Nationalrat: Landwirtschaftsbudget soll 2023 um 2,2% steigen
Das Budget 2023 für die Bereiche Land- und Forstwirtschaft, Regionen sowie Wasserwirtschaft stand heute im Nationalrat zur Debatte. Zur Abstimmung gelangt dieses am Donnerstag gemeinsam mit den anderen Budgetbereichen des Bundesvoranschlags 2023 und des Bundesfinanzrahmens 2023 bis 2026.
Landwirtschaftsbudget: Auszahlungen von 2,94 Mrd. € für 2023 geplant
Für die Bereiche Land- und Forstwirtschaft, Regionen sowie Wasserwirtschaft sind 2023 Auszahlungen von insgesamt 2,94 Mrd. € vorgesehen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um 82,9 Mio. € oder 2,7%. Dies ist auf die im Jahr 2022 vorgenommenen Änderungen von Ministeriumszuständigkeiten zurückzuführen. So werden etwa die Angelegenheiten des Tourismus, der Telekommunikation, des Breitbandausbaus sowie des Bergbaus und des Zivildienstes 2023 in anderen Budgetkapiteln veranschlagt. Laut der Analyse des Budgetdienstes des Parlaments ergibt sich nach einer Bereinigung dieser Bereiche für das Jahr 2023 eine Steigerung der Auszahlungen um 64,6 Mio. € bzw. 2,2%.
Grundsätzlich bestimmt die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU einen großen Teil des heimischen Landwirtschaftsbudgets. Insgesamt stehen rund 65% der für 2023 veranschlagten Mittel in Zusammenhang mit den EU-Förderprogrammen, die zu über 80% aus EU-Mitteln finanziert werden. Was die Mittel für den europäischen Fonds für regionale Entwicklung EFRE betrifft, sollen diese im kommenden Jahr um 74,8 Mio. € ansteigen. Weitere Auszahlungssteigerungen gegenüber 2022 betreffen etwa die Co-Finanzierung der ländlichen Entwicklung (+25 Mio. €), internationale Lebensmittelhilfen (+20 Mio. €), den Schutzwasserbau (+14 Mio. €) sowie die Zentralstelle und das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen (gemeinsam +22,1 Mio. €). Im Gegensatz dazu sind für den Waldfonds (-79,9 Mio. €) und für die Siedlungswasserwirtschaft (-20,5 Mio. €) geringere Budgetmittel vorgesehen.
Totschnig: Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln zentrales Anliegen
Das Budget berücksichtige die aktuellen Herausforderungen und setze Schwerpunkte zur Sicherstellung der Lebensgrundlagen, betonte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. So nehme die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln einen zentralen Platz ein. Dafür sei die Landwirtschaft zentral und diese würde daher mit zusätzlichen Mitteln unterstützt. Die Landwirt:innen würden Stabilität und Planungssicherheit benötigen, die die neue GAP ab 2023 bringen würde, erklärte Totschnig. Auf internationaler Ebene habe man die Mittel für die internationale Nahrungsmittelhilfe aufgestockt. Zum Schutz der Bevölkerung in den Regionen werden unter anderem gezielt Maßnahmen zum Hochwasser- und Waldschutz gesetzt, berichtete der Minister. Die Mittel für regionalpolitische Maßnahmen würden zur Stärkung der Regionen ebenso erhöht.
ÖVP: Investitionen in die Zukunft der Landwirtschaft
Angesichts einer Weltbevölkerung von 8 Mrd. Menschen sei die Bereitstellung von Ernährung und Energie eine wesentliche Aufgabe der Landwirt:innen, hob Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) die Bedeutung für die Versorgungssicherheit hervor. Die Landwirtschaft sei mit massiven Herausforderungen, unter anderem aufgrund des Klimawandels, des Klima- und Umweltschutzes aber auch wegen der Digitalisierung und Automatisierung, konfrontiert. Die Bundesregierung unterstütze die Landwirtschaft mit den Budgetmitteln bei dieser Transformation und diesem Wandel.
Das Budget gebe Zukunftsperspektiven für die Menschen im ländlichen Raum, begrüßten Josef Hechenberger (ÖVP) und Andreas Kühberger (ÖVP). Die Ausgleichszahlungen würden den Betrieben trotz ihrer Kleinstrukturiertheit die Wettbewerbsfähigkeit ermöglichen und diese für die Zukunft absichern, meinten Irene Neumann-Hartberger (ÖVP) und Klaus Lindinger (ÖVP). Investitionen in die Landwirtschaft seien Investitionen in die Zukunft, begrüßte Carina Reiter (ÖVP) insbesondere Maßnahmen für Jung-Landwirt:innen.
Auf steigende Schüler:innen-Zahlen im landwirtschaftlichen Schulbereich und dessen moderne, offene und zukunftsorientierten Ausbildungen, wies Johann Weber (ÖVP) hin.
SPÖ: Reduktion von Pestiziden und Maßnahmen für mehr Tierwohl und Kleinbetriebe
Die Bundesregierung betreibe keine Politik, die für die Anliegen der kleinstrukturierten Landwirtschaft notwendig sei, kritisierte Cornelia Ecker (SPÖ) unter anderem fehlende Maßnahmen zur Reduktion von Pestiziden. Mittels Entschließungsantrag forderte die Abgeordnete eine österreichische und europäische Forschungsstrategie für schonende Alternativen zu herkömmlichen chemisch-synthetischen Pestiziden sowie eine europaweit rechtlich verbindliche Reduktion eben dieser. Ecker zeichne ein "Horrorszenario", das so in der Realität nicht existiere, entgegnete daraufhin Nikolaus Berlakovich (ÖVP) und verwies auf Maßnahmen zum schonenden Pflanzenschutz.
Für ein Überdenken der Förderungen für Tierwohl trat Dietmar Keck (SPÖ) ein und bemängelte anhand aktueller Beispiele unzureichende Kontrollen.
Die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft werden prekärer und der Beruf sei damit kein "Traumberuf" mehr, kritisierte Elisabeth Feichtinger (SPÖ). Die Kürzung der Mittel für soziale Dienstleistungen habe keine sachliche Begründung, würden mit diesen Mitteln doch Arbeitsplätze, soziale Infrastruktur, Gleichberechtigung und Lebensqualität gefördert bzw. geschaffen, meinte Feichtinger.
Jeder zweite Hof sei seit den 1970er Jahren verschwunden, beanstandete Klaus Köchl (SPÖ) die Förderung der "Agrarindustrie" sowie der Großgrund-Besitzer:innen anstatt der Kleinbetriebe. Die Maßnahmen der Bundesregierung hätten diesen Strukturwandel in der Landwirtschaft abgeschwächt, entgegnete Leonhard Eßl (ÖVP) darauf.
FPÖ: Freiheitliches Entlastungspaket für landwirtschaftliche Betriebe
Das Landwirtschaftsbudget sei eine "größere Katastrophe", bilanzierte FPÖ-Landwirtschaftssprecher Peter Schmiedlechner. Mittels Entschließungsantrag forderte er die Umsetzung eines Entlastungspakets zugunsten der heimischen Landwirt:innen, das die Überarbeitung der GAP, das Erlassen von Sozialversicherungs-Beiträgen, die Abschaffung der AMA-Marketing-Beiträge, das Aussetzen der Mehrwert- und Mineralöl-Steuer für alle landwirtschaftlichen Betriebe sowie einen Agrargipfel für Ernährungssouveränität vorsieht.
Kleine Betriebe würden eliminiert und größere immer weiter wachsen, kritisierte auch Gerald Hauser (FPÖ) die aktuelle Förderpolitik. Ebenso beanstandete er Maßnahmen zum Herdenschutz, da diese nicht funktionieren würden, und forderte im Gegenzug die Entnahme von Wölfen.
Der Ukraine-Russland-Krieg habe gezeigt, wie abhängig Österreich von anderen Ländern sei, forderte Alois Kainz (FPÖ) eine Stärkung der Versorgungssicherheit. Ebenso trat er für mehr Unterstützung von Gewächshausbetrieben und mehr Mittel für die Siedlungswasserwirtschaft ein.
Die Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen für die Energieproduktion sei im Widerspruch zur angestrebten stärkeren Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln, kritisierte Walter Rauch (FPÖ). Ebenso hinterfragte er, warum Holz-Hackgut im Unterschied zu Atomstrom nicht als nachhaltig auf europäischer Ebene eingestuft worden ist.
Grüne: Mehr BIO-Landwirtschaft und weniger Flächenverbrauch
Der Klimawandel sei eine große Herausforderung für die Landwirtschaft. Um diesem entgegen zu wirken, brauche es ein neues Denken und Handeln, um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen, forderte Olga Voglauer (Grüne) mehr BIO-Landwirtschaft und begrüßte "wesentlich mehr" Budgetmittel für diesen Bereich.
Österreich habe einen viel zu hohen Flächenverbrauch und liege damit im traurigen Spitzenfeld, thematisierte Astrid Rössler (Grüne). Der Flächenverbrauch, der aktuell 12 Hektar pro Tag betrage, sollte daher auf 2,5 Hektar reduziert werden, forderte Rössler. Dies sollte in der Bodenstrategie und auch als Wirkungsziel des Landwirtschaftsbudgets verankert werden.
NEOS: Keine Visionen im Landwirtschaftsbudget
Keine Visionen, keine Strategien und keine Innovationen ortete Karin Doppelbauer (NEOS) im Landwirtschaftsbudget. Dieses würde daher nicht die Chancen der Bäuerinnen und Bauern in der Zukunft verbessern, vermisste Doppelbauer Lenkungseffekte bei jenen Maßnahmen, die die Landwirtschaft positiv in die Zukunft führen würden. (Fortsetzung Nationalrat) pst
HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen.
Details zum Budget 2023, den Änderungen zu den Vorjahren sowie der Entwicklung des laufenden Budgetvollzugs bietet das interaktive Visualisierungstool des Budgetdiensts. Dort erhalten Sie einen raschen und transparenten Überblick über relevante Budgetdaten.
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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