Politik am Ring: Wer zahlt die Rechnung für das Krisenbudget?
Es ist der erste Haushaltsentwurf von Finanzminister Magnus Brunner, aber das dritte Krisenbudget in Folge, das derzeit im Parlament beraten wird. Nach den massiven Ausgaben für Corona-Hilfsmaßnahmen sind es jetzt Entlastungspakete gegen die steigende Inflation, die den Staatshaushalt belasten. Die Opposition kritisiert das Fehlen von Gegenfinanzierungen und einen Mangel an Reformbereitschaft. Weitgehend unumstritten ist zwar, dass sich der Staat in Krisenzeiten verschuldet, um den Bürger:innen zu helfen, aber wer zahlt am Ende die Rechnung? Darüber diskutierten gestern Abend Vertreter:innen aller fünf Parlamentsparteien gemeinsam mit Expert:innen in der Sendung Politik am Ring.
In seiner 81-minütigen Budgetrede Mitte Oktober machte der Finanzminister im Nationalrat klar, dass die budgetäre Lage wohl noch einige Zeit schwierig bleiben werde. Die Inflation hat sich seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt, auch 2023 wird der Staat wieder mehr ausgeben, als er einnehmen wird. Konkret ist ein Minus von 17 Mrd. € vorgesehen – und das bei steigenden Zinsen. Bis 2026 soll der Schuldenberg Österreichs auf rund 400 Mrd. € anwachsen.
Obernosterer (ÖVP) für Hilfe in Krisenzeiten
Ein Minus in der Bilanz sei freilich nie gut, sagte Gabriel Obernosterer (ÖVP) dazu. In schwierigen Zeiten sei es aber auch in der Wirtschaft geboten, zu investieren. Genauso habe es der Staat gehalten.
Obernosterer zeigte sich überzeugt, dass in einer Zeit ohne größere Krisen auch der Weg aus den Schulden wieder einfacher gelingt. Denn die Bewältigung von Corona-Krise und Inflation habe den Staat bisher über 80 Mrd. € gekostet – Ausgaben für Hilfsgelder, die es ohne Krisen nicht geben würde.
Schwarz (Grüne): Budget schafft Abfederung der Teuerung und Klimaschutz
Jakob Schwarz (Grüne) betonte die Bedeutung der Bekämpfung der Klimakrise. Aus seiner Sicht schaffe es das aktuelle Budget, sowohl der Teuerung entgegenzuwirken, als auch die langfristige Transformation hin zur Klimaneutralität zu fördern. Vorwürfe der Opposition, bei den Hilfsmaßnahmen nicht treffsicher zu sein, wollte Schwarz nicht gelten lassen. Gerade bei jenen Menschen mit Einkommen im untersten Zehntel würden die Entlastungsmaßnahmen den gesamten Teuerungseffekt abfedern.
Schwarz sieht Klimaschutz und Energieunabhängigkeit nicht nur für die Umwelt geboten, sondern auch als budgetär sinnvolle Maßnahmen. Denn Klimaschäden würden viel Geld kosten, Energieunabhängigkeit auf der anderen Seite Wertschöpfung in Österreich schaffen.
Matznetter (SPÖ) kritisiert Maßnahmen und fordert Steuern auf Vermögen
Christoph Matznetter (SPÖ) stimmte zu, dass in der Krise der Staat gegensteuern müsse. Er halte jedoch die Maßnahmen nicht für die richtigen. Matznetter forderte neben direkten Preisregelungen auch eine Abschöpfung der Übergewinne. Aus seiner Sicht fehle zudem eine Diskussion über Erbschafts- und Vermögenssteuern. Denn während sich Millionen-Erb:innen gegen Steuern wehren, würden kleine Einkommen bereits ab 12.000 € besteuert werden.
Einsparen könne man laut Matznetter bei den Corona-Hilfen, bei denen er eine Intransparenz durch die COVID-19-Finanzierungsagentur (COFAG) kritisierte.
Fuchs (FPÖ): Corona- und Sanktionspolitik der Regierung Schuld am Defizit
Für Herbert Fuchs (FPÖ) ist die Ausgangslage für das Defizit die aus seiner Sicht verfehlte Corona-Politik der Regierung. Durch nicht-notwendige Lockdowns und Hilfsmaßnahmen sei sinnlos Geld verbrannt worden. Davon sei die Regierung nahtlos in eine Sanktionspolitik übergegangen, die er ebenso massiv kritisierte. Auch bei den aktuellen Maßnahmen gegen die Teuerung werde Geld mit der Gießkanne verteilt. Aus seiner Sicht wäre es effizienter, auf EU-Ebene direkt in den Preismechanismus einzugreifen.
Die CO2-Bepreisung lehnte er ebenso ab wie Vermögens- und Erbschaftssteuern. Es gelte, zuerst bei den Ausgaben einzusparen und nicht zu überlegen, wie man neue Einnahmen generieren könne. Das könne durch einen effizienteren Einsatz von Mitteln und Einsparungen in der Verwaltung gelingen, so Fuchs.
Doppelbauer (NEOS) fordert Investition in Bildung
Karin Doppelbauer (NEOS) sprach sich dafür aus, dass der Staat in der Krise investiere. Aus ihrer Sicht seien die Maßnahmen aber nicht treffsicher. Gleichzeitig würden die Menschen "ausgequetscht". Doppelbauer forderte daher eine Senkung von Steuern.
Für Doppelbauer fehlen Gelder dort, wo sie wirklich wichtig wären, nämlich in der Bildung. In der Elementarpädagogik werde nicht einmal die Inflation ausgeglichen, in den Pflichtschulen gebe es zu wenige Lehrkräfte und die Universitäten würden angesichts der Teuerungen von Insolvenzen sprechen, zeigte sie sich schockiert. Einsparungspotenziale sieht sie durch eine Pensionsreform mit höherem Pensionsantrittsalter und durch eine Förderalismusreform.
Mader: Treffsicherheit über Einnahmenseite generieren
Um die Treffsicherheit von Hilfsmaßnahmen feststellen zu können, fehle es aktuell an Datenmaterial, kritisierte Katharina Mader von der Arbeiterkammer Wien. Während in der Klimapolitik Investitionen feststellbar seien, sei das Zukunftsthema Bildung eine große Leerstelle im Budget.
Treffsicherheit könne man laut Mader auch über die Einnahmenseite generieren. Die Expertin sprach sich hier neben einer Besteuerung von Übergewinnen auch für Vermögens- und Erbschaftssteuern aus. Schließlich gehe die Vermögenskonzentration weiter auseinander, was auch eine Geschlechterfrage sei.
Kronberger: Staat muss nach der Krise wieder Reserven erwirtschaften
Experte Ralf Kronberger von der Wirtschaftskammer Österreich unterstrich, dass der Staat in Krisenzeiten investieren und Defizite in Kauf nehmen müsse. In stabileren Zeiten müsse es gelten, wieder Reserven zu erwirtschaften, um für die nächste Krise gewappnet zu sein. Aus seiner Sicht sei für die Wirtschaft in der aktuellen Krise im Großen und Ganzen genug passiert, wenngleich er es sinnvoll gefunden hätte, die CO2-Bepreisung zu verschieben.
Auf Erbschafts- und Vermögenssteuern angesprochen, führte Kronberger an, dass es bereits Zugriffe des Staats auf Vermögen gebe, etwa durch die Kapitalertragsteuer oder die Grunderwerbsteuer. Zusätzliche Steuern fände er zu viel.
Durch die Diskussion führte Moderator Gerald Groß. Die nächste Sendung von Politik am Ring findet am Montag, dem 12. Dezember 2022, statt. Sie wird wieder live ab 21.00 Uhr in der Mediathek des Parlaments übertragen. Alle Folgen von Politik am Ring sind dort dauerhaft abrufbar. (Schluss) kar
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