Tiroler Tageszeitung, Leitartikel vom 08.01.2023. Von Liane Pircher: „Das Warten auf Schnee tut weh“.
Man muss an zu warmen Wintertagen wie diesen keine KlimaforscherInnen kennen, um die Frage zu hören, wie lange das mit dem Wintertourismus in Tirol noch so funktionieren kann wie bisher. Egal, ob Einheimischer oder Tourist: Alle schauen mit Stirnrunzeln auf das trostlose Braun-Grün. Die Beschwichtiger haben nicht Unrecht, wenn sie sagen, schneearme Winter habe es schon immer gegeben. Ja, das stimmt, nicht nur mit Blick auf den Winter 2006/07, der auch „historisch mild“ war. Realisten wissen hingegen, dass wir mittendrin sind in einer ersten Phase der Klimawandelfolgen und nicht umhinkommen, bisherige Geschäftsmodelle im stark vom Schnee abhängigen Alpin-Tourismus zu hinterfragen. Auch wenn man zumindest in höheren Regionen noch Jahre mit technischer Beschneiung dagegensteuern wird können: Man wird überall an Alternativen für Ganzjahres-Angebote denken müssen. Was wäre etwa gewesen, wenn es heuer im Dezember keine kalten Tage gegeben hätte, die eine künstliche Beschneiung für den Schnee, der jetzt liegt, garantiert haben?
Gleichzeitig wird sich zunehmend die moralische Frage stellen, welcher Aufwand für künstliche Pisten und Loipen in Zeiten des Klimawandels noch vertretbar ist. Einige Skiregionen zeigen bereits Ansätze neuen Denkens, bemühen sich um Transparenz und „grüne Energie“, die sie herstellen. Es gibt Häuser, die ihren Gästen einen Fünf-Prozent-Rabatt auf den Zimmerpreis anbieten, wenn diese per Öffis anreisen. Wissend, dass die Anreise Hunderttausender per Auto klimatechnisch das größere Problem ist als die Beschneiung. In den nächsten Tagen soll es schneien. Das sollte kein Anlass zur Verdrängung stattfindender Veränderungen sein. Die negativen Folgen des Klimawandels sind da und bleiben.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Tiroler Tageszeitung