Neue „Menschen & Mächte“-Doku „Weg mit der Quatschbude! – Die Ausschaltung des Parlaments 1933“ am 3. März in ORF 2 | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Neue „Menschen & Mächte“-Doku „Weg mit der Quatschbude! – Die Ausschaltung des Parlaments 1933“ am 3. März in ORF 2

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Wien (OTS) – 90 Jahre nach dem Staatsstreich von Engelbert Dollfuß zieht „Menschen & Mächte“ Bilanz: Wie konnte Dollfuß Österreich ab 1933 zu einer Diktatur umbauen und welche Gefahren lauern auf die moderne Demokratie? Die Zweite Republik hat aus der Tragödie von einst gelernt. Neuesten Umfragen zufolge entstehen aber Wählergruppen mit diffusen autoritären Neigungen. Bis heute ist die Beseitigung des Nationalrates eine Mahnung für die Zukunft: Am 4. März 1933 kommt es bei einer Sondersitzung des Nationalrates zur folgenschwersten Panne der österreichischen Geschichte. Nach einer Stimmzettelverwechslung gehen den Abgeordneten die Nerven durch. Alle drei Parlamentspräsidenten treten zurück, allen voran Altkanzler Karl Renner. Die verhängnisvolle Kettenreaktion lähmt das Hohe Haus und läutet das Ende der noch jungen Demokratie der Ersten Republik ein. Bundeskanzler Engelbert Dollfuß nützt die Gelegenheit, um das vielfach als „Quatschbude“ diffamierte Parlament auszuschalten und eine Diktatur zu errichten. 90 Jahre danach beleuchtet die neue „Menschen & Mächte“-Dokumentation von Georg Ransmayr zum Auftakt des ORF-Zeitgeschichteschwerpunkts 1933/1938 (Details unter presse.ORF.at) am Freitag, dem 3. März 2023, um 22.35 Uhr in ORF 2, wie ein „parlamentarischer Betriebsunfall“ für eine diktatorische Wende missbraucht wurde.

In den Monaten vor der Parlamentsausschaltung hatten sich die Konflikte zwischen den Christlich-Sozialen und den Sozialdemokraten gefährlich aufgeschaukelt. Die Gesprächsbereitschaft war abgerissen. Die Bevölkerung der 1930er Jahre war vielfach demokratiemüde, krisengeschüttelt und diktaturanfällig. Die Zutaten der damaligen Tragödie: Ein Land im Krisenmodus, ein machthungriger Kanzler, ein schwacher Bundespräsident und Oppositionsparteien, die zur falschen Zeit auf Verweigerung gesetzt hatten. Der Rücktritt der drei Parlamentspräsidenten am 4. März führt zu einem Machtvakuum im Hohen Haus. Dollfuß behauptet, das Parlament habe sich selbst ausgeschaltet. Womit nun er mit Unterstützung der militanten austrofaschistischen Heimwehr auf Basis von Notverordnungen regieren dürfe. Am 15. März 1933 verhindert Dollfuß mit Polizeistaatsmethoden, dass die Oppositionsparteien den Nationalrat wieder reaktivieren. Gewaltsam vollzieht der Kanzler die Beseitigung der Demokratie in Österreich, um einen „autoritären Ständestaat“ aufzubauen. Bei gutem Willen hätte 1933 die Parlamentskrise behoben werden können. Einer, der die verfassungsrechtliche Notbremse hätte ziehen können, war Bundespräsident Wilhelm Miklas. Als ihm Dollfuß in einem geschickten Manöver den Rücktritt anbietet, lehnt Miklas ab. Er lässt sich von Dollfuß hinhalten und bringt nicht den Mut auf, dem Diktator im Kanzleramt die Stirn zu bieten. Der Film von Georg Ransmayr skizziert auch, wie sich die österreichische Gesellschaft nach dem „Staatsstreich auf Raten“ bis 1938 verändert hat. Die Politik der Dollfuß-Schuschnigg-Jahre war über weite Strecken hin reaktionär. Budgetzwänge und ideologische Reflexe führten zur Einschränkung von Arbeitnehmerrechten und einem großangelegten Sozialabbau.

2023, 90 Jahre nach dem Staatsstreich des Engelbert Dollfuß, wirkt das Hohe Haus nach fünfjähriger Sanierung und Modernisierung wie ein robuster Demokratie-Palast. Doch das Ansehen des politischen Systems und der Abgeordneten ist nach diversen Skandalen schwer angeknackst. Immer mehr Wählerinnen und Wähler liebäugeln mit demokratischen Alternativ-Modellen oder autoritärem Gedankengut, wie eine exklusive Umfrage des Meinungsforschungsinstituts SORA im Auftrag der „Menschen & Mächte“-Redaktion zeigt: Der aufgestaute Krisenstress durch die Corona-Maßnahmen, die Inflation, den Ukraine-Krieg und die Klimabedrohung beflügelt bei gut 20 Prozent der Menschen den diffusen Wunsch nach einem starken Mann, der durchgreifen soll.

Gleichzeitig spricht sich der Großteil der Befragten aber weiterhin für die Demokratie aus. Die paradoxe Erklärung: Es gibt neben eindeutigen Demokratiebefürwortern eine wachsende Gruppe derer, die sich autoritäre Experimente vorstellen können, solange die persönliche Freiheit nicht eingeschränkt wird. Damit sind viele zwar demokratiemüde, aber trotzdem diktaturresistent.

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