Wie Journalisten Trolle und Astroturfer entlarven können | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Wie Journalisten Trolle und Astroturfer entlarven können

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Der stellvertretende Institutsvorstand des IIM-Vienna, Prof. Hannes Fellner von der Universität Wien, betont in seinem Eröffnungsstatement, dass "politisch motivierte Fake-News und bewusste Versuche der Einflussnahme auf die Berichterstattung zu einer dramatischen Veränderung von Informations- und Wahrheitsgehalt von Nachrichten geführt hat". Der Verlust an Glaubwürdigkeit habe damit den Journalismus in seine bisher größte Krise geführt.

Das Vertrauen in die Medien sinkt weltweit und bereits 2017 wurde der Begriff "Fake-News" in den USA, und "alternative Fakten" in Deutschland zum Unwort des Jahres gewählt.

Dr. Yulia Belinskaya von der Universität Wien meint in ihrer Keynote, dass in einer Zeit einer vernetzten Welt, "wo alle möglichen Informationsquellen mit einem einzigen Maus-Klick verfügbar sind, die Zeit der staatlichen Propaganda vorbei sein sollte", aber das Internet ist nicht frei von der Politik: "Studien haben gezeigt, das die autoritären Staaten ihr Propagandatechniken angepasst haben, um die online Äußerungen zu managen und nicht nur zu unterdrücken." Durch die Anonymität der Sozialen Plattformen verschwimmen Gerüchte, Fakten und Staatspropaganda.

Bezahlte Kommentatoren und Trolle agieren über Accounts, die von Menschen geführt werden und daher nicht, wie computergesteuerte Bots technisch leicht zu erkennen sind, und vermitteln damit den Eindruck, dass Meinungen viel weiter in der Bevölkerung verbreitet sind. Fake-News sind für den Vorstand des Internationalen Instituts für Medien, Prof. Fred Turnheim, nichts neues, sie gibt es seit der Antike. Aber, gerade in Kriegs- und Krisenzeiten entstehen Desinformationen, die in der heutigen Zeit jedoch binnen Sekunden sich viral verbreiten. Die Hintergründe dieser Falschmeldungen müssen vom investigativen Journalismus erkannt und benannt werden, fordert Turnheim.

Prof. Fritz Hausjell, stellv. Vorstand des Instituts für Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Uni Wien und Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich, skizziert ein paar Vorschläge, wie man auf die Misere reagieren kann. Besonders durch medienpolitisches Handeln, aber auch durch Veränderungen im Journalismus. In Zukunft wird es vermehrt notwendig sein, in Form eines investigativen Journalismus herauszufinden, in welchem Auftrag und mit welchem Ziel Trolle agieren. Hierzu ist eine gediegenere Weiterbildung notwendig. in diesem Sinne ist es begrüßenswert, das 'Kurier' und 'profil' eine Investigativ-Akademie gründen wollen.

Dr. Elisabeth Heresch, Buchautorin und Russlandkennerin, sorgt sich, wie unausgewogen das Bewusstsein für bestimmte Ereignisse ist. Journalisten müssen Themen auf den Grund gehen und recherchieren, warum News in einem bestimmten Narrativ dargestellt werden. Es besteht allerdings nicht nur die Möglichkeit Fake-News richtig zu stellen, sondern auch Informationen zu erweitern, denn "eine Lüge besteht nicht nur, in der qualitativen Verfälschung einer Wahrheit, sondern auch in der Unvollständigkeit einer Berichterstattung, indem man nur einen Punkt herausstellt und wesentliche Tatsachen auslässt."

Der Journalist Othmar Lahodynsky hat schon sehr früh begonnen, in seiner Zeit als Präsident der Association of European Journalists, mit der Bekämpfung von Fake-News durch die Ernennung einer eigenen Fake-News-Beauftragten entgegen zu wirken. Leider ist der Journalismus oft überfordert, und es braucht manchmal Jahre, bis die Wahrheit herauskommt. Gerade in Kriegszeiten ist es schwierig, die Authentizität einer Quelle zu verifizieren, insbesondere, weil heutzutage Geschichten bereits draußen sind und sich viral verbreitet haben, bevor es überhaupt möglich war, klassisch zu recherchieren, und damit der Rezipient immer wieder auf Propaganda reinfällt.

Da eine Kontrolle der Trolle kaum noch möglich ist und gerade der Einsatz von künstlichen Intelligenz beim Einsatz von Chat-Bots oder zur Erstellung von wissenschaftlichen Texten im öffentlichen Diskus aufgetaucht ist, versucht Mag. Georg Markus Kainz, Präsident von quintessenz, einen Ausblick, wie die Entwicklung von Chat Bots und Trollen durch den Einsatz von KI ausschauen könnte. Waren bei Trollen noch viele Menschen notwendig, um die Systeme zu überlisten, so lernt die KI selbständig, wie sie dieser Kontrolle entgehen kann und möglichst glaubwürdige News produzieren kann, die dann mittels Microtargeting zielgerichtet und individuell über die sozialen Medien an die Menschen verteilt werden können – an uns denen es nicht möglich ist, Fake zu erkennen, da Text, Formulierungen ja selbst Bilder individuell generiert werden.

Zum Schluss der Veranstaltung zitierte Turnheim noch falsche Zitate: So habe Michail Gorbatschow nie den allgemein bekannten Satz „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ gesagt. In Wirklichkeit sagt der sowjetische Präsident: „Ich glaube, Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren.“ Sein Regierungssprecher Gennadi Gerassimow akzeptierte in einem Gespräch mit deutschen Journalisten die neue Formulierung. Hitlers Troll-Fabriken legten dem britischen Kriegs-Premier Winston Churchill die Aussagen „No Sports!“ und „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“ in den Mund um Churchill als übergewichtigen Alkoholiker und Kettenraucher hinzustellen.

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