13. Wiener Landtag (2)
Wien (OTS/RK) – LAbg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE) erklärte eingangs, dass die tägliche Arbeit und Gespräche mit der Bevölkerung zeigten, dass es keine Frage der Staatsbürgerschaft sei, wie sich Menschen auf der Straße verhalten und in die Gesellschaft integrieren würden. Auch zwischen Staatsbürgerschaft und Bildung bestehe keinerlei Zusammenhang. Jeder und Jede habe das Recht auf eine Staatsangehörigkeit. Mehr und mehr Staaten weltweit würden auch Doppelstaatsbürgerschaften akzeptieren. Dies bringe wesentliche Vorteile für die Staaten und Menschen. Um allen Menschen Chancen zu ermöglichen, sei es wichtig die Staatsbürgerschaft zu erweitern und möglichst offen zu gestalten. In manchen Bezirken Wiens sei bei der nächsten Wahl nur noch die Hälfte der Bevölkerung wahlberechtigt, kritisierte Kunrath. Er brachte einen Antrag ein, in dem er forderte, dass die für Staatsbürgerschaften zuständige MA 35 Antragsteller*inen den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft möglichst einfach und kostengünstig ermöglichen solle.
LAbg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) forderte ein „faires, modernes und progressives“ Staatsbürgerschaftsrecht. Menschen, die viel für die Gesellschaft beitragen, würden derzeit von der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen. Das gelte es zu ändern, so Stürzenbecher. Mehrere Punkte seien für eine schnellere Einbürgerung notwendig: So sollten sechs Jahre Aufenthalt in Österreich für einen erfolgreichen Antrag genügen. Zudem müssten ein in Österreich geborenes Kind die Staatsbürgerschaft erhalten, wenn ein Elternteil bereits fünf Jahre in Österreich lebt. Auch gelte es die Einkommensgrenze zu verringern und Landesgebühren auf niedrigem Niveau in allen Bundesländern zu harmonisieren. Die Staatsbürgerschaftsprüfung sei durch einen Staatsbürgerschaftslehrgang zu ersetzen. Deutschland und die skandinavischen Länder seien diesbezüglich Vorbilder.
LAbg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ) nannte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) als die tatsächlich Verantwortlichen, um „die Grenzen zu schützen“. Mit den Grünen in der Bundesregierung blieben die Grenzen offen und die Staatsbürgerschaft sei weiter zu einfach zu erlangen. Innenminister Karner und Integrationsministerin Raab müssten daher in die politische Verantwortung genommen werden. Es dürfe keine Aufweichung bei der Staatsbürgerschaft geben, forderte Krauss. Aber auch die Wiener SPÖ sei verantwortlich, dass Wien zum „Magnet für Asylanten und illegale Migration“ geworden sei, so der FPÖ-Abgeordnete. Hier würden seine Fraktion nicht mitmachen. Er ortete eine schon seit längerem steigende Tendenz bei den Einbürgerungen: Zuletzt 16.000 Einbürgerungen im Jahr 2021 seien deutlich mehr als jeweils in den Jahren zuvor. Zwischen Asyl und Einwanderung müsse unterschieden werden, Asyl sei Schutz auf Zeit, sagte Krauss und forderte: „Keine Staatsbürgerschaft über den Asylweg“.
LAbg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS), erklärte, dass Österreich mit einer Einbürgerungsrate von 0,6 Prozent weltweit zu den Schlusslichtern diesbezüglich zähle. Soweit sie ihren Vorredner richtig verstehe, sollten nur gut integrierte Menschen die Staatsbürgerschaft bekommen. Viele finanzielle und bürokratische Hürden würden es aber genau gut integrierten Menschen schwermachen:
Die Einkommensgrenze sei etwa für viele kaum zu schaffen, habe aber mit Integration wenig zu tun. Dies gelte auch für andere Ausschluss-Gründe wie Verwaltungsstrafen etwa für Falschparken. All diese bürokratischen Hürden müssten von den Verantwortlichen im Bund einem zeitgemäßen Realitätscheck unterzogen werden, forderte Bakos. Die für Staatsbürgerschaft zuständige MA 35 habe jährlich 150.000 Anträge zu bearbeiten. Um die Behörde zu unterstützen sei von der Stadtregierung etwa ein neues Telefoncenter für die 1.200 Anrufe pro Tag eingerichtet worden. Um die Angebote der MA 35 zu verbessern, würden aktuell 21 Teilreformen umgesetzt. In erster Linie müsse aber auch der Bund die Kriterien für die Staatsbürgerschaft dringend überarbeiten.
StR Peter Kraus, BSc (GRÜNE) stellte fest, dass etwa 50 Prozent der Bewohner*innen des 15. Bezirks kein Wahlrecht hätten. Hier stelle sich die Frage, inwieweit dies demokratiepolitisch vertretbar sei. Die Unterschiede zwischen wahlberechtigten Wiener*innen zeige sich schon in der Schule. Im Jahr 2020 hatten, so Kraus, 90.000 in Österreich geborenen Menschen kein Wahlrecht. Das entspreche der Bevölkerung eines ganzen Bezirks. Wien sei Vielfalt, so Kraus, diese dürfe durch negative Debatten zur Staatsbürgerschaft nicht „entwertet“ werden. (Forts.) bon
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