Sozialausschuss billigt Gesetzentwurf zur Pensionserhöhung 2023
Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen werden auch im kommenden Jahr eine Einmalzahlung von bis zu 500 € als Teuerungsausgleich erhalten. Zudem wird die Ausgleichszulage – zusätzlich zum gesetzlichen Anpassungsfaktor von 5,8% – außertourlich um 20 € erhöht und somit mit Jahresbeginn um insgesamt 7,74% auf knapp über 1.110 € steigen. Bezieher:innen besonders hoher Pensionen müssen hingegen Abstriche bei der Inflationsabgeltung hinnehmen. Das sind die Eckpunkte des Gesetzentwurfs zur Pensionserhöhung 2023, den der Sozialausschuss des Nationalrats heute auf den Weg gebracht hat. Er war kurzfristig einberufen worden, um die am Dienstag von der Regierung präsentierte Pensionseinigung auf gesetzliche Beine zu stellen.
Kritisch zum Paket äußerte sich die Opposition. Es hätte zwar schlimmer kommen können, sagte NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker, auf Dauer könne es sich aber nicht ausgehen, dass die Einkommen der Pensionist:innen schneller steigen als die der Erwerbstätigen. SPÖ und FPÖ ist die Pensionsanpassung hingegen zu niedrig. Sie hatten in eigenen Initiativen Pensionserhöhungen von bis zu 10% gefordert, konnten sich damit aber ebenso wenig durchsetzen wie die NEOS mit der Forderung nach Einführung einer Pensionsautomatik samt Berücksichtigung einer steigenden Lebenserwartung.
Grundlage für den Beschluss bildete ein Antrag der Koalitionsparteien (2810/A), der erst im Zuge der heutigen Ausschussberatungen mit konkretem Inhalt befüllt wurde. Demnach werden Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen – ergänzend zur gesetzlich vorgesehenen Pensionserhöhung von 5,8% – im März kommenden Jahres neuerlich eine Einmalzahlung erhalten. Diese ist nach Pensionshöhe gestaffelt, wobei der Maximalbetrag von 500 € jenen Pensionist:innen überwiesen wird, die über eine monatliche Bruttopension zwischen 1.667 € und 2.000 € verfügen. Bei darüber liegenden Pensionen sinkt die Einmalzahlung bis zu einer monatlichen Gesamtpension von 2.500 € linear auf null ab. Wer weniger als 1.667 € Bruttopension bezieht, erhält einmalig 30% dieses Betrags überwiesen. Voraussetzung ist stets ein Hauptwohnsitz im Inland. Die Einmalzahlung ist steuer- und abgabenfrei und darf weder auf die Sozialhilfe angerechnet noch gepfändet werden.
Mit 1.110,26 € neu festgesetzt wird der Ausgleichszulagenrichtsatz. Das ist ein Plus von 80 € gegenüber der aktuellen Mindestpension von 1030,49 €, wobei sich dieser Betrag aus der allgemeinen Pensionserhöhung von 5,8% und einem außertourlichen Aufschlag von 20 € zusammensetzt. Die Ausgleichszulage für Paare liegt künftig bei 1.751,56 €.
Wer eine besonders hohe Pension bezieht, bekommt im Gegenzug im nächsten Jahr nicht die volle Inflationsabgeltung. Das gilt insbesondere für Beamt:innen im Ruhestand und Bezieher:innen von Sonderpensionen, sofern ihr Gesamtpensionseinkommen über 5.670 € liegt. Ab dieser Höhe wird die Pensionserhöhung mit knapp 329 € gedeckelt. Eine eigene Verfassungsbestimmung im ASVG soll sicherstellen, dass von diesem Deckel auch Sonderpensionen im Kompetenzbereich der Länder umfasst sind. Dazu haben ÖVP und Grüne einen ergänzenden Antrag (2811/A) vorgelegt, der im Plenum eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Durch die Zustimmung von FPÖ und NEOS im Ausschuss dürfte diese aber sichergestellt sein.
Kosten wird das Pensionspaket laut Grünen-Sozialsprecher Markus Koza rund 4 Mrd. €, wobei ÖVP-Klubobmann August Wöginger darauf aufmerksam machte, dass ein Teil davon wieder an Steuern und Abgaben zurückfließen werde. SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck geht in diesem Zusammenhang von einem Betrag von 1,5 Mrd. € aus.
Anträge der Opposition
Mitverhandelt mit den beiden Anträgen der Regierungsparteien wurden auch vier Initiativen der Opposition, die jedoch keine Mehrheit erhielten. So schlägt die SPÖ vor, für die jährliche Pensionsanpassung nicht mehr die durchschnittliche Jahresinflation zum Stand Ende Juli des Vorjahres als Referenzwert heranzuziehen, sondern jene von Dezember (2737/A(E)). Das würde ihren Berechnungen nach für das kommende Jahr eine Pensionserhöhung von voraussichtlich 8,4% – anstelle von 5,8% – ergeben. Die FPÖ drängt mit Hinweis auf die Preisentwicklung im Warenkorb für Pensionist:innen gar auf eine Pensionserhöhung von mindestens 10% (2788/A(E)).
Um dem aktuellen Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, spricht sich die FPÖ überdies dafür aus, Zuverdienst-Modelle für Pensionist:innen durch den Abbau bürokratischer und finanzieller Hürden attraktiver zu machen (2670/A(E)). Die NEOS fordern eine Flexipension mit Pensionsautomatik nach skandinavischem Vorbild (2253/A(E)). Sind die Einzahlungen ins Pensionssystem niedriger als die Auszahlungen soll demnach an bestimmten Stellschrauben wie dem Pensionsantrittsalter oder einer geringeren Pensionsanpassung gedreht werden. Die Vorschläge wurden von den Regierungsparteien allerdings in der letzten Sitzung des Sozialausschuss kritisch bewertet (siehe dazu Parlamentskorrespondenz Nr. 1023/2022)
ÖVP und Grüne sehen faire und sozial ausgewogene Pensionserhöhung
Was den heutigen Beschluss betrifft, zeigten sich sowohl ÖVP als auch Grüne zufrieden. Man habe sich auf eine sozial treffsichere Pensionserhöhung geeinigt, machte Grünen-Sozialsprecher Koza geltend. Mit einem Volumen von 4 Mrd. € werde "einiges bewegt", um die Einkommen älterer Menschen zu stabilisieren. Die außertourliche Erhöhung der Ausgleichszulage und die vorgesehene Einmalzahlung sieht er zudem als wichtige Maßnahme zur Armutsbekämpfung. Die Erhöhung sei sozial fair und "absolut ausgewogen", pflichtete ihm ÖVP-Sozialsprecher Ernst Gödl mit Hinweis auf die höhere Anpassung kleinerer und mittlerer Pensionen bei. Gödl und ÖVP-Klubobmann Wöginger hoben zudem hervor, dass Pensionsbezieher:innen zusätzlich von der Abschaffung der kalten Progression profitieren werden.
Das Argument, dass die vorgesehene Einmalzahlung angesichts der derzeitigen Rekordinflation unzureichend sei, ließen ÖVP und Grüne nicht gelten. Schließlich werde die aktuelle Teuerung bei der nächsten Pensionserhöhung abgegolten, hielt Koza fest. Bis dahin leiste die Einmalzahlung eine Überbrückungshilfe. Überdies habe es auch unter sozialdemokratisch geführten Regierungen und unter der schwarz-blauen Regierung regelmäßig Einmalzahlungen gegeben. ÖVP-Klubobmann Wöginger wies darauf hin, dass im Bereich der Ausgleichszulage der heuer zu erwartende Jahresinflationswert sogar überkompensiert werde.
Rauch: Gesetzlicher Anpassungsfaktor stellt volle Inflationsabgeltung sicher
Ähnlich argumentierte Sozialminister Johannes Rauch. Der gesetzliche Anpassungsmechanismus stelle sicher, dass in Summe jedes einzelne Zehntelprozent Inflation bei der Pensionserhöhung berücksichtigt wird, bekräftigte er. Die Einmalzahlung sei eine zusätzliche Vorleistung. Ihm zufolge wurde "sehr viel Zeit investiert", um die vorliegende Pensionserhöhung auf den Weg zu bringen. Es sei schwierig gewesen, eine Balance zwischen den verschiedenen Interessen zu finden, sagte Rauch, man habe aber eine "sozial ausgewogene, treffsichere und budgetär nachhaltige" Lösung gefunden.
NEOS: Pensionseinkommen steigen stärker als Erwerbseinkommen
Erleichtert, dass "den absurden Forderungen" der Pensionistenverbände nicht Rechnung getragen worden sei, zeigte sich NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker. Es hätte schlimmer kommen können, meinte er. 4 Mrd. € seien aber eine beachtliche Summe, zumal die Einkommen der Pensionist:innen schon zuletzt schneller als die Einkommen der Erwerbstätigen gestiegen seien, wie die OECD festgestellt habe. Das könne sich auf Dauer nicht ausgehen, schließlich müssten die Pensionen aus den laufenden Einnahmen finanziert werden. Zudem stellte Loacker die Kosten für die Einmalzahlung in der Höhe von 650 Mio. € den gesamten Energiekostenzuschüssen für Unternehmen im Ausmaß von 1,3 Mrd. € gegenüber, was er als fragwürdiges Verhältnis sieht.
Für bedenklich hält es der NEOS-Sozialsprecher darüber hinaus, dass der Ausgleichszulagenrichtsatz schon sehr nahe an die Medianpension herangerückt sei. Langfristig gebe es einen Trend zur Volkspension, das Versicherungsprinzip würde ausgehebelt. Auch dass Personen mit Pensionsantritt November und Dezember im kommenden Jahr ebenfalls eine aliquote Pensionserhöhung erhalten, und zwar unabhängig von ihrer Pensionshöhe, ist für ihn unverständlich.
SPÖ und FPÖ halten Pensionserhöhung für unzureichend
Sowohl die SPÖ als auch die FPÖ warfen den Regierungsparteien vor, in der Öffentlichkeit mit falschen Zahlen zu operieren. Die Pensionserhöhung betrage nur 5,8%, der Rest sei eine Einmalzahlung im März, hielt Dietmar Keck fest. Auch eine soziale Staffelung kann er nicht erkennen. Schließlich falle die Einmalzahlung bei ganz niedrigen Pensionen geringer aus als bei Pensionen zwischen 1.667 € und 2.000 €. Seine Fraktionskollegin Verena Nussbaum wertete es als zu spät, die Teuerung vom Herbst 2022 erst 2024 abzugelten.
Von "Rosstäuscherei" sprach FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm. Das vorliegende Paket sei für Pensionist:innen nicht erfreulich, sagte er. Zumal in absoluten Beträgen Bezieher:inenn hoher Pensionen mit zusätzlich 4.600 € jährlich deutlich mehr Geld bekommen als Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen. Das den Menschen zu erklären, werde schwierig sein. Wurm machte außerdem die Politik der türkis-grünen Regierung für die aktuelle Inflationsrate verantwortlich und meinte, in außergewöhnlichen Zeiten brauche es außergewöhnliche Maßnahmen. Wesentlich wäre es aus einer Sicht außerdem, Pensionist:innen den Zuverdienst zu erleichtern.
Dass bei der Pensionserhöhung erst ab einer Gesamtpension von 5.670 € ein Deckel eingezogen wird, begründete Grünen-Sozialsprecher Koza damit, dass man die gesetzlich vorgesehene Wertsicherung der Pensionen und das Versicherungsprinzip nicht außer Acht lassen dürfe, wolle man nicht eine Aufhebung des Beschlusses durch den Verfassungsgerichtshof riskieren. Man sei bei den Sonderpensionen ohnehin schon in der Vergangenheit an die Grenze gegangen, was verfassungsrechtlich möglich sei, machte ÖVP-Klubobmann Wöginger geltend. Nach Meinung von SPÖ-Abgeordneter Nussbaum und FPÖ-Abgeordnetem Wurm wäre es jedoch sinnvoller gewesen, sich beim Deckel an der ASVG-Höchstpension von 3.730 € und nicht an der Höchstbemessungsgrundlagen zu orientieren.
Zur Forderung der FPÖ nach Erleichterungen beim Zuverdienst für Pensionist:innen merkte ÖVP-Abgeordnete Bettina Zopf an, man werde sich die Frage genauer anschauen müssen. Es brauche "rechtlich gescheite" Lösungen. In der vorgeschlagenen Form würde das nicht funktionieren. (Schluss) gs
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