Gesundheitsminister Rauch muss Prozess-Kosten an Lebensschützer bezahlen
Vor mehr als 10 Jahren, am 23. November 2012, erstattete die „Aktion Leben“, die „klassische“ Schwangerenberatung der Kirche: „Das kirchliche Angebot reicht dabei von klassischen Beratungs- und Informationsangeboten wie etwa durch die Aktion Leben bis hin zu finanziellen Hilfsangeboten für Schwangere in Notsituationen, wie sie in verschiedenen Diözesen angeboten werden.“ (Webauftritt der österr. Bischofskonferenz „katholisch.at“, aufgerufen am 2. 1. 2023) gegen mich Anzeige wegen fehlender Vertrauenswürdigkeit.
Daraufhin wurde mir der Titel „Gesundheitspsychologe“, den ich zusätzlich zur Absolvierung des Hauptfach-Studiums in Psychologie als Dr. phil. erworben hatte, aberkannt. Den Doktor-Titel konnte mir der Gesundheitsminister, damals Alois Stöger, für den die Abtreibung ein „Leistungsgeschehen“ ist, nicht wegnehmen. Da hätte ich schon ein Schwerverbrecher oder Mörder sein müssen.
Der Verfassungsgerichtshof fasst in seinem Erkenntnis E 2545/2022–16 vom 29. 11. 2022 die Vorwürfe der „Aktion Leben“ und des Gesundheitsministeriums folgend zusammen: „Wegen seiner umfassenden Beratungstätigkeiten
und publizistischen sowie sozialarbeiterischen Aktivitäten rund um die Themen
Schwangerschaftsabbruch und Lebensschutz verstoße der Beschwerdeführer gegen die Berufspflichten als Gesundheitspsychologe, was zu einer mangelnden Vertrauenswürdigkeit führe. […] Die vorliegende massive Berufspflichtverletzung lasse auf ein Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers schließen, das mit den
Patientenschutzinteressen nicht vereinbar sei.“
Mich erfüllt dieser Vorwurf der „umfassenden Beratungstätigkeiten und publizistischen sowie sozialarbeiterischen Aktivitäten rund um die Themen Schwangerschaftsabbruch und Lebensschutz“ mit Genugtuung und Stolz. Welch ein rechts-historisch dokumentiertes Vergehen in einer sich selbst auslöschenden Abtreibungs-Gesellschaft!
Der Verfassungsgerichtshof kommt zum Schluss: „Die gesamte Verfahrensdauer beträgt somit knapp über 9 Jahre und 3 Monate. Diese ungewöhnlich lange Dauer des Verwaltungsverfahrens ist allein auf Versäumnisse staatlicher Organe zurückzuführen. Der Beschwerdeführer ist daher in seinem durch Art. 6 Abs. 1 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist verletzt worden.“ […] „Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) ist schuldig, dem Beschwerdeführer, zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei
sonstiger Exekution zu ersetzen.“
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nur, was gegen die Verfassung verstößt, inhaltlich tritt er das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof ab. Er hat fünf Monate für seine Entscheidung gebraucht. Wie lange wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof dauern? Langlebigkeit ist in Österreich mitunter ein Faktor für den abgeschlossenen Rechtsweg.
Eines muss man dem LVwG NÖ mit seinem Erkenntnis vom 9. August 2022, Z LVwG-AV-986/001-2015, welches der Verfassungsgerichtshof als Menschenrechtsverletzung wertet, zu Gute halten. Das Gericht erklärt: „Nach Rechtsansicht des LVwG NÖ erscheint die Kritik an der derzeitigen Praxis, dass die (verpflichtend vorgeschriebene) Beratung zum Thema Abtreibung vom Arzt, der die Abtreibung vornimmt, durchgeführt werden kann, berechtigt. Derjenige, der am Eingriff verdient, führt die Beratung durch, Eine derartige Regelung ist geeignet, den Anschein der Befangenheit des beratenden Arztes hervorzurufen.“
Dies ist eine bahnbrechende Erkenntnis, die von einem österreichischen Gericht über die Fristenregelung ausgesprochen wird und stellt das juristische und ethische Fundament der Fristenlösung in Frage, dem der Rechtsstaat Rechnung tragen muss und eine rasche Änderung der Fristenregelung erfordert, die seit bald 50 Jahren erlaubt, dass der abtreibende Arzt zugleich der beratende Arzt sein darf, was dazu führt, dass die Überlebensrate einer solchen Beratung gleich Null ist und daher rund 3 Millionen männliche und weibliche Opfer mit unumkehrbaren Folgen für die demografische Entwicklung zu beklagen sind. Diese Erklärung des Gerichtes ist äußerst mutig. Es hätte diese schwerwiegende Erklärung aus freien Stücken nicht aussprechen müssen.
Im selben Erkenntnis stellt das Gericht fest: „handelt es sich beim Post-Abortion-Syndrom um eine posttraumatische Belastungsstörung“. Die „Aktion Leben“ behauptet aber, dass das „Post-Abortion Syndrom“ eine „Erfindung radikaler Gruppierungen“ ist. Sie stellt also damit die posttraumatische Belastungsstörung durch Abtreibung in Frage und bezichtigt damit das Gericht, selbst eine „radikale Gruppierung“ zu sein. Eine „klassische“ also eine „zeitlose“, „meisterhafte“, „mustergültige“ Schwangeren-Beratung der Kirche sieht anders aus.
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