Falsche Zahlen zu aufgegriffenen Migranten auf „krone.at“
Nach Ansicht des Senats 3 des Presserats verstößt der Beitrag „‘Aktion scharf‘: 22 Aufgriffe pro Stunde“, erschienen am 09.07.2022 auf Seite 14 der „Kronen Zeitung“ und auf „krone.at“, gegen Punkt 2 des Ehrenkodex für die österreichische Presse (Genauigkeit).
Im Vorspann zum Beitrag wird berichtet, dass im Zuge einer zwölfstündigen Schwerpunktaktion an den Ostgrenzen im Burgenland insgesamt 266 illegal eingereiste Migranten und sieben Schlepper gefasst worden seien. Weiters heißt es in einer der Zwischenüberschriften: „Heimische Fahnder stoppten 266 Migranten“; am Ende des Artikels wird nochmals festgehalten, dass allein binnen den offiziell angesetzten zwölf Stunden heimische Fahnder nicht weniger als 266 illegale Einwanderer vor bzw. nach unserer Grenze hätten stoppen können.
Der Sprecher der „Asylkoordination Österreich“ wandte sich an den Presserat und kritisierte die im Artikel genannte Zahl von 266 aufgegriffenen Migrantinnen und Migranten als unrichtig. Hierfür verwies er u.a. auf einen Bericht auf der Website des BMI, wonach lediglich von 66 aufgegriffenen Migrantinnen und Migranten in Österreich und 31 aufgegriffenen Personen auf der ungarischen Seite die Rede gewesen sei. Die Medien wären sowohl per Mail als auch in den sozialen Medien auf die Falschmeldung aufmerksam gemacht worden, der Beitrag sei online jedoch nach wie vor unverändert abrufbar.
Die Medieninhaberinnen nahmen am Verfahren vor dem Presserat nicht teil. Sie stellten somit den Vorwurf, dass im Beitrag die Zahl der illegal eingereisten Migrantinnen und Migranten falsch wiedergegeben worden sei, auch nicht in Abrede.
Zunächst weist der Senat auf die Vorgabe des Punkt 2.1 des Ehrenkodex hin, wonach Informationen im erforderlichen Kontext wiederzugeben sind; dieser Grundsatz gilt insbesondere dann, wenn sich der Artikel auf bestimmte Zahlen, Studien, etc. beruft. Außerdem ist gerade bei sensiblen Themen ein erhöhtes Maß an Gewissenhaftigkeit und Korrektheit von Seiten des Mediums erforderlich, so auch beim Thema „Illegale Migration“.
Der Senat hält fest, dass u.a. auf der Website des BMI lediglich von 97 aufgegriffenen Migrantinnen und Migranten die Rede ist; 66 davon seien in Österreich und 31 Personen auf der ungarischen Seite der Grenze gefasst worden (Mitteilung des BMI zum Einsatz vom 7. und 8. Juli 2022). In Anbetracht dessen wurde die Zahl der gefassten Migrantinnen und Migranten im Artikel offenbar falsch wiedergegeben, zumal behördliche Angaben prinzipiell als vertrauenswürdig einzustufen sind. Schließlich steht die Zahl der aufgegriffenen Migrantinnen und Migranten im Mittelpunkt des Artikels; der Senat stuft diese Information daher als wesentlich ein.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Medien mehrmals darauf aufmerksam gemacht wurden, dass der Bericht eine falsche Information enthalte und es dennoch zu keiner Begründung bzw. Korrektur kam. Im Ergebnis erkennt der Senat einen Verstoß gegen Punkt 2.1 des Ehrenkodex für die österreichische Presse, wonach Informationen gewissenhaft und korrekt wiedergegeben werden müssen; die Leserinnen und Leser wurden in Hinblick auf die falsche Angabe der aufgegriffenen Personen in die Irre geführt. Im Sinne der vorliegenden Entscheidung empfiehlt er eine Korrektur des oben genannten Online-Artikels.
SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS
Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.
Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund einer Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberinnen der „Kronen Zeitung“ und von „krone.at“ haben von der Möglichkeit, am Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.
Die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher nicht anerkannt.
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