UN-Klimagipfel: Weltweite Kritik an unzureichenden Selbstverpflichtungen des Finanzsektors
Ein wichtiger Teil der internationalen Klimapolitik wird in den Vorstandsetagen der Wall Street und der City of London entworfen. Denn eine weltweite Allianz großer Finanzkonzerne, die Glasgow Financial Alliance for Net Zero, hat innerhalb der UN-Klimaverhandlungen die Agenda für die Regulierung des privaten Finanzwesens übernommen. Die Folge davon ist, dass der Finanzsektor noch immer zu keiner signifikanten oder raschen Reduktion seiner Finanzierung fossiler Brennstoffe verpflichtet ist.
Dies kritisiert das europäische Attac-Netzwerk zusammen mit 89 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus der ganzen Welt in einer gemeinsamen Stellungnahme anlässlich des Klimagipfels in Sharm el-Sheikh. Die Organisationen fordern, dass die Regierungen den Einfluss der Finanzindustrie in den Gremien der UN-Klimaverhandlungen begrenzen. Die gesamte Finanzindustrie müsse sich zudem den Bestimmungen und Zielen des Pariser Abkommens unterwerfen. Das Minimum dafür sind verpflichtende Regeln für den Ausstieg aus Investitionen in fossile Brennstoffe und Entwaldung.
Finanzsektor spielt eine zentrale Rolle bei der Verschärfung der Klimakrise
„Der Finanzsektor spielt durch die Finanzierung fossiler Industrien eine zentrale Rolle bei der Verschärfung der Klimakrise. Trotz der im Pariser Klimaabkommen in Artikel 2.1 (c) verankerten Forderung, die Finanzströme mit der Reduzierung der Treibhausgasemissionen (…) in Einklang zu bringen, existiert noch immer keine Regulierung, die fossile Investitionen einschränkt oder verbietet“, kritisiert Hannah Bartels von Attac Österreich.
Der Grund dafür: Die größten Finanzkonzerne der Welt haben sich in der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) zusammengeschlossen. Diese Allianz bestimmt auch beim aktuellen Klimagipfel die UN-Agenda für die Regulierung des privaten Finanzwesens und setzt dabei auf freiwillige „Selbstregulierung“. Damit vereinnahmen genau jene Konzerne die Klima-Agenda für sich, die die meisten Finanzierungen für fossile Projekte bereitstellen. Von den 60 Banken, die seit dem Pariser Abkommen weltweit fossile Investitionen in Höhe von 4,6 Billionen US-Dollar getätigt haben, sind 40 Mitglieder in der GFANZ. (1)
Profite gehen vor Klimaschutz
Den Finanzkonzernen geht es kaum darum, ihre klimaschädlichen Geschäftsmodelle zu ändern. Denn ihre – völlig freiwilligen – „Netto-Null"-Ambitionen sehen keine reale Reduktion der Treibhausgas-Emissionen vor – solange diese etwa durch zweifelhafte Kompensationen an anderen Orten "ausgeglichen" werden können. „Wer den Profitinteressen der Finanzkonzerne Vorrang vor politischer Regulierung gibt, heizt die Klimakrise weiter an“, kritisiert Christoph Rogers von Attac Österreich.
Echte Hilfen statt Kredite für den Globalen Süden
Die GFANZ nutzt ihre Machtposition auch, um ihr bevorzugtes Modell der „Klimafinanzierung“ für den Globalen Süden zu propagieren. Im Zentrum stehen dabei Marktöffnungen für privates Kapital, die Vergabe von neuen Krediten, Steuervergünstigungen für Konzerne und ein strenger Investitionsschutz. „Statt Klimagerechtigkeit bringt das vor allem höhere Profitmöglichkeiten“, erklärt Bartels.
Die 89 Organisationen fordern daher von den Regierungen einen ernsthaften Plan für die Finanzierung der Transformation im Globalen Süden, der auf echten Hilfen und nicht auf Krediten basiert. Der dafür bereits 2009 versprochene, aber nie eingelöste jährliche 100‐Milliarden‐Dollar‐Fonds müsse neu konzipiert und erhöht werden.
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(1) Die großen Finanzkonzerne wie Citigroup, JPMorgan Chase, Bank of America oder Goldman Sachs investieren nach wie vor jährlich zig Milliarden Dollar in fossile Konzerne wie Saudi Aramco, Abu Dhabi National Oil Co. oder Qatar Energy. Allein 2021 waren es in Summe 742 Milliarden US-Dollar – und damit mehr als vor dem Pariser Klimaabkommen.
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