Solidaritätsbekundung mit der Ukraine und Appell an das russische Parlament von Seiten ehemaliger PolitikerInnen
Wien (PK) – Aus dem reichen Erfahrungsschatz jener
PolitikerInnen zu lernen, die Österreich nach der schweren Nachkriegszeit in eine Phase des Friedens und des Wohlstands geführt haben, und deren Leistungen zu würdigen, ist eines der Ziele, dem sich die Vereinigung öffentlicher MandatarInnen und FunktionärInnen (VÖM) verpflichtet fühlt. Anlässlich ihres 50-jährigen Bestandjubiläums folgten heute über 90 Mitglieder der Einladung zu einem Festakt in an das Parlament in der Hofburg, der sowohl von historischen Rückblicken als auch von klaren Statements zu aktuellen politischen Entwicklungen geprägt war. So verlas der ehemalige Nationalratsabgeordnete und Generalsekretär des Europarats Walter Schwimmer eine gemeinsam verabschiedete Resolution der VÖM, in der an die Mitglieder der russischen Staatsduma und des Föderationsrats appelliert wird, sich als selbstbewusstes Parlament einer großen Nation für die Beendigung des völkerrechtswidrigen Überfalls auf die Ukraine einzusetzen.
Schwimmer: Solidaritätsbekundung mit dem ukrainischen Volk und der ukrainischen Volksvertretung
Die Vereinigung öffentlicher MandatarInnen und FunktionärInnen sei entsetzt über den Bruch der europäischen Friedensordnung durch die russische Invasion in der Ukraine, unterstrich Walter Schwimmer. Nach den Schrecken der beiden Weltkriege sollte ein „Niemals wieder“ zu militärischen Aggressionen eine friedliche Zukunft in Europa sicherstellen. Dazu habe auch Österreich mit seiner Neutralität beigetragen. Aber man könne nicht neutral gegenüber Verstößen gegen die Demokratie, den Rechtsstaat und die Menschenrechte sein, war Schwimmer überzeugt. „Wir sind nicht neutral gegenüber dem ungeheuren Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer, gegenüber jenem der Kinder, die in U-Bahn-Schächten Zuflucht suchen müssen oder zu hilflosen Opfern in einem bombardierten Kinderkrankenhaus werden“. Es sei daher ein wichtiges Anliegen der VÖM, der ukrainischen Volksvertretung, der Werchowna Rada, „unsere Solidarität in schweren Tagen“ zu versichern.
Bruno Pittermann: Das Porträt eines überzeugten Europäers und Kämpfers für den Weltfrieden
Als einen begeisterten Europäer und engagierten Kämpfer für den Weltfrieden bezeichnete die ehemalige SPÖ-Abgeordnete Elisabeth Pittermann ihren Vater Bruno Pittermann, der nicht nur zahlreiche hochrangige politische Funktionen inne hatte, sondern auch Gründungsmitglied der VÖM war. Auf die Initiative von Pittermann, der 1946 zum Obmann des Geschäftsordnungsausschusses gewählt wurde, geht unter anderem auch der 1948 eingebrachte Antrag zurück, wonach für den Fall, dass die gewählten PräsidentInnen des Nationalrats ihre Ämter niederlegen oder nicht handlungsfähig sind, automatisch ein Alterspräsident in die Rechte und Pflichten der gewählten PräsidentInnen eintritt. Damit wollte man verhindern, dass sich die Ereignisse von 1933 wiederholen können.
Vor allem aber in der Außenpolitik sah der ehemalige österreichische Vizekanzler die Notwendigkeit einer loyalen politischen Zusammenarbeit zwischen den Koalitionsparteien, meinte Elisabeth Pittermann, was auch die Grundlage für die positive Entwicklung in der Zweiten Republik bildete. Anhand von Auszügen aus einigen der Reden ihres Vaters im Nationalrat illustrierte sie eindrücklich die politische und gesellschaftliche Stimmung in Österreich in den Nachkriegsjahren sowie die zahlreichen Hürden auf dem Weg zum Staatsvertrag sowie zum Status der Neutralität. Das österreichische Volk werde die Neutralität „weder als aufgezwungene Verpflichtung noch als geistige Sterilisierung auffassen, sondern auch weiterhin an der Sicherung und der Erweiterung der Menschenrechte arbeiten“, heißt es in einer Rede aus dem Jahr 1955.
Neisser zeigt sich besorgt über Vertrauensverlust in die Politik
Mit dem Thema Neutralität befasste sich auch der ehemalige Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser, der jedoch vor politischen Schnellschüssen warnte. Angesichts der furchtbaren Entwicklungen in der Ukraine sei es jedoch notwendig, eine Diskussion über die Kardinalfragen zu führen, wie etwa über die Mitwirkung an einer europäischen Sicherheitspolitik. Generell war er der Auffassung, dass sich durch die russische Invasion ein Ende vieler Illusionen abzeichne und dass es eine Umorientierung brauche. Große Sorgen bereite ihm der massive Vertrauensverlust in die Politik, wobei es sich laut Neisser weniger um eine Krise der Demokratie als um eine Krise der Parteien handle. Auch wenn sich die repräsentative Demokratie grundsätzlich bewährt habe, gebe es in einigen Bereichen Handlungsbedarf. Als Beispiel dafür nannte er, dass es nach der Bewältigung der Corona-Krise eine Rückschau darauf brauche, was am Zusammenspiel zwischen Gesundheitspolitik und Föderalismus verbessert werden könne. Kritisch beurteilte Neisser auch die hohe Zahl an MitarbeiterInnen in den Kabinetten, weil dadurch das klassische Berufsbeamtentum zurückgedrängt werde.
Die Vereinigung öffentlicher MandatarInnen und FunktionärInnen, der über 650 Mitglieder aller politischen Parteien angehören, wurde vor 50 Jahren gegründet. Zur ihren Zielen zählen unter anderem die Nutzung der Erfahrung der ehemaligen aktiven PolitikerInnen und die Pflege internationaler Beziehungen durch die Entsendung von VertreterInnen in internationale Vereinigungen wie insbesondere zum Europarat und der EU. Der derzeitige Bundesobmann ist der frühere ÖVP-Mandatar Franz Kampichler. (Schluss)sue
HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments.
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