JG Wien und FreiheitskämpferInnen laden Innenminister Karner zu persönlicher Führung zum 12. Februar im Karl Marx Hof ein
Wien (OTS/SPW) – Verwundert und überrascht zeigt sich die Vorsitzende der Jungen Generation in der SPÖ Wien, GRin Katharina Weninger, über die Haltung des neuen Innenministers Gerhard Karner zur Zeit des Austrofaschismus. Dieser äußerte in einem Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“, das Schreckliche am Bürgerkrieg von 1934 sei gewesen, dass „Österreicher auf Österreicher geschossen hätten“. „Dies stellt für einen ehemaligen Bürgermeister, dessen Gemeinde doch immerhin ein Museum über Engelbert Dollfuß betreibt, ein erstaunlich lückenhaftes Geschichtsbild dar. Bewaffnete Konflikte sind selbstverständlich schrecklich, doch ist in der historischen Bewertung der Kontext entscheidend. In den Februarkämpfen gab es eine eindeutige Rollenverteilung: Auf der einen Seite das Militär und die Polizei sowie die faschistische Heimwehr, deren Terror im Auftrag von Dollfuß unsere Stadt erschütterte. Auf der anderen Seite der sozialdemokratische Schutzbund und die Zivilbevölkerung, die für Freiheit, Demokratie und die Verteidigung der Republik bereit waren, ihr Leben zu opfern“, betont Weninger.****
Für Dr. Gerald Netzl, Vorsitzender des Bundes Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen beweist sich hier für die ÖVP die Notwendigkeit, die kritische Beschäftigung mit Österreichs moderner Geschichte ernst zu nehmen: „Es sind ja nicht nur die Aussagen des Innenministers fragwürdig. Bundeskanzler Nehammer hat in seinem ersten Fernsehinterview die Schuld des Dollfuß-Regimes relativiert, indem er suggerierte, der Austrofaschismus sei aufgrund einer vermeintlichen ‚Bedrohung‘ durch den Austromarxismus hervorgerufen worden. Der Unterschied könnte klarer jedoch nicht sein: Die einen haben Gemeindebauten errichtet, die anderen sie mit Geschützen beschossen. Jeder und jede kann im Linzer Programm von 1926 nachlesen, dass sich die Sozialdemokratie ausdrücklich zu Demokratie und der Verteidigung der Republik bekannte, ein Bekenntnis, das sie im Februar 1934 auch in die Tat umsetzte.“
In Anbetracht dieser Umstände wollen Junge Generation und FreiheitskämpferInnen die ÖVP bei der Überprüfung ihres Geschichtsbildes unterstützen, wie Netzl ausführt: „Der Karl Marx Hof wurde von Dollfuß und seinen Schergen als Symbol für das ‚Rote Wien‘ und die selbstbewusste Wiener Sozialdemokratie verstanden, man beschoss ihn im Februar 1934 sogar mit Artillerie. Es ist der ideale Ort für eine Führung, aber auch für ein Gespräch mit Expert*innen darüber, weshalb die Geschichtsforschung ganz überwiegend von Faschismus spricht, wenn sie das politische System Österreichs 1934–1938 beschreibt.“
Zudem sei der Karl Marx Hof ein blendendes Beispiel dafür, dass der von Bundeskanzler Nehammer scheinbar gefürchtete Austromarxismus ein durch und durch soziales und solidarisches Weltbild vertreten habe, das Menschen aus der Arbeiter*innenschicht erstmals ein menschenwürdiges Leben ermöglichen wollte.
„Aus diesen Gründen laden wir den Herrn Innenminister Karner und Begleitung – vielleicht möchte er ja den Herrn Bundeskanzler mitnehmen – für den 12. Februar 2022 zu einer von Historiker*innen gestalteten Führung durch den Karl Marx Hof ein. Wir ersuchen ihn auch um eine Zusage bis 15. Jänner, damit wir zeitgerecht alle Vorbereitungen treffen können. Wir hoffen, dass sich der Bundeminister die Zeit nimmt, mit uns gemeinsam auf den Spuren der Februarkämpfe 1934 zu wandeln. Vielleicht leistet dies einen Beitrag, sein Geschichtsbild im einen oder anderen Detail nachzuschärfen“, so Katharina Weninger abschließend.
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