Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 16. Dezember 2022. Von PETER NINDLER. "Seit 2014 im Asyl-Krisenmodus". | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 16. Dezember 2022. Von PETER NINDLER. „Seit 2014 im Asyl-Krisenmodus“.

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Die Politik hat die Landesflüchtlingsgesellschaft „Tiroler Soziale Dienste“ jetzt wieder fest an sich gebunden. Sie soll eine Sozialgesellschaft werden, damit politisch nicht die Frage gestellt wird, warum es sie eigentlich noch benötigt.

Das Prestigeprojekt der Tiroler Grünen mit schwarzer Unterstützung ist nicht krachend gescheitert. Aber die Landes-Flüchtlingsgesellschaft „Tiroler Soziale Dienste“ (TSD) agiert auch acht Jahre nach ihrer Gründung im Krisenmodus. Die Sonderprüfung des Landesrechnungshofs bestätigt einmal mehr, dass die zentrale Absicht für die Auslagerung der Flüchtlingsbetreuung in eine eigene Gesellschaft nach wie vor nicht funktioniert: das Quartiermanagement für Asylwerber. Die TSD sind damit am selbstgesteckten Ziel der vormaligen schwarz-grünen Landesregierung, flexibel auf die jeweilige Flüchtlingssituation zu reagieren, klar vorbeigeschrammt. So fehlen derzeit 2700 Asylunterkünfte, um die solidarische Unterbringungsquote zu erfüllen.
Während der Flüchtlingskrise 2015/2016 mussten rasch Quartiere geschaffen werden, das gelang der Gesellschaft nur mit energischer Hilfe der Politik. Danach gingen die Asylwerberzahlen wieder zurück und die TSD blieben auf den zum Teil langfristigen Mietverträgen sitzen. Nicht zu vergessen der teure Flop mit den fünf Traglufthallen (9,4 Millionen Euro). Insgesamt hat der Leerstand 12,3 Mio. Euro gekostet. Dazu kommen noch strategische Fehleinschätzungen, personelle und strukturelle Probleme in den TSD selbst.
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und die ab dem Sommer deutlich steigenden Migrationszahlen setzten die TSD bei den Unterkünften jedoch heuer erneut unter Druck. Als österreichweites Schlusslicht in der Asylbetreuung hat SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer die Flüchtlingsagenden Ende Oktober übernommen. Und damit auch die TSD. Als scharfer Kritiker auf der Oppositionsbank und Verfechter einer Rückführung in die Landesverwaltung hält er jetzt eisern daran fest. Weil Dornauer weiß, dass eine Wiedereingliederung sehr kostspielig und in der jetzigen Situation politisches Harakiri wäre.
Mit Sonderbestimmungen („Krisenmodus“) nimmt der SPÖ-Vorsitzende jedoch die Zügel fester in seine politischen Hände. Als Eigentümervertreter kann er künftig weitreichendere Entscheidungen treffen. Dornauer rechtfertigt das mit einer funktionsfähigen Struktur, um die Herausforderungen bei der Unterbringung zu bewältigen. Zugleich will er sie breiter aufstellen und die TSD als echte Sozialgesellschaft etablieren. Wohl um der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen. Damit sie sich nicht die Frage stellt, warum es die TSD überhaupt noch benötigt, wenn der Flüchtlingsreferent dort ohnehin alles selbst macht. 
Dornauer geht als Asyl-Krisenmanager ein großes Risiko ein. Besonders mit den TSD im Schlepptau. Die ÖVP wird ihn werkeln lassen. Hat Dornaue­r Erfolg, werden sie diesen auch als ihren verkaufen. Wenn nicht, wird der SPÖ-Chef politisch sehr einsam sein.

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