichen erleichtert. Zum einen müssen Stammsaisonniers künftig nur noch Deutschkenntnisse in A1 – statt wie bisher in A2 – nachweisen, um Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte zu bekommen. Zum anderen werden bei Schlüsselkräften, Fachkräften in Mangelberufen und Start-up-Gründer:innen auch gute Sprachkenntnisse in den Sprachen Französisch, Spanisch und Bosnisch-Kroatisch-Serbisch (BKS) im Punktekatalog berücksichtigt.
Seitens der SPÖ beurteilte der Wiener Bundesrat Sascha Obrecht das Gesetz als "Riesenpfusch", für das er "null Verständnis" habe. Die Intention des Gesetzes – die Beseitigung von Hürden für Ukrainer:innen – sei zwar "super", sagte Obrecht, tatsächlich würden aber keine Hürden, sondern Schutzmechanismen wie die Vorab-Prüfung von Lohn- und Arbeitsbedingungen beseitigt. Zur Rot-Weiß-Rot-Karte merkte der Bundesrat an, anstelle gelockerter Kriterien brauche es Verbesserungen für die Beschäftigten in der Gastronomie.
Kritik am Entfall der Vorab-Prüfung der Lohn- und Arbeitsbedingungen für Ukrainer:innen übte auch Günter Pröller (FPÖ/OÖ). Er befürchtet, dass es dadurch zu mehr Lohn- und Sozialdumping kommen wird. Missbrauch werde Tür und Tor geöffnet. Zudem fragt sich Pröller, welches Land "als nächstes dran ist". Krieg gebe es schließlich in vielen Ländern. Auch für die Absenkung des Deutsch-Niveaus für Stammsaisonniers hat Pröller kein Verständnis. Im Tourismus werde es immer mehr Arbeitskräfte geben, die nicht mehr Deutsch können, warnte er.
Die Vorarlberger ÖVP-Bundesrätin Heike Eder ortet, was den Wegfall der Beschäftigungsbewilligung für Ukrainer:innen betrifft, hingegen eine Win-Win-Situation. Auf der einen Seite erhielten Ukrainer:innen eine Perspektive am Arbeitsmarkt, im Gegenzug bekomme Österreich wertvolle Arbeitskräfte. Die Gefahr von Lohn- und Sozialdumping sieht Eder nicht, schließlich gebe es weiterhin Kontrollen im Rahmen des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes.
Auch Maria Huber (Grüne/St) bewertete die vorliegende Novelle als "richtig und wichtig". Gut ausgebildete Fachkräfte seien ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor für Unternehmen, gab sie zu bedenken. Österreich werde qualifizierten Zuzug brauchen. Mit dem Wegfall der Beschäftigungsbewilligung erhielten Ukrainer:innen Perspektiven und Chancen am Arbeitsmarkt.
Seine Zustimmung zum Gesetz stellte auch Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) in Aussicht. Er machte jedoch geltend, dass das Grundproblem der Rot-Weiß-Rot-Karte mit dem Beschluss nicht behoben sei. 2022 habe es im Durchschnitt lediglich 8.150 Inhaber:innen einer Rot-Weiß-Rot-Karte gegeben. Bei über 200.000 offenen Stellen sei das nur "ein Tropfen auf dem heißen Stein". Für die mangelnde Attraktivität Österreichs für ausländische Fachkräfte macht Arlamovsky unter anderem das ausländerfeindliche Klima verantwortlich. Um die besten Köpfe nach Österreich zu bringen, brauche es ein modernes Einwanderungsgesetz, betonte er. Einmal mehr sprach er sich außerdem für eine Senkung der Lohnnebenkosten aus.
Staatssekretärin Susanne Kraus betonte, dass die Gesetzesnovelle insbesondere auch die Integration jener Ukrainer:innen fördere, die in Österreich bleiben möchten. Viele seien zunächst im Tourismus eingestiegen, wollten jetzt aber schön langsam in ihre ursprünglichen Berufe wechseln. Das werde durch den Wegfall der Bewilligungspflicht erleichtert. Was die Rot-Weiß-Rot-Karte betrifft, sieht Kraus-Winkler die Novelle als wertvolles Signal an internationale Fachkräfte.
Vom Bundesrat waren schließlich auch mehrere neue Mitglieder des gemeinsamen Ausschusses von Nationalrat und Bundesrat gemäß Finanz-Verfassungsgesetz zu wählen. Diesem werden künftig auch Margit Göll (ÖVP/NÖ), Manfred Mertel (SPÖ/K), Doris Hahn (SPÖ/NÖ) und Klemens Kofler (FPÖ/NÖ) als Mitglieder sowie Marlene Zeidler-Beck (ÖVP/NÖ) und Isabella Theuermann (FPÖ/K) als Ersatzmitglieder angehören. (Schluss Bundesrat) gs
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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