TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Ausgabe vom 13. Oktober 2022, von Wolfgang Sablatnig: "Das Budget der Unwägbarkeiten" | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Ausgabe vom 13. Oktober 2022, von Wolfgang Sablatnig: „Das Budget der Unwägbarkeiten“

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ÖVP und Grüne wollen Staat und Wirtschaft stabilisieren. Sie schaffen die kalte Progression ab und investieren in die Ökologisierung. Was sein Budget wirklich wert ist, weiß Finanzminister Magnus Brunner aber nicht.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zuckt mit den Schultern. „Die Lage ist volatil. Wir können nur einsetzen, was die Wirtschaftsforscher sagen“, meint er. 
Die Prognosen der Wirtschaftsforscher haben derzeit aber nur eine kurze Halbwertszeit. Nächstes Jahr schaut grimmig aus. Dann sollte der Wirtschaftsmotor wieder anspringen, hoffen sie. 
So genau weiß das aber niemand. Das große Fragezeichen ist Russlands Krieg in der Ukraine. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Republik von den steigenden Zinsen betroffen ist.
Vor diesem Hintergrund hat der Finanzminister gestern im Nationalrat sein erstes Budget vorgelegt. Politisch musste er ÖVP und Grüne unter einen Hut bringen. Für die Koalitionspartner wird die Zeit knapp, wenn sie bis zur nächsten regulären Nationalratswahl 2024 nachhaltige politische Markierungen hinterlassen wollen. Also versuchten beide, möglichst viel unterzubringen. 
Im Budget schlagen sich Krisen und Koalitionsräson mit steigenden Ausgaben in vielen Bereichen nieder. „Whatever it takes“, sagt der Finanzminister dazu auf Englisch. Er übersetzt aber ausdrücklich anders als der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz, der in der Pandemie ein „Koste es, was es wolle“ gepredigt hat. Brunner lässt den sparsamen Vorarlberger durchblicken und meint, er wolle „das Notwendige zur Verfügung stellen“. 
Die Konsequenz ist aber die gleiche: Die Ausgaben steigen, das Defizit steigt – und wenn nicht die hohe Inflation helfen würde, wäre die Lage des Budgets fatal: Die Schulden steigen von heuer 350 Milliarden Euro auf fast 400 Milliarden Euro in vier Jahren.
Vorerst bleibt nichts anderes übrig, als Staat und Wirtschaft mit hohen Ausgaben zu stabilisieren. Im Verteilen funktionieren ÖVP und Grüne. Die Kunst wird sein, in den nächsten Jahren wieder auf die Bremse zu steigen. Ob sie dazu in der Lage sind, mussten sie in ihrer von Krisen geprägten Regierungszeit noch nicht beweisen. 
Einiges haben ÖVP und Grüne aber jedenfalls geleistet: Sie schaffen die kalte Progression ab und sorgen für eine regelmäßige Erhöhung vieler Sozialleistungen. Damit nehmen sie sich zwar Spielräume, die steuerzahlende Bevölkerung bringen sie dadurch aber auf Augenhöhe. Vorbei ist die Zeit, in denen Bürger wie für Almosen auch noch dankbar sein mussten. Hoffentlich! Und sie betreiben die Ökologisierung der Wirtschaft.
„Wir wollen Österreich mit neuer Kraft aus der Krise führen“, sagt Brunner dazu. Wenn ihm da nur keine Krise dazwischenkommt.

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