Nationalrat: Bundeskanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler präsentieren Regierungsumbildung
Wien (PK) – Gleich im Anschluss an die Aktuelle Stunde informierten Bundeskanzler Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler die Abgeordneten in der heutigen Plenarsitzung des Nationalrats über die jüngste Regierungsumbildung und die damit verbundene Neuaufteilung der Aufgaben zwischen den Ressorts. Sie präsentierten den neuen Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, den nunmehr auch mit Wirtschaftsagenden betrauten Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher, die Staatssekretärin für Tourismus Susanne Kraus-Winkler, den im Finanzministerium verankerten Staatssekretär für Digitalisierung Florian Tursky und die an Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm übertragenen Zivildienstagenden. Während die Regierungsparteien Dank und Anerkennung den scheidenden und neuen Regierungsmitgliedern zollten, kritisierten die Oppositionsfraktionen die Regierungspolitik. SPÖ und FPÖ traten für Neuwahlen ein.
Nehammer: Jede Veränderung bringt Chancen für Neues
Großen Dank zollte Bundeskanzler Karl Nehammer den scheidenden Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck. Diese hätten in der schwierigen Zeit der Pandemie vollen Einsatz für ihre Ressorts geleistet. Jede Veränderung bringe aber auch Chancen für Neues, verwies Nehammer auf die Neuordnung der Aufgaben der Ministerien. Man habe das zusammen gefügt, was aus der Sicht der Bundesregierung zusammen gehöre und damit Klarheit, Struktur, Transparenz und Effizienz geschaffen. Zur Kritik der Zusammenführung des Arbeits- und Wirtschaftsressorts meinte der Bundeskanzler, dass man ein Ministerium für eine der größten Herausforderungen dieser Zeit geschaffen habe. Es brauche gut ausgebildete Arbeitnehmer:innen auf der einen und mutige Unternehmer:innen, die bereit sind zu investieren, Arbeitsplätze zu schaffen und für Wohlstand zu sorgen, auf der anderen Seite. Das Landwirtschaftsministerium werde künftig klarer strukturiert, was auch angesichts der seit dem Ukraine-Krieg wichtiger gewordenen Versorgungssicherheit von Lebensmitteln wesentlich sei. Für all das, was junge Menschen im Leben berührt, gelte der Einsatz des Jugendstaatssekretariats – so auch künftig für den Zivildienst. Für den durch die Pandemie geschüttelten Tourismus werde sich die neue Staatssekretärin einsetzen. Der komplexe Bereich der Digitalisierung werde in einem eigenen Staatssekretariat fokussiert und zusammengeführt. Da die Herausforderungen durch Krieg, Teuerung und Inflation noch lange nicht zu Ende seien, arbeite die Regierung mit Hochdruck an einem neuen Entlastungspaket, kündigte Nehammer an. Damit könne man die Folgen nicht verhindern aber so stark wie möglich lindern. Zur Energieversorgungssicherheit seien Maßnahmen für eine strategische Gasreserve gesetzt worden und mit der Pflegereform werde die Pflege auf neue Beine gestellt.
Kogler: Regierung in äußerst herausfordernden Zeiten
Dank und Anerkennung zollte den scheidenden Ministerinnen auch Vizekanzler Werner Kogler und strich die für die Regierung herausfordernden Zeiten hervor. Elisabeth Köstinger sei eine harte Verhandlerin für ihre Anliegen gewesen und habe sich auf beeindruckende Weise für faire Preise für die Bäuerinnen und Bauern und gegen die Macht des Lebensmittelhandels eingesetzt. Bei Margarete Schramböck bedankte sich Kogler für ihren Einsatz wie bei der Investitionsprämie. Man müsse anerkennen, dass in den vergangenen Monaten mehrere Krisen aufeinander getroffen seien, die jede für sich eine Dimension gehabt habe, die es in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben habe. Dies stelle die Gesellschaft und die Volkswirtschaft vor massive Herausforderungen. Noch vor dem Sommer werde die Bundesregierung daher ein weiteres Entlastungspaket vorlegen, kündigte der Vizekanzler an. Dieses werde zielgerichtet und nicht nach dem Gießkannen-Prinzip erfolgen. Jene sollen dabei die Last tragen, die es noch leichter können, damit es für die, die es nicht mehr können, nicht untragbar werde, meinte Kogler. Für die Energiewende sei es notwendig, die Weichen zu stellen, um aus der Abhängigkeit raus zu kommen.
ÖVP: Pandemie und Ukraine-Krieg bedeuten Dauerkrisenbewältigungsmodus für Regierung
Die Regierung sei seit ihrem Antreten in einem „Dauerkrisenbewältigungsmodus“ in einer durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg „wirklich herausfordernden“ Zeit, bedankte sich auch August Wöginger (ÖVP) bei den beiden zurück getretenen Ministerinnen. Bundeskanzler Nehammer habe innerhalb kürzester Zeit die Regierung umgebildet. Dies sei ein Beweis für deren Handlungsfähigkeit. Den neuen Landwirtschaftsminister Nobert Totschnig lobte Wöginger als „Kenner der Materie“, der weiß, was die Landwirtschaft benötigt, und der den ländlichen Raum kennt. Die neue Staatssekretärin für Tourismus Susanne Kraus-Winkler sei eine europaweit anerkannte Expertin und der neue Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky wisse, was es für die Digitalisierung und damit für die Jobs der Zukunft brauche. Der Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher sei ein Experte dafür, wie diese beiden Bereiche gut funktionieren können. Die Regierung sei handlungsfähig und arbeite im Wissen, was die Menschen im Land brauchen, schloss der ÖVP-Klubobmann.
SPÖ: Regierung führt das Land nicht durch die Krise, sondern holt diese ins Land
Eine andere Meinung zu der Arbeit der Regierung hatte Jörg Leichtfried (SPÖ). Es sei mit der größten Teuerungswelle und der laufenden Pandemie eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe über das Land herein gebrochen. Die Bundesregierung sei aber damit beschäftigt, alle zwei Monate neue Minister:innen zu suchen, anstatt sich um die Menschen im Land zu kümmern. Es seien wichtige Lösungen im Bereich der Teuerung, der Energiesicherheit, der Gesundheit und der Pflege anzugehen. Die Regierung führe das Land aber nicht durch die Krise, sondern hole diese vielmehr ins Land. Das sei eine politische Verantwortungslosigkeit. Die Senkung der Mehrwertsteuer wäre eine einfache und rasche Möglichkeit der Entlastung, kritisierte der Abgeordnete ebenso wie die mangelnde Umstellung auf erneuerbare Energien oder die nicht vorhandene budgetäre Verankerung der Pflegereform. Zudem verschiebe die Regierung wichtige Reformen und sei mit sich selbst beschäftigt, kündigte Leichtfried einen Neuwahlantrag im Laufe der Sitzung an.
FPÖ: Regierung ist weit weg von den Nöten und Sorgen der Menschen
Die größte Teuerungswelle seit 40 Jahren rolle durch das Land und jeden Tag werde es dringlicher, rasch, unbürokratisch und sofort zu helfen, kritisierte auch FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl. Die Bundesregierung sei „ganz weit weg“ von den Sorgen und Nöten der Menschen und nur an ihren eigenen Nöten nahe dran. Die Bilanz der beiden Ministerinnen sei verheerend, verwies der FPÖ-Klubobmann auf das Projekt „Kaufhaus Österreich“ oder das Schließen der Bundesgärten während der Pandemie. Staatssekretariate würden wie „Schwammerl aus dem Boden sprießen“, hinterfragte Kickl unter anderem die Kompetenzen des neuen Staatssekretärs für Digitalisierung. Die Regierung sei ein reinstes „Durchhaus“ und ein „Flohzirkus“, befand Kickl weiter. Es sei eine Beleidigung der Bevölkerung, wenn man bei diesem „Durcheinander“ von Klarheit, Effizienz, Struktur, Transparenz, Verantwortung und Stabilität spreche. Die neuen Gesichter würden keine neue Politik bringen und seien damit keine Veränderung. Mit dem Land gehe es dementsprechend bergab, forderte auch Kickl Neuwahlen. Der Wahltag werde die große Abrechnung und die Initialzündung dafür sein, dass die FPÖ gemeinsam mit der Bevölkerung in diesem Land aufräume.
Der Rundumschlag gegen die Regierungspolitik seitens der FPÖ wurde von Michael Schnedlitz und Wolfgang Zanger fortgesetzt. Schnedlitz sprach von einem „menschlichen, methodischen und fachlichen“ Scheitern der bisherigen Regierungsriege. Die zahlreichen Rücktritte hätten für Chaos gesorgt. Der von den Freiheitlichen eingebrachte Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung erhielt jedoch nicht die erforderliche Mehrheit. Ebenso wenig Erfolg hatte die FPÖ mit ihrem Vorstoß, die Wirtschaftskammern gesetzlich zu verpflichten, wegen der Inflation auf die Kammerbeiträge zu verzichten. Darüber hinaus zielte der Antrag auf die gänzliche Abschaffung der Mehrfach-Pflichtmitgliedschaften zu den Fachgruppen bzw. Fachverbänden der Wirtschaftskammern ab.
Grüne: Lösungen für Menschen, um deren Leben zu verbessern
Im Unterschied zur Opposition, die sich mit Beschimpfungen anstatt mit Lösungen beschäftige, gehe die Regierung riesige Herausforderungen in diesem Land an, meinte hingegen die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. Die Bundesregierung arbeite an der bestmöglichen Bewältigung der Probleme, um das Leben der Menschen besser zu machen. So würden mit der Pflegereform 1 Mrd. € investiert, um die Situation für Pflegekräfte, zu Pflegende und pflegende Angehörige zu verbessern. Zudem sei im Bereich des Klimaschutzes so viel weiter gegangen, wie seit Jahrzehnten nicht mehr, und gezielte Maßnahmen gesetzt worden, um Menschen mit niedrigen Einkommen zu entlasten. Viele Probleme von heute seien aber auch durch die Untätigkeit vorangegangener Regierungen erwachsen, meinte Maurer in Richtung der SPÖ. Die Regierung werde weiter an Lösungen für die Menschen arbeiten, schloss die Klubobfrau.
NEOS orten Realitätsverweigerung der Bundesregierung
Das Wahrnehmen der Ernsthaftigkeit der aktuellen Lage vermisste NEOS-Parteivorsitzende Beate Meinl-Reisinger. Kein Land sei so wenig geschützt wie Österreich. Dennoch finde keine sicherheitspolitische Diskussion statt. Dies sei eine Realitätsverweigerung der Bundesregierung, trat Meinl-Reisinger für eine Neuinterpretation der Neutralität ein. Ebenso vermisste sie eine Ernsthaftigkeit bei der Diskussion um Preissteigerungen. Diese betreffe längst nicht mehr ausschließlich die Ärmsten, sondern sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die kalte Progression sei für eine nachhaltige Entlastung der Steuerzahler:innen abzuschaffen, forderte Meinl-Reisinger genauso wie eine „substantielle“ Senkung der Lohnkosten. Für die Energieversorgungssicherheit habe die Regierung „erstaunend“ wenig unternommen, kritisierte sie weiter, vermisste ein Zukunftsbild im Bereich der Bildung und forderte ein Bekenntnis für eine saubere Politik bei ÖVP, FPÖ und Teilen der SPÖ ein. (Fortsetzung Nationalrat) jan/pst
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