EU-Ausschuss des Bundesrats berät aktuelle Situation an der EU-Außengrenze zu Belarus
Wien (PK) – Die aktuelle Situation an der EU-Außengrenze zu Belarus stand im Mittelpunkt der Debatte des heutigen EU-Ausschusses des Bundesrats. Ein von der FPÖ eingebrachter Antrag auf Mitteilung mit dem Ziel der finanziellen Unterstützung der EU bei der Errichtung von Grenzzäunen in Polen, Litauen und Lettland fand keine Zustimmung bei den anderen Fraktionen. Weiteres Thema war ein geplanter Rechtsrahmen zur Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen.
Staatlich geförderte Instrumentalisierung von MigrantInnen an der EU-Außengrenze zu Belarus
Die Bundesräte diskutierten heute eine EU-Mitteilung zur aktuellen Situation an der EU-Außengrenze zu Belarus. Die Mitteilung gibt einen Überblick über bereits getroffene Maßnahmen von Seiten der Europäischen Union gegen die staatlich geförderte Instrumentalisierung von MigrantInnen an der EU-Außengrenze. Diese umfassen Sanktionen, die Suspendierung des Visaerleichterungsabkommens, diplomatische Bemühungen, die gezielte Bekämpfung von Desinformation, die Stärkung der humanitären Hilfe und Rückkehrflüge für gestrandete MigrantInnen.
Österreich begrüße grundsätzlich die Mitteilung und bereits getroffene Maßnahmen der Europäischen Kommission, wird in den schriftlichen Informationen von Innenminister Gerhard Karner zu diesem Tagesordnungspunkt angeführt. Auf EU-Ebene brauche es effektive Antworten auf hybride Angriffe. Die aktuelle Krise sollte Anlass für die Umsetzung von nachhaltigen Reformen des EU-Migrationssystems und weiteren Präventivmaßnahmen, etwa entsprechenden Abkommen mit sicheren Drittstaaten, sein, wird weiters angeführt.
Die Europäische Kommission habe einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates vorgelegt, erläuterte ein Experte des Innenressorts im Ausschuss. Dieser beinhalte auf sechs Monate beschränkte Sofortmaßnahmen zugunsten von Lettland, Litauen und Polen und enthalte wichtige Maßnahmen zur Migrationssteuerung, wie die Möglichkeit, Asylanträge nur an spezifischen Grenzübergängen vorzunehmen und umfassende, beschleunigte Grenzverfahren durchzuführen. Zudem gebe es einen Vorschlag für permanente Lösungen, unter anderem mit einem Solidaritätsmechanismus für besonders betroffene Staaten.
Die Vorgehensweise von Belarus sei verachtenswert, betonte Sebastian Kolland (ÖVP/T). Das Vorgehen der EU sei schwierig und ein Balanceakt. Die Europäische Union habe aber einen guten Weg bei dieser Gratwanderung gefunden. Das Aufstellen von Zäunen löse das Problem aber nicht. Man müsse hier ein breites Spektrum an Maßnahmen wählen und den Menschen insbesondere Perspektiven in ihren Heimatländern bieten, verwies Kolland auf die Auslandshilfe Österreichs.
Es sei ein widerliches Spiel mit Menschen in Not, meinte Stefan Schennach (SPÖ/W) und kritisierte, dass die EU sich wegen wenigen Tausend Menschen in einen Krisenmodus begebe. Dies sei geradezu eine Einladung für die Migrationspolitik von Erdoğan und Lukaschenko. Außerdem kritisierte er, dass es kein objektives Bild von der Lage vor Ort gebe, da weder NGOs noch JournalistInnen und Frontex-MitarbeiterInnen im Grenzgebiet sein dürften. Zudem sagte Schennach, dass die EU wenigstens den Kindern hätte helfen können.
Für die finanzielle Unterstützung der EU bei der Errichtung eines Grenzzaunes in Polen, Litauen und Lettland trat Johannes Hübner (FPÖ/W) in einem Antrag auf Stellungnahme ein, der in der Minderheit blieb. Durch die Errichtung von physischen Grenzbarrieren würden die drei EU-Mitglieder die östliche EU-Außengrenze verteidigen und Migrationsströme zum Halten bringen, zeigte sich der freiheitliche Bundesrat überzeugt. Die EU solle dieses Engagement und diesen Erfolg unterstützen.
Ein autokratischer Herrscher missbrauche die humanitäre Situation von armen Menschen auf „schäbigste“ Art, meinte Marco Schreuder (Grüne/W). Europa müsse in der Situation klug agieren und die gesamte politische Situation beachten und dabei auch einen Weg finden, den Menschen zu helfen. Allein mit einem Zaun sei das Problem aber nicht zu lösen, sagte Schreuder in Richtung der FPÖ.
Grenzzäune würden nicht helfen, wenn Flüchtlingsströme durch staatliche Strukturen unterstützt und instrumentalisiert werden, erklärte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W). Die EU müsse bei solchen Hybridbedrohungen ihre Wirtschaftsmacht als Druckmittel einsetzen. Dabei stehe aber das Prinzip der Einstimmigkeit allzu oft im Weg, kritisierte der NEOS-Bundesrat.
Zwei Experten des Innenressorts meinten, das isolierte Maßnahmen nicht erfolgsversprechend seien und eine ganzheitliche verschränkte Sicht wichtig sei. Wenn Grenzzäune als Maßnahme gesetzt würden, müsste dies daher im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen geschehen. Sie seien etwa zum Kanalisieren von Flüchtlingsströmen zu gewissen Punkten wichtig.
Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen
Mit einer Richtlinie soll ein EU-weiter Rechtsrahmen zur Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen geschaffen werden. Diese Unternehmen sollen künftig verpflichtend vorbeugende Sanierungspläne erstellen. Die Abwicklungsbehörde muss mit entsprechenden Plänen Sorge tragen und die Abwicklungsfähigkeit von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen prüfen. Ist die Abwicklung eines notleidenden Unternehmens im öffentlichen Interesse, soll diese statt einer Insolvenz zur Anwendung kommen. Dabei soll im Interesse der VersicherungsnehmerInnen die Fortführung langfristiger Verträge, insbesondere in der Lebens- und Krankenversicherung, sicher gestellt werden.
Der Vorschlag werde von Österreich grundsätzlich begrüßt, führte ein Experte des Finanzministeriums im Ausschuss aus. Dieser werde zu einer Verbesserung des Schutzes der VersicherungsnehmerInnen führen. Österreich spreche sich dafür aus, diesen Schutz explizit als primäres Ziel zu verankern. Österreich setze sich zudem für einen stärker risikobasierten Rahmen ein, um unverhältnismäßige bürokratische Anforderungen zu vermeiden.
Man müsse grundsätzlich alles für den Schutz der VersicherungsnehmerInnen tun, dabei aber mit Maß und Ziel agieren und im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit keine zusätzliche Bürokratie schaffen, meinte Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S).
Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) und Johannes Hübner (FPÖ/W) hinterfragten den Handlungsbedarf für diese Richtlinie. In Österreich habe es in der Zweiten Republik keinen und in der EU nur vereinzelt solche Fälle gegeben. Mit der Richtlinie werde „meisterhaft“ Bürokratie geschaffen, kritisierte Hübner weiter und meinte, dass strauchelnde Firmen in der Regel ohnedies durch Mitbewerber aufgefangen und übernommen werden. Dem entgegnete der Experte des Finanzressorts, dass die Übernahme notleidender Unternehmen durch den Mitbewerb grundsätzlich angestrebt werde. Man müsse aber für Fälle vorsorgen, wo dies nicht der Fall sei.
Österreich sei für einen risikobasierten Ansatz, damit nicht unnötig Bürokratie – insbesondere auch für kleine Unternehmen -aufgebaut werde, meinte der Experte zu Marco Schreuder (Grüne/W). Die neue Regelung bringe Verbesserungen für KonsumentInnen, da im Falle einer Insolvenz die Ansprüche von VersicherungsnehmerInnen theoretisch nach geltender Regelung gekürzt werden könnten, antwortete der Experte auf Fragen von Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) und Stefan Schennach (SPÖ/W).
Am Beginn der Ausschusssitzung wurde Bundesrätin Isabella Kaltenegger (ÖVP/St) zur zweiten Schriftführerin des Ausschusses gewählt. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) pst
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