Integration ukrainischer Kinder: 73 % der Lehrkräfte fühlen sich zu wenig unterstützt | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Integration ukrainischer Kinder: 73 % der Lehrkräfte fühlen sich zu wenig unterstützt

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Seit bald einem Jahr lernen ukrainische Kinder an österreichischen Schulen. Maximilian Schulyok und Daniel Landau analysieren Herausforderungen und Erfolge. Eine Umfrage unter 318 Lehrkräften zeigt auf, wo Unterstützung fehlt.

Seit knapp einem Jahr werden Kinder, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, ins österreichische Schulsystem integriert – aktuell sind es rund 13.000. Zeit für ein Resümee, findet Maximilian Schulyok, Geschäftsführer des öbv (Österreichischer Bundesverlag). Der öbv führte daher eine Umfrage unter Lehrkräften durch und analysiert mit Daniel Landau, Bildungskoordinator der Bundesregierung, Integrationserfolge und -herausforderungen. “Seit fast einem Jahr muss unser Bildungssystem 13.000 ukrainische Kinder integrieren. Tausende von Lehrkräften arbeiten seit fast zwölf Monaten unter der Zusatzbelastung. Es ist wichtig, dass dieses Thema einen Platz im öffentlichen Diskurs hat”, so Schulyok. 

Umfrage: Lehrkräfte fehlen sinnvolle Rahmenbedingungen und Unterstützung 

Der öbv lud daher Lehrkräfte ein, ihre Erfahrungen bei der Integration ukrainischer Kinder im Rahmen einer Umfrage zu teilen. 318 Lehrkräfte aus allen Bundesländern und Schulformen nahmen teil. Nur etwa die Hälfte davon schätzt die Rahmenbedingungen für die Integration ukrainischer Kinder an der eigenen Schule als sinnvoll oder eher sinnvoll ein. “73 Prozent der Lehrkräfte fühlen sich bei der Integration ukrainischer Kinder nicht genügend unterstützt. Es scheint nur an etwa der Hälfte der betroffenen Schulen sinnvolle Rahmenbedingungen für die Integration zu geben”, so Schulyok. 74 Prozent der Befragten sind außerdem der Meinung, das österreichische Bildungssystem habe die Herausforderung, die ukrainischen Kinder zu integrieren, bisher nicht gut gemeistert. Ihrer Meinung nach fehlt vor allem Personal (73%), Unterrichtsmaterialien (60%), Sprachförderkurse (57%), psychologische Unterstützung (49%), finanzielle Ressourcen (47%) und entsprechende Fortbildung für Lehrer*innen (33%). Nur 41 Prozent geben an, dass ihnen Unterstützung zum Thema Spracherwerb ukrainischer Kinder angeboten wurde, 29 Prozent zur Integration von nicht-deutschsprachigen Kindern, nur 16 Prozent zur Integration von Kindern aus Kriegsgebieten und 14 Prozent zum Umgang mit Trauma. Als zur Verfügung stehende Unterstützung werden zusätzliche deutsch- (42%) oder ukrainischsprachige Lehrkräfte (17%) oder anderes zusätzliches Personal (9%) genannt, Schulbücher über die erweiterte Schulbuchaktion (23%), Unterrichtsmaterial des Bildungsministeriums (18%) und von anderen Anbietern (27%). 

Landau: System stößt bei dieser Herausforderung an seine Grenzen

Daniel Landau, Bildungskoordinator der Bundesregierung, weiß um die enorme Herausforderung, die es für das österreichische Schulsystem bedeutet, ohne große Vorlaufzeit 13.000 ukrainische Schüler*innen mit Traumatisierung und ohne deutsche Sprachkenntnisse zu integrieren: “Dieses System ist nicht darauf ausgerichtet, so vielen Menschen auf einmal zu helfen: Wir müssen ihnen nicht nur bei der Sprache helfen, sondern sie auch in das Schulsystem, in ihren entsprechenden Jahrgang, integrieren und noch dazu darauf achten, dass sie nicht allzu viel Zeit verlieren.” Die Lehrer*innen erleben sich laut Landau zu Recht als stark belastet: “Ich möchte mich herzlich bedanken bei den abertausenden Pädagoginnen und Pädagogen, die enorme Zusatzleistungen erbringen, damit die Kinder im österreichischen Bildungssystem möglichst gut ankommen.” Dass viele ukrainische Kinder parallel noch am ukrainischen Online-Unterricht teilnehmen, sei zwar verständlich, aber führe zu Überlastung und erschwere so die Eingliederung in die österreichische Schule. Landau zeigt sich überzeugt, dass das Sommersemester mehr Klarheit bringen wird. Einige Kinder seien bereits in die Westukraine zurückgekehrt; den anderen werde zunehmend klar, dass sie wohl längere Zeit hier in Österreich sein werden.

"Uns geht es nicht darum, den Finger in die Wunde zu legen”, sagt Schulyok. “Durch die Umfrage wollten wir herausfinden, in welcher Situation Lehrkräfte sind und wie wir als öbv unterstützen können. Darüber hinaus wollen wir einen breiteren gesellschaftlichen Diskurs anstoßen, was passieren muss, damit junge Menschen, die es ohnehin schon schwer haben, möglichst gut integriert werden können.

Das gesamte Gespräch zwischen Maximilian Schulyok und Daniel Landau zu Integration und anderen Aspekten des österreichischen Schulsystems kann nachgehört werden im Podcast #klassezwanzigzukunft.

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