Nachholbedarf bei Impfungen nach Covid-Pandemie | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Nachholbedarf bei Impfungen nach Covid-Pandemie

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  • Durchimpfungsraten bei wichtigen Basisimpfungen deutlich gesunken
  • Finanzierung der Influenza-Impfung erster wichtiger Schritt, um gegenzusteuern
  • Wirksame Impfprogramme bieten Schutz für den Einzelnen und entlasten das Gesundheitssystem

Der 5. Vienna Health Talk am 18.10.2022 widmete sich (in Partnerschaft mit GSK) dem Thema „Erwachsenenimpfungen in Österreich – von der Empfehlung zur Umsetzung“. Und das aus gutem Grund: Seit Beginn der SARS-CoV2-Pandemie sind zahlreiche andere Impfungen für Erwachsene in den Hintergrund getreten. Medizinisch sinnvoll und dringend empfohlen, werden die meisten dieser Impfungen nicht vom Gesundheitssystem finanziert und sind somit privat zu bezahlen.  

Tendenz in Richtung Zwei-Klassen-Medizin droht 

Das angekündigte Influenza-Impfprogramm, in dessen Rahmen ab Herbst 2023 nur noch die Rezeptgebühr zu begleichen ist, ist ein wichtiger erster Meilenstein. Doch eine Reihe weiterer Impfungen werden im Österreichischen Impfplan für Erwachsene empfohlen, aber nicht vom Gesundheitssystem finanziert, wie etwa die Schutzimpfungen gegen Diphterie/Tetanus/Pertussis/Polio, Humane Papillomaviren, FSME, Hepatitis A/B und nicht zuletzt die Impfung gegen die bei Erwachsenen besonders häufig auftretende Gürtelrose (Herpes Zoster). Jede/r Dritte ist im Laufe des Lebens von einer Gürtelrose betroffen, die schwerwiegende Komplikationen und heftige Schmerzzustände verursachen kann.  

Solange solch wichtige Impfungen aber privat zu bezahlen sind, bleibt es der Finanzkraft des/der Einzelnen überlassen, ob der offiziellen Impfempfehlung auch nachgekommen werden kann. Das wiederum bedeutet, dass Gesundheit in diesem Bereich eine Frage der Geldbörse ist – typisches Kennzeichen einer Zwei-Klassen-Medizin. 

Laut Österreichischem Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) sind die Durchimpfungsraten in Österreich bei allen Impfungen zurückgegangen: So lag die Durchimpfungsrate bei Influenza zuletzt bei 17 % und damit um 5 % unter dem Wert aus 2021 (Fußnote 1). Zum Vergleich: Die WHO empfiehlt hier eine Rate von 75 % (Fußnote 1,4).  

Solidarität und Prävention mit messbaren Ergebnissen 

Neben den gesundheitlichen Folgen für die einzelnen Betroffenen wirken sich unterlassene Impfungen auch negativ auf das Sozialsystem und die Volkswirtschaft aus: So hat laut ÖVIH allein die universelle Hepatitis-B-Impfung in Italien in den ersten 20 Jahren seit der Einführung 580 Mio. Euro an Nettoeinsparungen erbracht und die Prävalenz um 99 % gesenkt. (Fußnote 2) Die Effekte jeder breitflächig ausgerollten Erwachsenen-Impfung können also enorm sein. Die Voraussetzung dafür ist die Kostenübernahme durch das solidarische Sozialversicherungssystem, wodurch das Präventionsprinzip so effektvoll wie sonst nur selten genutzt werden könnte: So zeigte eine Studie von McKinsey bereits 2017, dass Impfungen die effektivste Intervention zugunsten von Gesundheitsförderung darstellen, noch vor Faktoren wie Antiinfektiva und gesunder Ernährung. (Fußnote 3)

Vor diesem Hintergrund diskutierten beim 5. Vienna Health Talk vier Expert*innen zum Thema:

  • Dr.in Katharina Reich, Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit
  • Dr.in Eva Höltl, Arbeitsmedizinerin der ERSTE Bank
  • Andreas Huss, Obmann der Österr. Gesundheitskasse
  • Dr. Gerald Bachinger, Leiter der NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft 

Ausgewählte Zitate aus dem Talk 

„Die Impfung ist die Keimzelle der Prävention.“
Dr.in Katharina Reich, Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit 

„Spätestens seit COVID wissen wir, wie wichtig es ist, geimpft zu sein – und zugleich, wie schwierig es ist, die Menschen zu überzeugen.“
Dr.in Katharina Reich, Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit 

„Wir haben versucht, das Window of Opportunity jetzt zu nutzen. Mit dem öffentlichen Impfprogramm für Influenza ist ein Meilenstein geglückt.“
Dr.in Katharina Reich, Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit 

„Impfen ist die zentralste Präventionsleistung eines Gesundheitssystems, und Niederschwelligkeit ist der Schlüssel zu höheren Durchimpfungsraten. Wir haben im Gesundheitssystem mit der kostenlosen Influenza-Impfung einen Weg beschritten, auf dem uns noch keine ‚Strafzettel‘ fürs Tempo drohen, aber auf diesem Weg müssen wir weitergehen. Was menschliches Leid verhindert und sich ökonomisch darstellen lässt, ist jedes Geld der Welt wert. Dabei genügt es aber nicht, Impfungen bereitzustellen – wir müssen die Menschen von der Wirksamkeit überzeugen, in allen Gruppen und Settings.“
Andreas Huss, Obmann der Österr. Gesundheitskasse 

„Die Frage, warum manche Impfungen bezahlt werden und andere nicht, untergräbt medizinisches und institutionelles Vertrauen. Wenn Expert*innen etwa vom Nationen Impfgremium Impfungen empfehlen, ist für den Einzelnen nicht nachvollziehbar, warum manche von der Sozialversicherung finanziert werden und andere nicht. Das führt zu Spekulationen und Verunsicherung.“
Dr.in Eva Höltl, Leiterin des Gesundheitszentrums der Erste Bank  

„Leid kostet meistens auch Geld. Bei Herpes Zoster gibt es zum Beispiel gute Modellierungen, die zeigen, für welche Altersgruppen die Impfung nicht nur medizinisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist.  So können finanzielle Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden.“
Dr.in Eva Höltl, Leiterin des Gesundheitszentrums der Erste Bank  

„Die Fragen sind jetzt: Welche Impfungen sind im Interesse der öffentlichen Gesundheit? Welche sind Kandidaten für den nächsten Schritt nach dem Influenza-Impfprogramm? Welchen Impact haben sie auf die Gesundheit unserer Bevölkerung? Da gibt es bereits Vorschläge.“
Dr.in Katharina Reich, Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit 

„Die Grundlage für höhere Impfraten bei Erwachsenen ist die Erhöhung der Gesundheitskompetenz bei den Menschen – von der Aufklärung am Arbeitsplatz bis hin zur Ansprache von Menschen mit Migrationshintergrund, die Gesundheit oft anders verstehen. Und wir sollten neu überdenken, was künftig der Leistungsumfang eines öffentlichen Gesundheitswesens für eine vernünftige Grundversorgung ist – und dann mehr ausprobieren als diskutieren.“
Dr. Gerald Bachinger, Sprecher der österreichischen Patientenanwälte 

„Unternehmen haben die Chance, Erklärungen zu liefern. Hier könnte man Impfaufklärung sehr gut und leicht betreiben.“
Dr.in Eva Höltl, Leiterin des Gesundheitszentrums der Erste Bank 

Fotos finden Sie unter diesem Link: https://we.tl/t-pCENfapxEX. Fotocredit: ©Vienna Health Talks  

Außerdem steht in Kürze ein Videobericht unter https://www.viennahealthtalks.at/talks/ zur Verfügung. 

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1 https://www.ots.at/redirect/oevih11

2 https://www.ots.at/redirect/oevih12

3 https://www.ots.at/redirect/mckinsey1

4 Methods for assessing influenza vaccination coverage in target groups (who.int) 

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