„Universum History“ geht der Genese und dem Mysterium von Lourdes nach – am 22. April um 22.35 Uhr in ORF 2
Wien (OTS) – Es ist eine Pilgerstätte der Superlative – der Wallfahrtsort Lourdes an der französisch-spanischen Grenze. In Vor-Pandemiezeiten kamen jährlich fünf Millionen Besucher/innen, eine unterirdische Kirche bietet 20.000 Menschen Platz. Aus dem einst unscheinbaren Pyrenäen-Dörfchen ist längst ein umsatzstarkes kirchliches Unternehmen geworden. Das heilende, heilige Wasser gibt es heute auch im Online-Shop. Um den Wallfahrts-Einbruch während der Pandemie und die damit einhergehenden Millionenverluste auszugleichen, bedient sich nun auch die katholische Kirche digitaler Tools. Künftig sollen Gläubige aus aller Welt über soziale Medien an einer sogenannten „E-Pilgerfahrt“ teilnehmen können.
Mit anschaulichen 3D-Bildern, Archivmaterial sowie Interviews mit Fachleuten geht die „Universum History“-Dokumentation „Lourdes – Mysterium zwischen Himmel und Erde“ von Fabrice Buysschaert (ORF-Bearbeitung: Andrea Lehner) am Freitag, dem 22. April 2022, um 22.35 Uhr in ORF 2 der Genese und dem Mysterium dieses „Heiligen Bezirks“ in den Pyrenäen nach. Der Film erzählt die unglaubliche Geschichte einer riesigen Herausforderung: einen Ort zu schaffen, an den einerseits Hunderttausende Gläubige kommen können, und an dem andrerseits die raue Natur um den Fluss Gave de Pau respektiert und integriert wird. So rekonstruiert die Doku die komplizierten Bauarbeiten im schwierigen Felsgelände, analysiert aber auch die Finanznöte der Kirche und stellt die Frage, welchen Einfluss die Französische Revolution auf den kommerziellen Erfolg der Pilgerstätte hatte.
Begonnen hat alles 1858 mit einer Marienerscheinung: Der damals 14-jährigen Bernadette Soubirous erscheint in einer Grotte am Ufer des Gave de Pau 18-mal eine „schöne Dame“, die sich als die „unbefleckte Empfängnis“ zu erkennen gegeben und um die Errichtung einer Kapelle gebeten haben soll. Der für Lourdes zuständige Bischof von Tarbes erkennt nach kurzem Zögern das ungeheure Potenzial der Geschichte und lässt auf dem schmalen Streifen zwischen Fluss und Berg zuerst eine kleine Krypta und darüber eine mächtige Kirche errichten. Da die Bauarbeiten ausschließlich über Spenden finanziert werden, bemüht sich die Kirche von Beginn an um möglichst viele Pilger/innen und ruft die gerade einmal 4.000 Einwohner/innen von Lourdes auf, Unterkünfte und Essen bereitzustellen. Krankentransporte werden organisiert, bald machen Berichte über unerklärliche Heilungen und wundersame Kräfte des von Bernadette entdeckten Quellwassers die Runde. So viele Gläubige strömen nach Lourdes, dass die – mittlerweile vom Papst zur Basilika geweihte – Kirche bald zu klein ist. 25 Jahre nach Bernadettes Marienerscheinungen wird schließlich eine zweite Basilika eingeweiht. Die gesamte Anlage bietet nun Platz für 45.000 Personen – eine logistische Meisterleistung, an der mehrere Architekten, zahlreiche Bauherren und sämtliche Steinmetze von Lourdes mitgewirkt haben.
Während die Kassen der Kirche klingeln und Lourdes durch die Wallfahrten verklärt wird, verschwindet Bernadette von der Bildfläche. Aus Sorge, die Gläubigen könnten ihr mehr Beachtung schenken als den kirchlichen Stätten und Spendentöpfen, hat ihr der Bischof geraten, in einen 500 Kilometer entfernten Krankenpflegeorden einzutreten. Fernab von Lourdes sollte die mittlerweile 22-Jährige nie wieder über ihre Visionen sprechen. In ihrem Heimatort aber werden Pensionen und Hotels gebaut, und die Einwohner/innen von Lourdes leben nur mehr vom Pilgertourismus.
Ein Jahrhundert später – anlässlich der 100-Jahr-Feiern – wird mit dem Bau einer weiteren Krypta begonnen. Fünf Millionen Pilger/innen werden erwartet. Lourdes ist mittlerweile zu einer Kleinstadt angewachsen, der Platz im „Heiligen Bezirk“ ist aber nach wie vor eng begrenzt. Die neue Kirche für 20.000 Personen wird deshalb komplett unter die Erde verfrachtet. Mit Wasch- und Badestationen, einem 1.500 Meter langen Kreuzweg und zahlreichen Becken mit dem begehrten Wasser ist Lourdes heute eine Pilgerstätte der Gigantomanie und voll mit kommerziellem Kitsch. Die tiefe Sehnsucht und die aberwitzigen Hoffnungen der Menschen, die nach Lourdes strömen, hat bereits der französische Schriftsteller Émile Zola 1894 in „Lourdes“ geschildert.
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